Sex ist verboten (German Edition)
Ich bereue alle meine Betrügereien. Durch sie ist mein Leben der reinste Irrsinn geworden. Aber es war toll, drei Liebhaberzugleich an meinem Tisch zu haben. Alle froh, mit mir zusammen zu sein. Alle bezaubert von der guten alten Beth. Es war toll, an diesem Abend mit Jonnie und Carl gemeinsam einen trinken zu gehen. Und toll, dass Zoe mir dabei zugeschaut hat.
Plitsch, platsch, plitsch. Die Schüler sind alle beim Mittagessen, sowohl die alten als auch die neuen. Ich esse nicht. Ich bin allein in der Meditationshalle, allein mit den Regentropfen. Ich glaube zumindest, dass ich allein bin. Ich habe die Augen nicht aufgemacht. Ich habe die Augen seit sieben Stunden nicht mehr aufgemacht. So lange habe ich noch nie gesessen. So lange habe ich es noch nie ohne Pinkeln ausgehalten. Ich verspüre keinen Drang. Was ist zwischen meinen Beinen los? Ist das Kissen blutgetränkt? Sieben Stunden ist lange. Ich schaue nicht hin. Ich spüre nichts.
Von Zeit zu Zeit versinke ich in einer tieferen Trance. Ich habe keine Ahnung, für wie lange. Eine Art Ruhe sammelt sich hinter meiner Nase und meinen Augen. Daran erkenne ich, dass es losgeht. Dann wird jeder Atemzug, den ich mache, oder vielmehr jeder Atemzug, der mich überkommt, zu einer Welle, die den Strand hochkriecht. Ich spüre, wie das Wasser von meinen Füßen nach oben über die Knie fließt, von den Oberschenkeln in den Schritt. Dann wieder hinunter, wenn ich ausatme. Ich sitze am Strand, und das Wasser schwappt an meinen Beinen hoch und wieder zurück, während ich ein- und ausatme. Und die Flut steigt. Mit jedem Atemzug kommt das Wasser ein bisschen höher. Ich atme das Meer in meinen Schoß, meinen Bauch, meine Brust, meine Lungen. Ein warmes Meer. Ein sanftes Meer.
Unter Wasser fließt eine Strömung in mein Fleisch, in Beths Fleisch hinein. Zuerst in die Waden. Es ist eine sanfte Regung im Schlick, dem dicken Schlick aus Muskeln und Knochen. Ganz langsam wird sie stärker, fängt an zu pulsieren. Dann beginnt meineStirn zu summen, meine Handgelenke lösen sich sprudelnd in kleine Teilchen auf, und plötzlich bewege ich mich. Plötzlich ist Beth die Strömung und nicht mehr der Schlick. Ich bin Nebel, der über niedrige Berge zieht. Ich bin Schnee, der auf Tannennadeln rieselt, Tau, der sich in der Dämmerung setzt. Auf den Dünen in Bayonne hat es mich verrückt gemacht, dass die Welt so schön war, so unglaublich schön, und ich nicht Teil von ihr. Mir war das nie bewusst gewesen. Wie frisch und süß die Luft war, wie
ganz
das Universum aus Bergen und Sand und Meer, aus Gras und Muscheln und Wasser. Aber ich war nicht Teil davon. Es war wunderschön und ganz, gerade
weil
ich nicht Teil davon war. Ich zu sein bedeutete, gerade nicht Teil von dem zu sein, was ich als schön und ganz empfand. Alles ging nahtlos ineinander über, das Gras auf den Dünen in Sand, der Sand ins Meer und das Meer in den Himmel, der Wind in die Stille, aber ich war davon getrennt, getrennt von der Welt, und, noch schlimmer, getrennt und zerrissen in mir selbst, mein Körper in Carls Schlafsack und mein Geist in New York; ich lag am Strand, aber ich sehnte mich danach, auf der Bühne zu stehen und mit der Hüfte Zoe anzustoßen, sehnte mich danach, meinem Vater zu zeigen, dass ich erfolgreich war, ihm zu zeigen, dass ich Marriot’s nicht brauchte, seine Hilfe nicht brauchte, seinen Sarkasmus, und die ganze Zeit über dachte ich: Dieses Baby wird jede Chance auf eine Karriere als Sängerin zunichtemachen, Beth, dieses Baby wird dich an ein Leben ketten, das du nicht führen willst, an einen Mann, den du nicht willst, dieses Kind ist kein Teil von dir, Beth, das ist es nicht, es ist gar nichts, es ist ein Unfall, spuck es aus, spuck es aus. Dann spann ich mit Hervé und Philippe herum, ich prahlte und log Hervé und Philippe etwas vor, ich spielte dummes Mädchen im Urlaub, ich trank und rauchte mit Hervé und Philippe. Wein, Dope, Tabletten.
Carl war stinksauer und ging ins Zelt, aber dann kam er wieder zurück. Carl ging ständig weg und kam wieder. Er konnte mich nicht in Ruhe lassen, aber er konnte mich auch nicht mit anderen teilen, er wollte mich immer für sich allein haben. Carl wollte, dass ich mit ihm eins wurde, dass ich immer bei ihm war. Nie mit jemand anderem zusammen. »Zieh dich aus, Beth«, sagten die französischen Jungs. »Komm, wir gehen ins Wasser. Wir baden nackt. Wir schwimmen bis zur Boje und zurück. Traust du dich? Ich trau mich.« Als ich meine Jeans auszog,
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