Sex ist verboten (German Edition)
Beth, und nichts ist passiert. Nichts Wichtiges. Elf Stunden. Also was nun? Zurück in die Meditationshalle, weitermachen. Bis an die Grenze gehen. Das schien der einzige Weg zu sein. Entweder ich konnte eine riesige Veränderung in meinem Kopf herbeiführen, oder ich verließ das Dasgupta-Institut und stürzte mich wieder ins Leben. So oder so, ich musste dafür sorgen, dass etwas passierte.
Ich stand im Eingang und schaute zu den Leinen hinüber, wo die Leute ihre Wäsche aufhängen. Ich hatte meine Unterhosen noch nicht abgenommen. Fünf Stück. Sie würden inzwischen wieder nass sein, vom Regen. Die Wolken zogen schnell über die Hügel heran, und die Sonne war wieder weg. GH würde nicht in der Lage sein, sich von seiner Frau loszulösen, dachte ich. Etwas an der Art, wie er schrieb, sagte mir das. Ohne sein Unglück wäre er verloren. Man wird zu seiner Geschichte. Etwas anderes gibt es nicht. Das passiert, wenn man so etwas jahrelang fortführt.Meine Eltern waren ihre Ehe geworden, ihr lautstarker Kampf. Oder die Typen, die immer weiter versuchen, es in der Musikwelt zu etwas zu bringen, die einfach nicht aufgeben wollen. Wenn er tatsächlich eine Entscheidung trifft, wird er sterben, dachte ich. Oder er wird nicht mehr derselbe sein. Jonathan behauptete, er habe seine Frau verlassen, aber das stimmte nicht. »Wir treffen uns einmal in der Woche zum Abendessen«, sagte er. Ich wette, es war mehr als das. Ich wette, sie ging regelmäßig in seine Wohnung, um von seinen Sachen umgeben zu sein, wenn er nicht da war. Deshalb war sie auch an dem Tag gekommen, als ich dort war und nackt im Bett lag. Um von seinem Geruch umgeben zu sein, seiner Aura. »Ich würde gerne um dich kämpfen, Beth«, hat Jonathan einmal gesagt. »Ich wäre nur zu gerne der Mann, der um seine Freundin kämpft. Aber ich bin es nicht.« Und was er damit gemeint haben muss, war, selbst wenn er seine Frau verlassen hatte und sie getrennt lebten, waren sie doch in gewisser Weise noch immer verheiratet, einander noch immer verbunden und zugetan. Seit er nicht mehr mit ihr zusammen wohnte, hatte er mir mal erzählt, hasste er sie auch nicht mehr. Er wollte sie nicht mehr verletzen als nötig, sagte er. Sie aßen einmal in der Woche zusammen zu Abend. Er freute sich nicht darauf, sagte er. Aber es war nicht so wie früher, als sie noch verheiratet waren. Es machte ihm nichts aus. Ich wette, sie sind auch zusammen in den Urlaub gefahren. Ich wette, sie war bei ihm in New York, als ich ihm die SMS geschickt habe.
Vielleicht hat sie sie gelesen.
»Dann gibt es also gar keine Hoffnung für mich?«, fragte ich ihn. »Obwohl ich dich so sehr liebe?«
»Nein, Beth. Keine. Jedenfalls nicht in dieser Hinsicht.« Er lachte.
»Wieso bleibe ich dann bei dir?«
»Weil du verrückt bist, Beth. Weil du Angst vor deinem Leben mit Carl hast. Du versuchst, von Carl wegzukommen. Aber du kannst dich nicht wirklich dazu entschließen.«
»Ok, dann lass uns was wirklich Verrücktes machen«, rief ich. »Was total Verrücktes.«
Ich packte ihn und hielt ihn fest, bis er in mir kam.
»Das war Wahnsinn, Beth«, flüsterte er.
Für mich, nicht für ihn.
Ich stand auf der Treppe vor den Toiletten und schaute zu den Schlaftrakten und den struppigen Blumenbeeten hinüber. Sie würden mich nicht mehr lange im Dasgupta-Institut bleiben lassen. Ich musste dafür sorgen, dass etwas passierte. Wenn ich mit meiner Musik ein bisschen erfolgreicher gewesen wäre, dann wäre es leichter. Ich könnte einfach wieder Musikerin sein, Sängerin. Wenn wir ein bisschen mehr Geld verdient hätten. Wenn wir dem echten Business wenigstens ein bisschen näher gekommen wären. Was mich bei Carl verrückt machte, war der Gedanke an das, was aus uns werden würde, wenn wir keinen Erfolg hatten. Zwei Nobodys. »Ehrgeiz ist ein strenger Meister«, sagte Jonathan eines Abends. Ehrgeiz konnte einen Künstler fertigmachen, sagte er, mehr noch als Geschäftsleute oder Politiker. »Nur sehr wenige Künstler sind ihren eigenen Ambitionen gewachsen.«
Vielleicht ist es das, was wir loslassen, dachte ich jetzt, wenn wir in
jhāna
eintauchen. Wir lassen unsere Ambitionen los, all die Dinge, die uns zermürben. Aber sie warten immer noch auf uns, wenn wir wieder herauskommen. Unsere Ungeheuer lauern uns immer wieder auf. Wir entkommen ihnen nicht. Nicht, dass sie sich anschleichen oder verstecken würden. Sie stehen einfach da, die Peitsche in der Hand. Kaum zerbricht die Stille in Wörter, sind die
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