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Sex und die Zitadelle: Liebesleben in der sich wandelnden arabischen Welt (German Edition)

Sex und die Zitadelle: Liebesleben in der sich wandelnden arabischen Welt (German Edition)

Titel: Sex und die Zitadelle: Liebesleben in der sich wandelnden arabischen Welt (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Shereen El Feki
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auch mit der globalen Kampagne gegen Menschenhandel verknüpft. Jahrelang musste Ägypten viel internationale Kritik dafür einstecken, dass es eine der Hauptrouten des modernen Sklavenhandels sei; Ägypten wurde vom US-Außenministerium als »ein Ursprungs-, Transit- und Zielland für Frauen und Kinder angeprangert, »die dem Menschenhandel, insbesondere Zwangsarbeit und Sexhandel ausgesetzt sind«; das umfasst nicht bloß das Geschäft mit Sommerehen, sondern auch Sextourismus, zu dessen Opfern die unzähligen Straßenkinder im Land gehören, sexuelle Ausbeutung afrikanischer Migranten, die über die Halbinsel Sinai nach Israel zu gelangen versuchen, sowie weitere Spielarten des Missbrauchs in- und ausländischer Arbeiter. 9
    Suzanne Mubarak, damals First Lady und die treibende Kraft hinter einer Reihe von nationalen Gremien für Frauen- und Kinderfragen, bezog öffentlich entschieden Stellung gegen Menschenhandel im In- und Ausland. Die Regierung Mubarak stellte eine Sondereinheit zur Bekämpfung des Menschenhandels auf und verabschiedete mehrere Gesetze, die diese Praxis verboten, darunter auch eines, das sich gegen die Ausbeutung von Kindern richtete, und die zum Teil lebenslängliche Freiheitsstrafen androhten. Die Regierung rühmte sich ihrer Fortschritte bei der Schulung von Richtern, Polizisten, Mitarbeitern des Tourismusministeriums und anderen Beamten, die sie in die Lage versetzen sollte, Fälle von Menschenhandel besser zu erkennen und zu bearbeiten; Hotlines und Heime für Opfer wurden eingerichtet, es kam zu aufsehenerregenden Festnahmen von Standesbeamten, die Kinderehen Vorschub leisteten (in einem Fall wurde die gesamte Kette der Sommerehe – Eltern, Makler, Anwalt und der saudische Kunde – festgenommen und der Kunde in Abwesenheit zu zehn Jahren Gefängnis verurteilt).
    Ungeachtet des ganzen offiziellen Tamtams haben solche Maßnahmen das Geschäft von Mahmoud und Amir kaum geschmälert. Die Anhebung des Ehemündigkeitsalters hat sich für entschlossene Eltern als ein leicht zu überwindendes Hindernis erwiesen, sagt Amir; um Standesbeamte zufriedenzustellen, ist nicht mehr nötig als ein schneller Abstecher in die örtliche Klinik und etwas Schmiergeld für einen Arzt, damit er die Weisheitszähne eines Mädchens überprüft (die als ein Zeichen der körperlichen Reife angesehen werden) und ihr bescheinigt, dass sie körperlich voll entwickelt ist. Tatsächlich hat dieser weit verbreitete Betrug einige liberale Aktivisten dazu bewogen, stillschweigend die Herabsetzung des gesetzlichen Heiratsalters zu befürworten, mit der Begründung, die Familien würden es sowieso tun, wobei sie in einigen Fällen ihre Töchter im Rahmen informeller ‘ urfi -Ehen verheiraten und sie, sobald sie achtzehn werden, standesamtlich heiraten lassen. In der Zwischenzeit aber sind diese jungen Frauen oftmals junge Mütter geworden, freilich ohne die Rechte, die offiziellen Ehefrauen gewährt werden. Besser man habe ein Gesetz, das diese Tatsache anerkenne, sagte mir ein Menschenrechtsanwalt aus Alexandria, als zu glauben, das Gesetz könne das Verhalten der Menschen ändern.
    Auch Verhaftungen haben kaum abschreckende Wirkung auf Klienten gehabt. »Es ist bloß Propaganda«, schnaubte Amir verächtlich. »Vielleicht wurden ein paar Männer angeklagt, aber das hat sich kaum auf die Zahlen ausgewirkt.« Ebenso wenig haben sich die Maßnahmen zur Bekämpfung des Menschenhandels als sonderlich zielführend erwiesen, sagte mir eine ehemalige Mitarbeiterin der Sondereinheit gegen Menschenhandel, und sie tat die meisten Projekte als bloße Publicity ab. Sie lachte über die Vorstellung, Gesetze gegen Menschenhandel würden dem Phänomen der Sommerehe ein Ende setzen. »Wenn wir im Rahmen öffentlicher Aufklärungsprogramme [in Dörfern] über Menschenhandel sprechen, sagen alle Gemeindemitglieder unisono, niemand von uns tut dies unseren Mädchen an. Für sie ist es kein Problem, es ist eine Lebensweise«, bemerkte sie. »Die Ägypter sind sehr geschickt darin, Gesetzeslücken zu entdecken.«
    Lokale NGOs waren bei der Arbeit innerhalb von Gemeinden etwas erfolgreicher; sie haben ein Bewusstsein geschaffen für die medizinischen und psychischen Risiken, die mit diesen Arten von Ehen verbunden sind, und sie fördern die Bildung von Mädchen als einen Schritt auf dem langen Weg zur Stärkung der Selbstbestimmung der Frauen. Der Schlüssel dazu, Familien aus diesem Gewerbe herauszuholen, liegt in der Wirtschaft: Es gibt

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