Sex und Folter in der Kirche
Beischlaf und Notzucht zu schonen«147. Doch die Christen, Jünger einer »trübseligen, blutrünstigen Delinquentenreligion«
(H. Heine148), schienen sich an derlei gewöhnt zu haben; von ihrer Seite kam auffallend wenig Widerspruch.
Jünger deuten den gräßlichen Kreuzestod als Sühneopfer, um den ungnädig gewordenen, zornigen, strafbereiten Gott, »unseren
Gott«, wieder gnädig zu stimmen. Diese Theorie mutet es allen Ernstes über zweitausend Jahre hinweg den Menschen zu, an einen Gott zu glauben, der - um sich mit ihnen auszusöhnen - einen von ihnen foltern und schlachten läßt und von diesem »Jesus« auch noch die Zustimmung zu diesem Mord verlangt. War das Traum-glück einer Jüngerschar nicht zu teuer erkauft für solches Blut?149
Waren die Träume der späteren Christen mit dem Blut ihrer Folteropfer nicht zu teuer bezahlt? Allem Anschein nach regt sich wenig Widerstand gegen die Zumutung; sie stimmt übrigens mit der
amtlichen, bis heute verkündeten Lehre fast aller maßgeblichen Kirchen, Sekten und Denominationen der Christenheit überein.150
Ich wundere mich angesichts der Gewöhnung an Gewalt und der
mit dieser verknüpften Gefühllosigkeit der Gläubigen nicht, daß der schreckliche Sachverhalt von der überwiegenden Mehrheit als selbstverständlich akzeptiert und nur von wenigen als die extreme Provokation empfunden wird, die sie ist.
Offenbar sind die Psychen von Christinnen von Kindheit an
einschlägig indoktriniert und die höllisch grausamen Ängste eines Lebens von Anbeginn vorgezeichnet. Noch gibt es, nicht zuletzt aufgrund einer restriktiven Forschungspolitik151, so gut wie keine Untersuchungen über die verheerenden psychischen Wirkungen
der Jüngerschaft, keine detailliert belegten Resultate einer Forschung über ekklesiogene - und theogene! - Schädigungen. Doch wird dies gewiß nicht so bleiben; die ausgenutzten Menschen mel-den sich früher oder später massenhaft zu Wort. Schamlos, wenn unter diesen Umständen Kirchenleute noch immer die zunehmenden Abmeldungen vom Religionsunterricht152 und die Kirchenaustritte als bedauerliche Fehlleistungen einzelner zu deuten wagen!
177
Zwar handelt es sich hierbei, wie von Zeit zu Zeit beflissen mitgeteilt wird, »nur« um Bruchteile von Prozenten, doch ist das Christentum, wie alle sehen können, ungleich tiefer getroffen: Es verfing sich längst in den eigenen Netzen.
Henry Miller: »Er hing am Kreuz, und als die Qualen zu groß
wurden, rief er: ›Mein Gott, warum hast du mich verlassen?‹ Dann wurde es dunkel... Dann kamen Peter und Paul, die Apostelge-schichte, Hieronymus und Augustinus... Dazwischen eine Lehre
nach der anderen, eine Kirche nach der anderen, ein Kreuzzug nach dem anderen, eine Inquisition nach der anderen. Alles im Namen Jesu.«153 Paulus und die Seinen, die über zwei Jahrtausende Schuldigen, sind sich ihrer Sache völlig sicher.154 An vielen Textstellen des Neuen Testaments ist von Blut die Rede, und die jahrhundertealte christliche Glaubenslehre macht keine Ausnahme. Das Marter-holz bleibt Zeichen des Jünger-Glaubens. Daher ist keine noch so progressive Theologie imstande, die ekelerregende Blutfreude der christlichen Bibel und Tradition wegzudiskutieren.155 Gegenüber den Rettungsversuchen bleibt vielmehr die Frage des Freiburger Psychologen Franz Buggle in Kraft, wieweit hier »das Geschäft der Auflösung biblisch-christlicher Religiosität (und ihrer - Institutionen?) zugunsten einer modernen Humanität von innen betrieben
wird«156.
Nochmals: Blut bleibt Blut, ihr Theologen! Es ist gerade in der Bibel eine Realität. Versucht einer, mit Hilfe von exegetischen Methoden die sehr klaren und sehr konkreten Aussagen von Bibel und Kirche zu mildern, verwässert er dieses Blut. Dies halte ich für eine unehrenhafte Handlung, begangen am sicheren Schreibtisch gegenüber dem realen Folteropfer Jesus! Kein Hume, Schopenhauer, Nietzsche, Einstein157 hätte ähnliche Wolkenbildungen zu Lasten eines Menschen gewagt, der den JüngerInnen als »unser
Herr« gilt.
Nicht nur »Kirche, nein«, mögen sich manche Zeitgenossen
sagen, sondern auch »Jesus, nein«, zumindest ein Nein zu diesem blutig Gefolterten und Gekreuzigten, der einfach nicht in unser Glaubenskalkül paßt, und darüber hinaus auch noch »Gott, nein«.
Nein wenigstens zu dem folterwilligen Gott, den Bibel und Tradition festhalten! Was bleibt dann noch? Zwar ist der Versuch unter TheologInnen beliebt, biblische oder kirchenamtliche Texte mit
Weitere Kostenlose Bücher