Sexbewusstsein - So finden Sie erotische Erfuellung
anstrengen und bin schweißgebadet.»
Was fällt Ihnen bereits hier bei seiner Schilderung auf? Klaus kümmert es nicht, dass Karin durch das dürftige Vorspiel nicht erregt wird, sondern er zieht buchstäblich seine Nummer durch.
«Warum dringen Sie in sie ein und haben Verkehr, obwohl sie nicht erregt ist?», frage ich ihn.
«Weil ich sie liebe», kommt es wie aus der Pistole geschossen.
«Sie holen sich von ihr Sex, obwohl deutlich zu merken ist, dass es ihr nicht gefällt. Was hat das mit Liebe zu tun?»
«Wenn man sich liebt, hat man doch Lust aufeinander», gibt er zurück.
So viel Ignoranz bringt mich schon fast zum Lachen, wenn es nicht zwischenmenschlich so traurig wäre. Karins Körpersprache spricht eigentlich Bände: «Ich drehe dir den Rücken zu, denn ich will dich nicht sehen; so kann ich es mir auch selbst besser machen, denn du hast sowieso nicht das Fingerspitzengefühl für mich.»
«Ich mag es nicht, wie er mich anfasst», verrät Karin mir im Zwiegespräch «so hölzern! Und ich hasse es auch, wenn er einfach mit dem Finger in meine Vagina geht. Ich habe ihm schon häufiger versucht klarzumachen, wie ich es mag. Aber ich glaube, er macht es einfach, wie er’s schon immer gemacht hat, auch bei seinen vorigen Partnerinnen.»
Dass Klaus sie dann oft für seinen zweiten Orgasmus hernimmt, ohne sich drum zu scheren, ob sie das überhaupt möchte, erlebt Karin so:
«Diese zweiten Male sind für mich … Bah, ich hasse das, wie er sich da an mir abarbeitet, wie er ackert und schwitzt und ächzt und ewig nicht zum Ende kommt. Das ertrag ich oft nur, wenn ich vorher Alkohol getrunken habe. Und trotzdem vergeht’s mir so sehr, dass ich dem Sex am liebsten wochenlang aus dem Weg gehen würde.»
Der «Fehler» ist also nicht in Karins angeblicher Verklemmtheit, prüder Erziehung oder mangelnder Orgasmusunfähigkeit zu suchen, sondern in ihrem Unvermögen, zu wenig Grenzen zu setzen und zu viel mitzumachen – sowie auch in Klaus’ Selbstbezogenheit. Er ist so sehr auf seine eigenen Wünsche fixiert, dass er das Offensichtliche nicht erkennt und schließlich auf eine Lösungsidee verfällt, auf die häufig ausgewichen wird, wenn die Fähigkeit oder der Wille fehlt, sich mit den wahren Hintergründen von Sexproblemen zu befassen: «Wir gehen jetzt in den Sexshop und kaufen dort etwas, vielleicht bringt dich das mal auf Touren!» Der Erfolg bei Karin und Klaus ist gleich null. Die Reizwäsche und die Handschellen liegen noch immer verpackt im Schrank.
Passt Ihre Vorstellung von Sex zu Ihrer Beziehung?
Grundsätzlich ist es ja wichtig, die eigenen Vorstellungen von Sex in das gemeinsame Liebesleben einzubringen. Wenn diese jedoch geprägt sind von speziellen Erfahrungen mit ehemaligen Liebhabern oder von «allgemeinen Standards», die nicht auf Ihre aktuelle Beziehung und Ihren Partner passen, dann hakt das ganze System, und es kommt auf seiner oder auf Ihrer Seite zu Störungen. Ihr Partner spürt (oder bekommt von Ihnen sogar zu hören), dass Ihre Vorstellung von Sex sich mit ihm nicht verwirklichen lässt. Daraufhin wird sich sein Inneres unweigerlich in der ein oder anderen Form wehren. Wenn er darauf geeicht ist, es Ihnen immer recht zu machen, dann bleibt z.B. der Höhepunkt aus, vielfach auch die Lust.
Oftmals bezieht sich die Festlegung auch auf das Rollenverhalten: Etwa dass ein Mann immer potent sein muss, die Frau immer befriedigen kann, im Bett immer aktiv ist, keine Unsicherheiten zeigen darf usw. Oder dass eine Frau sexuell zurückhaltend sein sollte, Sex immer mit Liebe verbindet und – je nach Partner – laut oder leise ist, mehr oder auch nicht mehr Lust hat als der Mann und vieles mehr.
Wer aber zu feste Vorstellungen zugrunde legt, wie Sex abzulaufen hat oder wie der Partner sein sollte, büßt oftmals an Flexibilität und damit einhergehend an Einfühlungsvermögen ein. Denn für Letzteres ist es unerlässlich, sich ganz offen und vorurteilslos auf sein Gegenüber einzustellen, anstatt bereits bestimmte Abläufe oder Maßstäbe im Kopf zu haben.
Frauen wie Karin, Ines und Vera wird oft erst in einer Beratung klar, dass sie Sex viel zu oft nur den Männern zuliebe hatten, ihn als lästige Pflicht oder notwendiges Übel sahen und ihn einfach über sich ergehen ließen. Einer meiner Ratschläge in so einem Fall lautet: «Fragen Sie Ihren Partner, ob er eine ‹Idealquote› hat, um herauszufinden, ob er überhaupt so oft Sex will, wie Sie denken. Falls sich dabei ergibt,
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