SEXY SECRETARIES: Schreibtischspiele
oft vorgenommen, keinen langen Rock mehr ins Büro anzuziehen“, versuchte Karin, sich zu entschuldigen. „Aber irgendwie mag ich diesen Rock besonders.“
Lucas Schönherr musterte, jetzt aus sicherer Distanz, ihren bunt bedruckten Rock. „Ja, der ist wirklich schön. Und er passt irgendwie zu Ihnen.“
Das war so ziemlich das erste persönliche Wort, das ihr Chef in den letzten fünf Jahren zu ihr gesagt hatte. Egal, wie sie angezogen war, egal, was für Experimente ihr Friseur wieder mit ihr angestellt hatte, sie hatte den Eindruck, er nehme ihre äußere Erscheinung überhaupt nicht wahr. Wahrscheinlich würde er nicht einmal bemerken, wenn sie eine Faschingsmaske vor dem Gesicht hätte.
„Ich bringe Ihnen gleich Ihren Kaffee, er ist noch in der Küche“, beeilte sich Karin zu sagen, um die angespannte Situation zu entschärfen. Bevor sie in die Küche ging, machte sie einen Abstecher auf die Toilette. Aus dem Spiegel sah ihr ein derangierter verstrubbelter Kopf mit glänzenden Augen entgegen. Als wäre sie auf Speed – dabei hatte sie noch gar keine Erfahrungen mit Drogen gemacht.
Kurzerhand spritzte sie sich ein paar Hände kaltes Wasser ins Gesicht und tupfte es vorsichtig mit dem harten Papier aus dem Spender ab. Dann zog sie ihren BH und ihr T-Shirt zurecht, erleichterte ihre Blase und achtete darauf, dass der Rock richtig saß. Mit einem tiefen Atemzug trat sie wieder hinaus auf den Flur.
In der kleinen Teeküche nahm sie die Tasse aus dem Schrank und die Warmhaltekanne von der Platte. Zum Glück bestand ihr Chef nicht auf eine der neumodischen Kaffeemaschinen. Es war ein Gerücht, dass der Kaffee daraus besser schmeckte. Wenn es nicht gerade eine dieser sündhaft teuren Profimaschinen war, die auch in guten Cafés standen.
Im Büro füllte sie die Tasse und brachte sie ihm an seinen Schreibtisch. Er sah von seinem Bildschirm auf und lächelte sie an. „Danke.“
Das hatte er noch nie gemacht, meist hatte er nur irgendetwas Unverständliches geknurrt, ohne den Blick vom Bildschirm zu heben; manchmal hatte er ihren kleinen Freundschaftsdienst völlig ignoriert. Was war nur plötzlich los? War sie in eine der Geschichten geraten, die bis zum Erbrechen in seichten Telenovelas geschildert wurden: Amor oder das Schicksal oder was auch immer schießt seine Pfeile auf zwei Menschen ab, die sich bis dahin bestenfalls flüchtig, wenn überhaupt, kannten. Beide entbrennen auf der Stelle in Liebe und fallen übereinander her. Nein, das wusste sie spätestens seit dem Ende der Pubertät: So etwas gab es einfach nicht. Das war nicht das wahre Leben, die Wirklichkeit. Hier auf diesem Planeten gab es jede Menge Singles, die alle einsam und alkoholgefährdet in ihren Wohnklos saßen und entweder auf den flimmernden Schirm eines Plasmafernsehers oder auf den eines Computers blickten.
Und es gab jede Menge Paare, verheiratet oder nicht, die in Gewohnheit erstarrt waren und die bestenfalls kaum mehr mitbekamen, dass der andere überhaupt da war.
Bist du wirklich schon so abgeklärt? Karin Balnack erschrak über sich selbst. Sah das Leben so aus? Welchen Platz hatte sie für sich darin vorgesehen?
Zum Glück gab es jede Menge Arbeit. Die Baumappen stapelten sich auf ihrem Tisch. Abrechnungen, Kostenvoranschläge, und die Listen musste sie auch wieder einmal durchschauen. An welche Kunden musste sie eine Abschlagsanforderung schicken, weil die Kosten explodierten? Auf welcher Baustelle war schon längere Zeit nicht mehr gearbeitet worden und konnte deshalb vielleicht abgerechnet werden?
Sie behielt den Überblick, Lucas Schönherr verließ sich in dieser Hinsicht voll und ganz auf sie. Und das sollte er auch in Zukunft nicht bereuen. Entschlossen schlug sie den ersten Ordner auf und vertiefte sich in die Abrechnungsunterlagen.
6. Kapitel:
Vorstellungsgespräch
Sie betrat das Büro wie der fleischgewordene feuchte Traum jedes Mannes. Groß, schlank und dabei wohlproportioniert. Zu einem anthrazitfarbenen, leicht schimmernden Kostüm trug sie eine weiße Spitzenbluse, schwarze Strümpfe mit Naht und dunkle Nubuk-Pumps. Ihre schmale Handtasche hatte sie unter den rechten Arm geklemmt.
„Sie suchen eine Sekretärin?“ Ihr Augenaufschlag war perfekt. Unterwürfig und herausfordernd zugleich. Auf jeden Fall verheißungsvoll. Man sah ihr die Professionelle nicht an.
Lucas Schönherr trat ein paar Schritte auf sie zu und gab ihr die Hand. „Ich hoffe, Sie haben Referenzen dabei?“
Sein Blick verriet nichts,
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