Sexy Sixty - Liebe kennt kein Alter -
mitspielen. Und über allem schwebt wie ein bedrückender Nebel, der nicht weichen will, der Anspruch auf »gute« Gespräche, in denen sicherlich nicht der Befehl »Runter mit den Klamotten!« eine große Rolle spielt.
Denn im Gegensatz zum Herz bleiben ein anderer Körperteil und sein möglicher Einsatz in den Anzeigen brav
verhüllt. Mit keiner Silbe wird Sex oder auch nur das Wort Romanze erwähnt. Es soll spazieren gegangen, Rad gefahren, Scrabble gespielt, eine Kreuzfahrt gemacht, herzlich gelacht und klassischer Musik gelauscht werden.
Sollte man sich »näherkommen« bei all den feinsinnigen Beschäftigungen, dann könnte es sein, dass dezenter Sex stattfindet, und zwar, wie er sich gehört. Sexualität, das ehemalige bête noire , ist längst gezähmt und hat sich ein wenig an die sandfarbene Leinenkombination angepasst und die praktische Frisur, die beide in ihrer geschmackvollen Ausführung irgendwie den Unterleib wegmogeln.
Sie soll nicht auffallen, sie soll sich benehmen, die altehrwürdig gewordene Sexualität, und mit Understatement glänzen, soll so nebenbei und elegant sein wie das kleine Schwarze von Chanel - nicht ein greller Spaßfetzen von Dolce & Gabbana - und so geheim gehalten werden wie die Scheckkartennummer.
Scharfer Sex, laut, schwitzig und enthemmt, gehört angeblich der Jugend und der Vergangenheit an, was bleibt ist sensibler Sex, weich gespülter Sex, Häkel-Sex, Gourmet-Sex, Puschen-Sex, Sympathie-Sex, Frust-Sex - und ja, Senioren-Sex, die verschwiegenste von allen Sexspielarten.
Aber wie soll man diese Forderung der Gesellschaft erfüllen, wenn man zu der Generation gehört, die Sex und Liebe manchmal trennen wollte und konnte, die Frauenlust, One-Night-Stands, Affären genauso natürlich und legitim fand wie die Männer? Und jetzt im Alter gilt das nicht mehr? Soll die ganze damals neu erlernte Liebes- und Sexphilosophie geleugnet werden? Scheinbar ja.
»Nein. In dem Alter!«, wird empört gegeifert.
»Geile Alte!« ist der Ausdruck für Frauen, die Lust haben, wo Rost hingehört.
Nichts scheint schamvoller und schlimmer als triebhafte Frauen, die über sechzig sind. Sie sind fast so schlimm wie betrunkene Frauen, denen man unterstellt, absolut und mindestens hundertmal schrecklicher zu sein als männliche Säufer.
Warum das so sein soll, weiß ich nicht, ich kann bei betrunkenen Männern keinen höheren Wert auf der Liebenswert-Skala entdecken als bei Frauen.
Dabei treiben sie es überall, die Frauen (und Männer) ab sechzig, glaubt man Studien und persönlichen Unterhaltungen mit rüstigen Sexfans. Rund achtundsechzig Prozent der Siebzig- bis Achtzigjährigen sagen, dass sie noch ein Sexleben haben.
Dass rüstige alte Herren ihre Libido mit Viagra verlängern, ist inzwischen nicht peinlich, sondern selbstverständlich, aber was machen ältere Frauen, die nach den Wechseljahren Sex wollen?
Sie tun sich zusammen, so wie im ideenreichen Amerika, wo sich alte Frauen über siebzig in der Purple Hat Society zusammenschließen und ungeniert ihre Triebe bei kleinen Trips in einschlägige Sex- und Pornoshops zur Schau stellen, wo sie - lila Hüte tragend - laut lachend Dildos, rote Satinhöschen und Lederpeitschen begutachten, als wären es die Wochenangebote bei Aldi.
Schockierend auch die Anzeige vor sechs Jahren in einer renommierten New Yorker Zeitung der damals siebenundsechzigjährigen amerikanischen Autorin Jane Juska, in der sie ihre Lust »auf eine Menge Sex mit einem Mann, der mir gefällt« ohne große Umschweife kundtat. Sie kriegte eine Menge Zuschriften - und das, wonach sie suchte.
Da muss ich gestehen, dass ich nicht den Nerv dafür hätte.
Leider kenne ich keine Details aus Mallorca, aber in Florida, wo die meisten amerikanischen Pensionäre leben, gibt es offenbar eine sehr lebendige Sex-Senioren-Szene. Scheinbar treiben es die Alten so sehr, dass eine steigende Zahl Geschlechtskranker registriert wird. Die Regierung schuf deshalb einen kleinen Aufklärungsfilm, der Sex And The Senior heißt. Und statt echter Senioren spielen Figuren aus Knetmasse mit. Man möchte ja die älteren Herrschaften nicht unnötig mit faltigem Fleisch erregen.
Süße Jungs und reife Frauen
Meine Güte, was ist mit mir los? Ich habe mich heute dabei ertappt, wie ich im Bus einem jungen Mann mit einer sehr engen, sehr gut gefüllten Jeans auf den Schritt (oder nennt man das »sein Paket« wie im Englischen?) geguckt habe.
Scheinbar hat die Beschäftigung mit Männern dazu
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