Sexy Sixty - Liebe kennt kein Alter -
kennt, nie nach Sonnenuntergang und bei sich zu Hause treffen - zumindest gilt das für Dracula. Nun sind wir nicht in den Karpaten, aber trotzdem … Also schlage ich einen öffentlichen Ort vor und gebe ihm meine Handynummer. Zehn Minuten später ruft er an. Er findet, ich sei eine »schöne und interessante Lady, sehr geheimnisvoll«. Seine Stimme ist sehr sexy und männlich, ja, es knistert wirklich. Er hat jetzt Zeit und kann, aber ich nicht, morgen ginge es bei mir, aber nicht bei ihm, aber wir sind sicher, dass wir das baldmöglichst hinkriegen. Wir wollen es.
»Kripobeamte haben Schnauzbärte und sind sehr eitel«, sagt Sarah, als ich ihr ganz aufgeregt von Norbert erzähle. Er hat aber keinen.
Norbert ruft am nächsten Nachmittag an, er sitzt im Auto und würde schrecklich gern auf den Vino vorbeikommen, denn er hat zwei Stunden Pause. Scheinbar sind manche Herren beim Daten sehr ungeduldig und schießen geradewegs auf ihr Ziel zu, ohne jede spielerische Ouvertüre. Eigentlich habe ich Lust dazu, was soll passieren, ich kann selbst auf mich aufpassen.
Ruckzuck-Sex mit Fremden am Nachmittag ist theoretisch eine feine Sache, und dass Norbert sich in einer Art sexuellem Notstand befindet und nicht experimentelle Theaterstücke
diskutieren möchte, scheint klar. Natürlich hatte ich schon einige (wenige!) One-Night-Stands und Miniaffären mit mir ziemlich unbekannten Männern. Aber ich denke, vielleicht lasse ich das besser »ab einem gewissen Alter« - kein Satz, den ich normalerweise befürworte.
Also, ich tue beschäftigt, schlage für den nächsten Tag ein Café vor, Norbert ist sehr enttäuscht.
Ich schreibe als Erklärung eine humorige Mail, in der Hoffnung, dass er sie versteht.
»Warum so eilig? Und warum soll ich einen mir komplett unbekannten Mann nach Hause einladen? Ich kann mir nur vorstellen, dass ihr erstens bei der Kripo gerade Tests macht, wie einfach es ist, sich bei naiven Frauen, die man online kennenlernt, nach Hause einzuschleichen. (Gab im TV gerade eine interessante Doku darüber!) Zweitens hast du Angst vor öffentlichen Räumen, weil du als Kind einmal dort über Nacht eingeschlossen wurdest. Drittens bist du in Wirklichkeit Innenarchitekt und möchtest meine Stahlmöbel aus den Dreißigerjahren heimlich kopieren. Anders kann ich mir deinen wiederholten Vorschlag, mich zu besuchen, kaum erklären.«
Aber das kommt gar nicht lustig rüber.
»Ich will das Leben locker genießen, das ist mir alles viel zu stressig«, mault er per Mail. Seine flammende Begierde für »die stilvolle Lady« zerbirst in ein Nichts.
Die Kripo springt ab.
Ich vergesse immer, wie limitiert sexuelles Interesse sein kann. Vielleicht hätte ich das Ganze in eine supersexy aufgebretzelte Form pressen und so etwas gurren müssen wie: »Oh oh, warum willst du mich denn besuchen, Big Boy ?« Aber in meinem Alter fällt es mir schwer, den mentalen Babystrampler anzuziehen.
Aber die Handschellen! Ich hatte mich so auf die Handschellen gefreut!
»Ist doch in jedem Fall lustig, die Geschichte. Sei froh, dass noch einer hinter dir her ist«, lacht Toni.
Karen führt an, dass er sicherlich verheiratet sei. Da mag sie recht haben. Es gibt natürlich viele verheiratete Männer, die etwas für nebenher suchen, und ich habe schon einige Mails von denen gekriegt.
Da gibt es die sexlose Heirat mit einer bedauernswerten, aber nichtsdestoweniger wertvollen feinen Frau, die immerjung nicht verlassen mag, aber die er auch nicht voll akzeptiert, da ist tommysex , der getrennt lebt (stimmt selten) und schon mal seine Fühler und andere Organe ausstreckt. Beliebt ist auch der pflichterfüllte Mann, der eine kranke Frau zu pflegen hat und deshalb noch nicht mit dem Eheversprechen locken kann.
Sarah wittert ernstere Probleme.
»Vielleicht bist du einem Meuchelmörder entgangen«, witzelt sie.
Sie schickt mir neuerdings immer gemeine Links mit den neuesten Dating-Greueltaten, wo Frauen per Internet angelockt, vergewaltigt und abgemurkst werden. Das Ganze abgerundet mit ihren süffisanten Bemerkungen. »Deinem Cop sollte man selbst die Polizei auf den Hals hetzen!«, fordert sie.
»Aber er hatte eine tolle Stimme und sah sexy aus«, werfe ich ein.
»Auch Mörder können sehr nett sein. Denke an Ted Bundy, den amerikanischen Frauen-Massenmörder!«, wirft sie ein.
So kann man es auch sehen.
Diese Date-Verbrechen geben mir allerdings schon zu denken. Da sind Zwanzigjährige, die blöder zu sein scheinen,
als Paris Hilton
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