Sexy Sixty - Liebe kennt kein Alter -
hier wird nicht geraucht, tut mir leid«, erkläre ich ihm, und sofort verändert sich die Stimmung. Ein feindlicher Luftzug weht durchs Zimmer.
Raucher sind irrationale Süchtige mit narzisstischen Störungen, die absurde Rechtfertigungen für ihre Sucht haben, wovon »Ich rauche gern« die aberwitzigste ist.
Ich hoffe, dass ich mich jetzt nicht mit Philipp in einer Raucherdebatte verheddere.
Er zieht seine Hose an und verlässt das Schlafzimmer mit der Frage: »Kann ich auf dem Balkon rauchen?«
Ich nicke nur und weiß, dass die Nacht gelaufen ist, wenn nicht ein Wunder in Form von Gutwilligkeit und Diplomatie passiert. Mir kommt das alles sehr bekannt vor.
Das ist wohl so: Wenn man sechzig ist, dann erinnert jeder Mann einen unweigerlich an einen anderen, den man irgendwo und irgendwann in seinem Leben gekannt, geliebt oder vielleicht gehasst hat. Durch Gesten, Stimmlagen, Gesichtsausdruck und vor allem durch all die Storys, Ausreden, ihren netten und auch weniger netten Ticks.
Keiner hat die Chance, frisch angesehen und ohne Vorurteile akzeptiert zu werden und völlig unbelastet in dein unschuldiges Leben zu spazieren. Und natürlich umgekehrt genauso. Der Ballast, der nach so vielen Jahren der einstigen Naivität den Schuss Zynismus verpasst hat, ist nicht so leicht wegzuschieben.
Es ist nicht einfach, einen fremden Menschen vollkommen zu mögen und zu akzeptieren. Es gibt viele Hindernisse auf diesem Weg zur Toleranz, der eigentlich weniger dornig und hindernisreich sein sollte.
Ich kann nicht mit einem Raucher zusammen sein, so viel weiß ich. Ich liebe meine Gesundheit und finde Menschen mit schädlichen Angewohnheiten - ja, eigentlich charakterschwach. Man raucht und säuft einfach mit sechzig nicht mehr, genauso wie man keine Karottenhosen trägt oder sich groteske schwarze Tätowierungen auf die Arme machen lässt.
Als ich sechsunddreißig war und mich Hals über Kopf verliebte, sah ich zwei Monate darüber hinweg, dass der Traummann den Morgen mit einer Zigarette in der Hand begann, die er aus dem Fenster hielt. (Bei mir in der Wohnung!) Das Gute war, dass es ihn selbst nervte.
Ich sagte zwar nicht, Nikotin oder Sex, entscheide dich, aber meinte so was in der Richtung.
Er hörte von heute auf morgen auf. Cold turkey. Und sagte mir immer, dass er mir ewig dafür dankbar war, auch wenn er sonst unter mir gelitten habe.
Ich glaube, Philipp ist weder dankbar noch denkt er daran, das Rauchen aufzugeben. Nikotin, du Feind meines Sexlebens! Verdammte Zigarettenindustrie!
Er kommt aber noch mal ins Bett, nimmt mich in den Arm, guckt mir in die Augen und sagt: »Du wirst dich daran gewöhnen müssen, dass Menschen Sachen tun, die du nicht magst.«
Stimmt.
Aber ist das möglich? Die Obsession, sich absolut und unter keinen Umständen mit einem weniger als perfekten Traummann zufriedenzugeben, ist relativ neu. Philipp und ich sind beide Zeitgenossen der Emanzipation, und die hat uns Wichtiges und Großes beschert und ermöglicht, aber auch das konventionelle Glücksstreben erschwert und einen kräftigen Riss in romantischen Bildern hinterlassen. Auf beiden Seiten.
Nichts war mehr eingegrenzt, die bekannten Richtlinien, ja auch eine Stütze, wurden zum Hindernis, weil nicht nur die Gehälter, sondern auch die Ansprüche der Frauen irrsinnig gestiegen waren. Aber noch wichtiger war die Erkenntnis, dass nicht irgendein Mann, nur weil er Mann und daher eine natürliche Kostbarkeit war, eine Hauptrolle übernehmen konnte. Dadurch ist auch das Konzept Mann ein anderes geworden. Er ist ein bisschen entmythologisiert worden, längst nicht mehr das Sonnensystem, um das die kleinen
Frauenplaneten kreisen. Ich glaube, jeder Mann, der mit einer selbstbewussten Frau zusammen ist, spürt das.
Tja, Philipp, so ist das. Was machen wir nun?
Er muss nach Hause, sammelt seine Klamotten vom Boden auf, zieht sich an, nimmt die Cordjacke und verabschiedet sich mit einem festen Kuss.
Ich bleibe allein zurück. Ein bisschen traurig und ein bisschen einsam.
Und nun?
So kurz, so schön, so vorbei? Nicht schon wieder! Ich hätte mich gern noch mit ihm im Bett unterhalten, ineinander verschlungen, mein Kopf an seiner Brust - und all die intimen kleinen Geschichten ausgetauscht, die man nur im Bett erzählt, wenn glücklicher Sex all die Ängste und Barrieren etwas aufgelöst hat und die Gesichter endlich so natürlich und schön aussehen, wie sie vorgesehen sind.
Liebe & Sex - gestern, heute, morgen
Wie
Weitere Kostenlose Bücher