Sexy Sixty - Liebe kennt kein Alter -
brachten, sich hinter der Erklärung verstecken, dass Frauen die Qualität von Sex nicht beurteilen könnten, da sie keine Expertinnen waren. Raffiniert, oder?
So läuft das heute nicht mehr. Ich bin mit einigen jungen Frauen befreundet und frage immer wieder nach, ob denn die sexuelle Revolution, die wir angefangen haben, weitergeführt wurde.
Doch, schon, meinen sie. Ganz, ganz wichtig sei, dass sich Frauen die unterwürfige Sex-Sklavin-Rolle abgewöhnt haben und stattdessen zur Lusttäterin geworden sind.
Aggressiv, wagemutig, bereit zuzugreifen, treiben sich die jungen Wölfinnen der Großstadt überall herum und nehmen sich ohne Scheu, wonach ihnen der Appetit steht.
Der Penis, einst als wertvolles Gut gehandelte Adelsware des Mannes, hat sich entgegen seines Rufs als ziemlich klein erwiesen und ist auf fassbare Durchschnittlichkeit geschrumpft. Frauen greifen nach ihm, wann sie Lust haben, und achten völlig egoistisch darauf (auch das ist eher neu), dass sie selber zum Orgasmus kommen. Jede ist sich selbst die Nächste, den Herrn der Lüste gibt es nicht mehr.
»Und die Romantik«, frage ich zaghaft, »wo bleibt die?« - »Ach, die bleibt schon noch. Wen man verliebt ist, ändert sich nicht wirklich grundlegend etwas, ist alles wie vor tausend Jahren«, wird mir erklärt.
Wie wahr.
Von der Unmöglichkeit zu lieben
»Müssen wir lieben?« Diese existenzielle Frage stelle ich mir in den letzten Jahren öfter, genauso wie Carrie Bradshaw aus Sex And The City und andere wirklich wichtige Philosophen.
Und wenn ja, wozu ist die Liebe gut?
Hilft sie bei der Hausarbeit, beim Kampf um den Job, beim Autofahren und dabei, Salatsoße herzustellen? Und vor allem beim Sex? Nötig ist sie nicht für Sex. Eine große Entdeckung in der Emanzipationsgeschichte war ja, dass Frauen genauso wie Männer mit jedem Sex haben können, den sie sexuell begehrenswert finden, ohne den Sexualpartner heiraten zu wollen, eine wertvolle Beziehung mit ihm zu haben oder ihn auch nur als wunderbaren Menschen zu sehen.
Allerdings, und das sagen die meisten Frauen, mehr Spaß bringt Sex schon, wenn man verliebt ist. Das ist wie das Sahnehäubchen auf einem sowieso schon sehr köstlichen Dessert. Aber Liebe kompliziert auch alles, und sei sie noch so schön, wertvoll, erhebend und glücksspendend. Gesucht wird sie trotzdem, mit Zähigkeit und die Nerven beruhigender Blindheit - und in den unmöglichsten Situationen.
Manche Frauen müssen einen Mann erst sehr gut kennenlernen, bevor sie sich verlieben, anderen wiederum pocht schnelles heißes Blut unter der Haut, und schon ein Blick, eine Bewegung, eine Berührung genügt und sie sind entflammt.
Obendrein gehört dazu die Willigkeit, sich kopflos in etwas zu stürzen, über dessen Ausgang man nicht nachdenkt.
So eine bin ich, und es hat mich über die Jahre hinweg einige Tränen und Wutanfälle gekostet - von Kopfschütteln über meine Wahl ganz zu schweigen.
Da war der arbeitslose Schauspieler, als ich achtundvierzig war. Ich erwähne aber das Alter nur, damit man sieht, dass auch erwachsene Frauen nicht gegen romantischen Blödsinn gefeit sind. Er war zweiundvierzig und hatte diese Unruhe und unterdrückte Rebellion in den Augen, die ich scheinbar so mag. Und einen guten Schuss Melancholie, die ich für ein Versprechen von irgendetwas Wunderbarem, Tiefem hielt. Wir waren sofort verliebt.
Oh, und er war verheiratet.
Das erwähnte er erst nach einer gemeinsamen Nacht, die zumindest bewies, dass ich selten falsch liege, was die sexuellen Talente von Männern betrifft. Eigentlich sind verheiratete Männer tabu, finde ich, aber es kann passieren.
Wir sahen uns jeden Tag, telefonierten dauernd, mein Herz klopfte nur bei dem Gedanken an ihn, ich schwärmte meinen Freundinnen von ihm vor. Sie wirkten abwartend und sagten wahrscheinlich hinter meinem Rücken: »Oh nee, nicht schon wieder!«
Nach genau einer Woche war die Luft raus und die Hitze weg, die große Liebe lag schlaff und kühl irgendwo in den Laken. Ich schüttelte sie hinaus und ihn gleich mit.
Er müsse sowieso zurück zu Frau und Kind, meinte er. Und ich war heilfroh und überlegte, wieso es der Mann mir so angetan hatte. Dann vergaß ich ihn vollkommen.
Auf die spöttische Frage: »Was macht eigentlich dein Schauspieler?«, antwortete ich aufrichtig: »Was für ein Schauspieler?«
Bis ich vor einem Jahr einen nicht besonders guten TV-Film sah und, bevor ich abschaltete, ganz kurz einen etwas korpulenten Herrn mit
Weitere Kostenlose Bücher