Sexy Sixty - Liebe kennt kein Alter -
wir mit Liebe und Sex umgehen , hat etwas mit der Sozialisierung zu tun und welche Ära uns geprägt hat. Die Generation, zu der Philipp und ich gehören, die in den späten Sechzigerjahren mit ihrem Sexleben anfing, hatte das große Glück, die sogenannte sexuelle Revolution mitzuerfinden und auszuleben und so ins Bewusstsein der geschockten und angepassten Bürger zu torpedieren.
Fröhlich vögelnde junge Leute in bunter Kleidung und freizügiger Haltung wollten - mit Recht - Muttis und Vatis verklemmten und mit Gardinen verdunkelten Schlafzimmer-Spießersex ein für alle Mal einmotten. All You Need Is Love war die Hymne der Dekade, aber All You Need Is Sex wäre genauso passend gewesen.
Was wirklich schön war: Wir entdeckten echten, frischen Sex, frei von muffigen Moralvorstellungen, Sex, der Spaß machte, der uns den neuen jungen Männern, die es parallel zu den neuen jungen Frauen gab, näherbrachte. Und gleichzeitig Stoff für vorher nie gehabte Diskussionen über die Rolle der Frau war. Spaß an Sex zu haben und offen darüber zu reden normalisierte ihn und bestätigte die neue Freiheit.
Als ich sechzehn war, also am Anfang des bewussten Flirtstadiums stand, hätte ich niemals gewagt, einen Jungen oder Mann in einer flirtigen Art direkt anzusprechen.
Der erste Kuss von einem Jungen in meiner Klasse - gegen meinen Willen stürmisch auf meine Lippen gedrückt, während wir auf einer Klassenreise in einer Jugendherberge waren und zu sechst einen Spaziergang im Wald machen durften - war doof, fand ich. Ich machte mich empört los und schubste Peter weg, der sehr draufgängerisch und blond war. Er lachte frech. Ich errötete. Wir waren beide dreizehn.
Da er mir in der Klasse gegenübersaß, hatte ich allerdings Zeit genug gehabt, meine ersten unbewussten Flirtversuche an ihm zu praktizieren. Ich war auf einer Ebene recht kokett und eine intuitive Flirterin. Das hatte sicherlich damit zu tun, dass ich eine schöne Mutter hatte, die ihren Charme dazu benutzte, alle - vom Postboten und Straßenbahnschaffner bis zu den Kollegen meines Vaters - einzuwickeln und dabei ganz naiv zu tun.
Mit siebzehn hatte ich dann meine erste richtige Knutschorgie, und wie so oft im Leben kam Verwandtschaft zur Hilfe. Ich hatte einen schnuckeligen Cousin, der drei Jahre älter war und der einzige Junge in der Familie. Er wohnte in einem sehr großen gastlichen Haus und hatte viele Schulkameraden, die gern zu Besuch kamen.
Ich auch, denn Ingo war oft dort, und der hatte so ein offenes, pfiffiges Grinsen - das Wort sexy benutzte man 1963 nur für Marilyn Monroe, ganz sicher nicht für Jungs von zwanzig Jahren.
Ich befand mich in dem Stadium von Erfahrungshunger, das eine nahezu wissenschaftliche Komponente hatte. Hier gab es etwas zu lernen.
Und so drückten wir uns eines sonnigen Nachmittags auf der Couch im Zimmer meines Cousins herum und fielen plötzlich wild küssend übereinander her. Ich weiß nicht
mehr, ob ich feuchte, suchende Lippen und Zungen so richtig aufregend fand, aber ich entwickelte einen verspielten Enthusiasmus bei dieser leicht albernen Tätigkeit, sog heftig an seinen Lippen und biss auch mal rein. Ja, und dann fing das »Grabbeln« an - ich sah es kommen.
Ingo hatte seine Hände überall, besonders da, wo sie nicht hingehörten, auf den Schenkeln, auf dem Busen, der Gott sei Dank von einem BH geschützt war. Und da fing dann der Klassiker an, sozusagen der erste Schritt in die weibliche Welt der Sexualität, den jede junge Frau aus diesen Jahren kennt: der männliche Kampf mit dem vertrackten BH. So, als wäre er die letzte Festung vor dem Fall, verteidigte ich meinen gesteppten rosa Büstenhalter, an dessen hakigem Rückenverschluss Ingo mit einer Hand wild herumfummelte.
»Lass das«, sagte ich ein paarmal pflichtschuldig und schob die andere Hand aus dem BH-Körbchen.
Ich glaube, ich haute ihm sogar auf die Finger, denn hier lauerte Gefahr für meine Unschuld. (Später lernte ich, dass die ganz geübten Jungs die BHs mit nur einer einzigen Fingerbewegung flink aufkriegten.)
Nach einem verschwitzen Kleinkampf ließ er von meinem Busen ab und stürzte sich auf meinen Hals, an dessen zarter weißer Haut er kräftig herumlutschte. Ich trug die resultierenden rotvioletten Knutschflecken wie eine wertvolle Markierung und dem Stolz einer erfahrenen Frau von Welt vor mir her.
Ich gehörte dazu, ich war begehrt worden!
Nur zu Hause trug ich tagelang einen Rollkragenpulli. Die neuen Kusslektionen trug
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