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Sexy Sixty - Liebe kennt kein Alter -

Titel: Sexy Sixty - Liebe kennt kein Alter - Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Isabella Bernstein
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ich schnell weiter.
    Bei mir in der Schule war ein älterer, sehr erwachsen wirkender, leichenblasser Schüler mit einem schmalen verschlossenen
Gesicht und einem sehr langen Kamelhaarmantel. Er sah interessant und gequält aus; ich mochte so was.
    Ich kriegte ihn dazu, mich anzusprechen, und wir verabredeten uns bei ihm zu Hause, weil seine Eltern meistens verreist waren. Ich erschreckte ihn ein wenig mit meinen enthusiastischen Lippen und dem leidenschaftlichen Getue. Er schob mich von sich, wurde sehr ernst und erklärte, dass er nur eine Jungfrau heiraten würde.
    Heiraten? Wie kam er denn darauf?
    Ich ging enttäuscht und verwirrt nach Hause. Es dauerte dann noch gut drei Jahre - gefüllt mit sehnsuchtsvoller Erregung und Knutschen, Küssen, Grabbeln - nackt und angezogen -, bis ich den sexy, langhaarigen jungen Mann fand, mit dem alles magisch klappte, drogen- und alkoholfrei, zum Sound von den Beatles und Rubber Soul .
    Hat je eine Generation mehr Glück gehabt beim Soundtrack ihrer Defloration?
     
    Übrigens, ich weiß, wie naiv und rührend so ein unschuldiges Teenagerleben den heutigen sexuell aggressiven und angeblich coolen Teenies vorkommen muss. Ich las vor nicht langer Zeit irgendwo, dass Blowjobs auf dem Schulklo, nebenher ausgeführt wie Pinkeln, solche biederen Pausenbeschäftigungen wie lachend herumzustehen und Stullen zu essen ersetzt haben. Wie traurig, dass der Dienst am Mann so früh und so anstrengend anfängt. (Die Mädchen sind oft erst um die dreizehn! Das hat mich wirklich schockiert.)
    Auf die Idee, mir ganz souverän den Penis eines Jungen zu schnappen und daran herumzulutschen, nur damit er mich mag, wäre ich damals nie gekommen. Heute eigentlich auch nicht.

    Irgendwann fängt dann der Rückblick an, etwas sehnsüchtig und wehmütig vielleicht. Wie war ich als junge Frau? Was ist meine sexuelle Vergangenheit? Habe ich mich ausdrücken und ausleben können? Bin ich mir näher gekommen und den Männern meiner Träume? Konnte ich das Glück anpacken und festhalten?
    Das Schönste war immer der Rausch, die Gier, die Freude und die Ungeduld.
    Eigentlich hatte ich Angst vor Bindung und vor dem nackten Ausziehen der Seele; mein furchtsames Herz war im Weg, um eine wirklich intime Beziehung aufzubauen. Ich übersprang das jedoch und konzentrierte mich auf das blind machende Begehren und die Lust, die mir mein Körper diktierte.
    »Du musst dich in diesen Strudel stürzen«, sagte er, »um darin auf wunderbare Weise unterzugehen.«
    Ich erinnere mich noch, ich war bestimmt schon zwanzig, als ich Sex und pure Lust entdeckte und mit großem Erstaunen, ja zuerst auch einem gewissen Schrecken, feststellte, dass Sex nicht unbedingt mit Liebe zu tun hatte. Was so ein bisschen war, als ob man Federball ohne Schläger spielen könnte. Man musste also gar nicht die ganze Schachtel Pralinen kaufen, wenn man nur Lust auf eine hatte! Was für ein wunderbares Lustbefriedigungsprinzip, schnell, direkt, ohne große Verpflichtungen. Der Körper war nicht unbedingt nur Sitz der Seele, sondern scheinbar auch ein Instrument für alle möglichen Spielereien. Er hatte seine eigenen Ideen über Erregung und Hingabe.
    Wenn ich etwas mit großer Sehnsucht zurücksehne, dann ist es diese köstliche Hingabe, das kurze Eintauchen in die Substanz des anderen. Das sind die einzigen Verschmelzungsfantasien, die ich liebe, die ich gelten lasse. Wem diese Überlegungen reichlich naiv und altmodisch vorkommen -
und das dürften wahrscheinlich Frauen unter vierzig sein -, kann sich das lustfeindliche verklemmte Klima nicht vorstellen, das bis Mitte der Sechzigerjahre herrschte.
    Wir jungen Frauen hatten gelernt, dass wir als anständige Mädchen, also als Jungfrau, in die Ehe gehen sollten, denn Sex war nur in der Sicherheitskombination Liebe/Ehe erlaubt. Und dass dort, in der sündenfreien Zone, der Mann vollkommen die sexuelle Gestaltung übernahm und die Frau die willige Ausführende war. Wer auch immer der erste Mann war, der im Bett die zugegeben etwas ungelenke Frage »Wie war’s für dich?« gestellt hat, der war ein Revolutionär und Frauenversteher.
    Zumindest waren das die ersten bescheidenen Versuche, den Frauen ein erfülltes Sexleben zuzugestehen. Denn die Vorstellung, dass sexuelle Begierde wichtig, drängend und daher eine männliche Domäne sei, da Frauen von Natur aus passiv, anständig und etwas weniger lustbetont waren, schien zu bequem, um sie aufzugeben. So konnten Männer, die es im Bett nicht

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