Sexy, süß und namenlos
Verlockendes.
„Ich will nicht, dass du allein gehst. Ich fahre mit dir nach dem Dinner hin.“
„Das würdest du für mich tun? Wie lieb von dir!“
„Tja, ich bin eben ein toller Kerl – und demnächst arbeitslos.“
Harley schnalzte mit der Zunge und setzte sich ihren Hut wieder keck auf. „Wenn du so besorgt bist, fahre ich auf dem Rückweg bei Mrs Langley vorbei und stelle klar …“
„Nein!“, rief er so aufgebracht, dass Harley sich vor Schreck mit der Hutnadel stach. „Tut mir leid“, meinte er ruhiger. „Aber halt dich von jetzt an von dieser Frau fern.“
Harley verschränkte die Arme vor der Brust, was ihren Ausschnitt noch besser zur Geltung brachte. „Wieso hast du so viel Angst vor ihr? Mir kam sie wie eine reizende, einsame Lady vor, die sich um ihre Nachbarn kümmert.“
„So sehr, dass sie ihre Karrieren ruiniert.“
Harley lehnte sich erneut an den Schreibtisch und schob vorsichtig seine Akten beiseite. „Ich mag dich nicht besonders, wenn du nette alte Damen schlecht machst.“
„Ha! Von wegen nette alte Dame! Frag mal meine beiden Vorgänger.“
„Sie hat mir davon erzählt.“
„Hat sie dir auch die Totenkopfflagge gezeigt, die über ihrem Computer weht?“
„Sie hat mir die beiden Artikel gezeigt, und ich habe sie gelesen.“ In sorgsam gewählten Worten hatte Wilhelmina Langley alle Einzelheiten der schmutzigen sexuellen Ausschweifungen geschildert und damit einen Sturm der Entrüstung im konservativen Citrus Hill entfacht. „Anscheinend haben die beiden Perversen bekommen, was sie verdienten.“
Grant schob einige Akten in die oberste Schreibtischschublade. „Es mag ihnen ja recht geschehen sein, dass sie ihren Job verloren. Aber es gibt Methoden, mit unverantwortlichen Managern umzugehen, ohne ihre Familien und Freunde der öffentlichen Demütigung auszusetzen.“
„Ich verstehe, und ich werde auf dem Rückweg einen weiten Bogen um Mrs Langley machen. Ich will nicht, dass du meinetwegen Ärger bekommst.“
Seine Miene entspannte sich, sein Ton wurde sanfter. „Wie Gus bereits gestern Nacht sagte, du machst keinen Ärger. Wie geht es dir überhaupt? Du siehst gesund aus.“
„Meine Kopfschmerzen verschwanden, nachdem ich den Namen des Taxiunternehmens erfahren hatte. Vielleicht habe ich mein Gedächtnis bis heute Abend wieder gefunden, und du brauchst dir keine Sorgen mehr zu machen, dass ich deinen Ruf ruinieren könnte.“
Grant stand auf und griff nach einem Stapel Akten hinter ihr. „Du bist sehr überzeugend. Vielleicht hat die alte Wilhelmina dir tatsächlich deine Geschichte abgekauft.“
Harley zuckte die Schultern. Grants plötzliche Nähe ließ ihr Herz höher schlagen. Sie atmete tief durch. „Ich werde jedenfalls kein Risiko mehr eingehen.“
„Gutes Mädchen“, flüsterte er dicht an ihrem Ohr, und sein warmer Atem streifte die Strähnen, die sich aus ihrer Frisur gelöst hatten. Ein heißer Schauer durchlief Harley. Wie ein gutes Mädchen fühlte sie sich ganz und gar nicht in Grants Nähe, denn in ihrer Fantasie tauchten lauter Bilder von schweißnassen Körpern, Schreibtischoberflächen und vom Leib gezerrten Kleidungsstücken auf. Das musste an Wilhemina Langleys Artikel liegen. Über verbotenen Sex zu lesen erwies sich als äußerst anregend.
Harley nahm sich zusammen und ging zwei Schritte auf die Tür zu. „Du musst sicher noch arbeiten.“
Er nickte nur, doch seine zögernde Bewegung und sein intensiver Blick deuteten viel mehr an. Hatte er etwa ähnliche Fantasien gehabt? War er ihr deswegen so nah gekommen?
Plötzlich fiel ihr wieder ein, was sie ihm hatte ausrichten wollen. „Oh, übrigens, deine Großmutter hat angerufen.“
„Grandma Lil?“ Seine Hand lag schon auf dem Hörer, und seine Finger wählten bereits, bevor Harley etwas erwidern konnte. „Hast du mit ihr gesprochen? Ist alles in Ordnung mit ihr?“
„Ich habe sie nur auf deinem Anrufbeantworter gehört. Sie sagte lediglich, dass du sie anrufen sollst, sobald du zu Hause bist. Aber da es bei dir spät wird …“
Grant hob die Hand und sprach ins Telefon. „Mrs Blake? Hier ist Grant. Könnte ich bitte Lil sprechen?“ Er hielt die Sprechmuschel zu, während er wartete. „Sie ist letztes Jahr gestürzt und hat jetzt Schwierigkeiten, sich zu bewegen. Mrs Blake ist ihre private Krankenschwester.“
Das erklärte die Rechnungen von Handwerksfirmen auf Grants Schreibtisch im Arbeitszimmer seines Hauses. Rollstuhlrampen, Geländer und in der Höhe
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