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Sexy, süß und namenlos

Sexy, süß und namenlos

Titel: Sexy, süß und namenlos Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: J Leto
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darauf gekritzelt hatte, stimmte mit dem umgebauten Lagerhaus überein. Und der Schlüssel, den sie ihm gegeben hatte, würde zweifellos den privaten Seiteneingang öffnen. Innerhalb weniger Minuten konnte er die bereits einen Monat dauernde Trennung beenden, die Hailey – an diesen Namen musste er sich erst gewöhnen – ihnen auferlegt hatte, nachdem sie sein Haus in Citrus Hill verlassen hatte. Es war ihm nicht leicht gefallen, sie so lange in Ruhe zu lassen, und er hatte sich dazu in Arbeit stürzen müssen.
    Doch an diesem Nachmittag war Mary Jo in seinem Büro aufgetaucht. Sie war auf dem Weg, Sammy aus Miami abzuholen, und Grant konnte sie zum gemeinsamen Lunch überreden. Geschickt war sie seiner Frage ausgewichen, wie es Hailey ging, und hatte gemeint, er solle es selbst herausfinden. Dank seiner Beharrlichkeit und seinem Charme erfuhr er jedoch, dass Hailey das Studio hatte mieten können und dass ihre Therapiepraxis erfolgreich angelaufen sei – nicht zuletzt aufgrund der Publicity, die Mrs Langleys Zeitungsartikel ihr verschafft hatten.
    Sowohl Mary Jo als auch Hailey hatten sorgfältig darauf geachtet, seinen Namen aus den Berichten über Bucks Angriff und seine anschließende Verhaftung herauszuhalten. Angesichts der vielen Anklagen wegen Kapitalverbrechen gegen Mary Jos Exfreund Buck war Harleys Klage wegen Körperverletzung den Zeitungen keine Meldung wert. Der echte Test kam jedoch eine Woche nach Haileys Abreise, als Wilhelmina Langleys Artikel auf der Titelseite der „Citrus Hill Weekly“ erschien.
    Grant hatte ein Vorausexemplar erhalten, das auf rätselhafte Weise in der Nacht vor dem Erscheinen vor seiner Tür gelegen hatte. In erstaunlich poetischen Worten erzählte Mrs Langley Haileys Geschichte klar und mitfühlend. Sie fügte den Aspekt einer Frau auf der Suche nach Unabhängigkeit ein – und machte aus dem Artikel einen Dreiteiler, der erst letzten Sonntag zu Ende gewesen war. Angesichts von Mary Jo und Joys weitaus tragischerer Geschichte stand Hailey am Ende als die Glücklichste da. Immerhin hatte sie einen liebenswürdigen Ritter in schimmernder Rüstung bekommen in Gestalt eines Finanzjongleurs, der ihretwegen in einer konservativen Gemeinde sein gesellschaftliches Ansehen riskierte.
    Der Firmenvorstand hätte kaum zufriedener sein können. Ihr Chefmanager war ein regelrechter Held. Der prozentuale Anteil weiblicher Investoren stieg – besonders unter denen, die zuvor wegen der unmoralischen Aktivitäten der früheren Manager gegangen waren. Howell Phipps war gegen die Haltung des Vorstands und musste dafür in den vorzeitigen Ruhestand treten. Eine einstimmige Wahl machte Grant zum Vorstandsvorsitzenden, noch ehe er wusste, wie ihm geschah.
    Doch Grant gab nichts auf die gute Presse, das Wachstum der Firma oder seinen neuen Posten. Er wollte nur Hailey zurückhaben.
    Und jetzt, nach fast einem Monat der Isolation, wollte sie ihn sehen. Nachdem sie mit ihrem Hamburger und den Pommes frites fertig gewesen war, hatte Mary Jo ihm die Adresse und den Schlüssel gegeben und ihm aufgetragen, Punkt acht in Harleys Studio zu sein. Dann hatte sie das Restaurant verlassen.
    Grant schaute auf seine Uhr. Sieben Uhr zweiundfünfzig. Der Sonnenuntergang tauchte das alte Backsteingebäude in glutrotes Licht. Die hämmernden Bässe aus dem Blues-Klub zwei Türen weiter vermischten sich mit dem Lärm aus einer lateinamerikanischen Bar auf der gegenüberliegenden Straßenseite.
    Beim Betreten des Gebäudes musste Grant sich eingestehen, dass er dieses Wiedersehen fürchtete. Mindestens zehnmal am Tag hatte er ihre letzte Unterhaltung rekapituliert und immer wieder aufs Neue den Schmerz über ihren Entschluss empfunden, ihren eigenen Weg zu gehen. Wieder und wieder hatte er das Interview mit Mrs Langley gelesen, in dem Hailey ihr Streben nach Unabhängigkeit betonte. Warum sollte sie zu ihm zurückkehren, nachdem sie endlich ihren Traum verwirklicht hatte? Durfte er das überhaupt zulassen? Höchstwahrscheinlich war dieser Abend als bittersüßer und endgültiger Abschied gedacht.
    Grant schloss die Tür zu ihrem Studio im ersten Stock auf. Er wusste nicht, was er im Studio einer Tanztherapeutin erwartet hatte, aber sicher nicht das.
    Der polierte Holzfußboden reflektierte verschiedene sanfte Blau- und Violetttöne der Deckenlampen. Hinter einer verspiegelten Nische in der einen Ecke verbarg sich eine Hi-Fi-Anlage, in den übrigen drei Ecken hingen Boxen. Grant sah sich in den vier Spiegelwänden.

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