SGK216 - Draculas Vampirfalle

der Runde um. Seine Sinne waren aufs
höchste gespannt.
    »Hallo?« Mister Francis?« Er rief den Namen des Inhabers in die
Dunkelheit und wartete auf eine Reaktion.
    Doch nichts rührte sich.
    Iwan Kunaritschew ging weiter in das Geschäft hinein. Mit drei
schnellen Schritten hatte er es durchquert. Ruckartig teilte er den schweren,
schwarzen Vorhang, um einen Blick dahinter zu werfen.
    Unwillkürlich richtete Kunaritschew dabei seine Augen zu Boden.
    An dieser Stelle hatte Jonathan Francis vor wenigen Minuten
schließlich schon mal gelegen...
    Unruhe erfüllte X-RAY-7. Er konnte sich nicht vorstellen, dass ein
Geschäftsmann wie Francis vergaß, seinen Laden abzuschließen. Während
Kunaritschew einige Straßen weiter untertauchte, um Zeit verstreichen zu
lassen, war irgendetwas hier geschehen.
    Iwan spürte förmlich, dass Gefahr in der Luft lag. Doch er konnte sie
nicht beschreiben.
    Vorsichtig griff er in seine Tasche, holte die kleine Taschenlampe
heraus und zog mit der Rechten gleichzeitig aus der Schulterhalfter seine Smith
& Wesson-Laser.
    Er ließ die Lampe aufflammen. Der grelle Strahl wanderte wie ein
dicker Geisterfinger lautlos über den grauen Boden, über die Wände und - das
Regal.
    Da kam es Iwan so vor, als ob eine Hand in sein Herz griffe.
    In diesem dunkelgestrichenen, klobigen Regal hatte sich etwas
verändert. Die großen Köpfe, die er vorhin noch vom Eingang her gesehen hatte
und die sein besonderes Interesse weckten, waren verschwunden!
    In der Zwischenzeit war also tatsächlich jemand hier gewesen oder -
auch das musste er in Betracht ziehen - Jonathan Francis hatte die beiden
wächsernen Köpfe irgendwo anders deponiert.
    Darüber informierte Iwan sich sofort.
    Er suchte im Schein der Taschenlampe das Geschäft nach den Köpfen ab.
Doch er fand sie nirgends.
    Köpfe spielten im Geschehen um die jugendliche Bande, die sich „Helldrivers"
nannte, eine große Rolle. Überall dort, wo diese jungen Menschen nicht mehr
nach Hause zurückgekehrt waren kam an ihrer Stelle ein Wachskopf an, als müsse
er den leeren Raum füllen, den ihr Fortgehen hinterlassen hatte.
    Iwan Kunaritschew blieb im hinteren Bereich des Ladens, rief noch mal
nach dem Inhaber und drückte kurz entschlossen die Klinke zur Hintertür, als
immer noch niemand antwortete.
    In der Dunkelheit vor ihm lag ein Korridor. Kunaritschew tastete
vorsichtig neben dem Türpfosten entlang um den Lichtschalter zu suchen. Als
seine Hand schließlich darauflag, unterließ er es jedoch, ihn zu betätigen.
    Er wollte sich nicht darbieten wie auf einem silbernen Tablett. Er
knipste in Abständen seine Taschenlampe an, um überhaupt etwas zu sehen.
    Der Korridor war handtuchschmal. Zwei Türen mündeten auf ihn. Links
die kleine, dunkle Küche mit einem uralten Kohleherd. Das Fenster war - nicht größer als das in einer Gefängniszelle und genauso vergittert. Von der
Küche aus ging eine weitere Tür in eine winzige Toilette und von dort aus eine
andere direkt zu Stufen, die gewunden in die Tiefe eines stockfinsteren Kellers
fühlten.
    Ein solch verwinkeltes Haus hatte Kunaritschew noch nie gesehen.
    Nachdem er sich vergewissert hatte, dass Jonathan Francis auch nicht
in seinem Schlafzimmer lag, wählte der Russe unwillkürlich den Weg in den
Keller.
    Kunaritschew führte den Strahl der Taschenlampe sich her. Die
Sandsteinstufen waren uralt und ausgetreten, und wenn man hier einen falschen
Schritt machte, konnte man sich das Genick brechen.
    »Hallo, Mister Francis?« rief Kunaritschew abermals. Seine Stimme
hallte dumpf durch das Kellergewölbe und wurde als leises Echo zurückgeworfen.
    Die Kellertreppe mündete in ein Gewölbe, das etwas mehr als zwei Meter
hoch war. Die Wände waren rauh und feucht, das Gewölbe sah aus wie ein geheimes
Labor.
    Als Kunaritschew in den großen, verschachtelten Kellerraum trat, hatte
er das Gefühl, in eine fremde Welt zu geraten.
    Von einer Sekunde zur anderen war er nicht mehr allein.
    Eine Gänsehaut lief ihm über den Rücken.
    Im Schein der Taschenlampe sah er mehrere Gestalten vor sich, die wie
Gespenster vor ihm aufwuchsen und ihn mit bleichen Gesichtern und kalt
glitzernden Augen bedrohlich anstarrten.
     
    *
     
    Ruckartig kam seine Hand in die Höhe, die die Taschenlampe hielt.
    Der Lichtstrahl stach einem der vor ihm stehenden Menschen direkt in
die Augen.
    Es handelte sich um einen jungen Mann, der schätzungsweise
zweiundzwanzig bis dreiundzwanzig Jahre zählte, eine gute, sportlich