SGK216 - Draculas Vampirfalle
schweren, verzierten Griff...
*
Von der Anhöhe aus hatte er einen vortrefflichen Blick auf das
einsame, villenähnliche Gebäude zwischen den uralten Eichen in der Senke, Larry
Brent alias X-RAY-3 lag auf diesem Beobachtungsposten. Die meisten Fenster in
der Villa waren beleuchtet.
Die Silhouetten der Menschen im Innern der Räume konnte er deutlich
von hier oben sehen.
Die Villa lag etwa zwanzig Kilometer außerhalb von London in einer
waldreichen Gegend und war von einer Familie namens Stepanow bewohnt. Die
Stepanows waren vor über hundert Jahren aus Russland nach England gekommen und
hatten sich hier niedergelassen. Die ersten Stepanows waren ausschließlich
Maler und Schriftsteller gewesen. Der jetzige Nachfolger, ein gewisser Michail
Stepanow, lebte von dem, was von damals noch übrig war und was nun durch die
Herausgabe der Nachlässe hereinkam.
Das bestehende Vermögen war offensichtlich groß genug, um der hier
wohnenden Familie ein verhältnismäßig gutes Leben zu sichern. Die Stepanows
konnten sich sogar eine Hausangestellte leisten.
Sie hatte vor vier Tagen die Villa verlassen, und niemand von den
Stepanows ahnte, dass die junge Frau, die seit sechs Jahren in Diensten der
Familie stand, eine Krankheit nur vorgetäuscht hatte. Mit Hilfe eines Londoner
Arztes, den die Hausangestellte regelmäßig konsultierte, war eine Krankheit
konstruiert worden. Die Hausangestellte war darüber eingeweiht, dass es
unbedingt notwendig war, jemand in das Haus der Stepanows einzuschmuggeln, um
gewisse Erkenntnisse zu sammeln. Es bestand der begründete Verdacht dass ein
Hausbewohner in unmittelbarer Beziehung zu den „Helldrivers" stand. Bei
dem jungen Mann, der in der Villa wohnte, handelte es sich um Wonja. Er war
nicht der leibliche Sohn der Stepanows. Recherchen hatten ergeben, dass Wonja
vor drei Jahren zum erstenmal in London auftauchte und angeblich der Sohn eines
verarmten, russischen Fürsten sein sollte, der um mehrere Ecken herum mit den
Stepanows verwandt war.
Fest stand auf alle Fälle, dass Wonja sich tagsüber nicht im Haus
aufhielt. Nur in den Abendstunden war er manchmal dort anzutreffen.
Das wiederum deckte sich mit den seltsamen Praktiken, die man auf die
Aktivitäten der rätselhaften Sekte zurückführte.
Die Hausangestellte wurde offiziell in eine Klinik eingewiesen und
hielt sich zur Stunde auch dort auf. Die Frau hieß Brenda Sikowski und war die
Tochter einer englischen Mutter und eines polnischen Vaters.
Sie hatte den Stepanows persönlich ihre Freundin Morna Ulbrandson
empfohlen, die sich angeblich seit einigen Monaten hier in London aufhalte und
vergebens nach einer Arbeitsstelle suche. Sie könne die Schwedin, die lange
Zeit in ihrem Landhaus- wirtschaftlich tätig gewesen wäre, nur empfehlen.
Die entsprechenden Referenzen vorzulegen, bereitete einer PSA-Agentin
keine Schwierigkeiten.
Und so war es gekommen, dass Morna - zunächst auf Probe - bei den
Stepanows an Brenda Sikowskis Stelle eingesprungen war...
Von seinem Beobachtungsplatz aus konnte Larry Brent deutlich sehen,
wie in dem villenähnlichen Gebäude in einem Zimmer der ersten Etage kurz Licht
aufflammte. Gleich darauf wurde es wieder dunkel.
Das war das Zeichen, das Morna ihm gab.
Sie wollte Larry damit zu verstehen geben, dass sie nun das Haus
verlassen konnte, ohne ein Risiko einzugehen.
Mit seiner Anwesenheit bezweckte X-RAY-3 auch, dass er die Umgebung,
wo die »Helldrivers« als einzige Besucher der Stepanows oft auftauchten, näher
kennenlernte.
Und bei dieser Gelegenheit - so jedenfalls war es vorgesehen - sollte
Larry Brent mit seiner schweren Harley-Davidson auftauchen und einen
Zwischenfall provozieren, um die Gruppe auf sich aufmerksam zu machen.
Brents Ziel war es, ebenfalls in den Bund aufgenommen zu werden, um
ihn von innen heraus zu begreifen und - sollte die Notwendigkeit dazu bestehen
- zu bekämpfen.
Fünf weitere Minuten vergingen, ehe sich unten aus dem Schatten des
Hauses eine Gestalt löste. Geduckt lief sie querfeldein, näherte sich dem Hügel
und verschwand hinter Büschen und Sträuchern, die sie vor den Blicken der Hausbewohner
schützten.
Larry trat aus seinem Versteck, um der sich Nähernden
entgegenzukommen.
Noch ehe die Gestalt vor ihm zwischen Sträuchern auftauchte, nahm er
schon deren Duft wahr.
»Ein wohlvertrautes Parfüm«, murmelte X-RAY-3, strahlte über das ganze
Gesicht und wirkte in diesem Augenblick wie ein großer Junge, der zu jedem
Streich aufgelegt war.
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