SGK216 - Draculas Vampirfalle
davonfahren.
Wohin ?
Gerdes hegte einen schlimmen Verdacht. Sonja war nicht mehr Herrin über
ihre eigenen Gedanken. Diesem Mann dort drüben war sie heute Abend schon mal
begegnet. Im Hof zu dem Antiquitätengeschäft. Es handelte sich um den Vampir,
der versucht hatte, seine Zähne in ihren Hals zu schlagen...
Der Mann wandte ihr sein bleiches Gesicht zu. »Ich habe gewusst dass
du kommen würdest. Du hast gefühlt, dass wir gemeinsam diese Nacht in das
„Shandor-House" gehen werden. Du gehörst zu uns! Du kannst dich nicht mehr
wehren gegen das, was du spürst. Auch wenn du es gern anders haben möchtest, es
wird dir nicht gelingen. Du bist Eigentum Wonjas, des Sohnes des Grafen
Dracula...«
Sie stieg auf den Sozius und umklammerte den Fahrer, der sofort Gas
gab. Mit ohrenbetäubendem Lärm beschleunigte er die Maschine und jagte die
Straße entlang.
Hans Gerdes rannte wie von Sinnen, als ginge es um sein Leben. Er
verlor im Laufen die Hausschuhe und schritt barfuß über die feuchte, kalte Erde
Richtung Straßenecke, wo er das rote Rücklicht des Motorrades erblickte.
Dabei rief er gellend den Namen seiner Braut, und dies alles kam ihm
vor wie ein Alptraum.
Gehetzt blickte er sich um. Da sah er von links das Scheinwerferpaar
eines Autos. Kurzerhand rannte er dem langsam fahrenden Wagen entgegen.
Der Fahrer steuerte sein Auto behäbig durch die Straße. Er war müde.
Gestikulierend lief Gerdes auf ihn zu.
»Bitte fahren Sie sofort dem Motorrad nach!«
»Nachts um drei ist das eine Zumutung«, erwiderte der andere. Man sah
ihm seine Müdigkeit an. Er gähnte herzhaft, um sie zu unterstreichen. »Ich bin
eigentlich auf dem Weg nach Hause.«
»Bitte machen sie Überstunden«, sagte Gerdes. Er wusste selbst nicht,
wie er dazu kam, auf diese Weise zu reagieren. »Es ist ein Notfall. Die Frau
dort vom - wird entführt... Ob die Fahrt nun fünf Minuten dauert oder eine
halbe Stunde, ich gebe ihnen dafür zehn Pfund. Ich glaube, da ist doch was
drin, nicht wahr?«
Der Fahrer hob die Augenbrauen. Er war ein kräftiger Mann mit einer
etwas gebogenen Nase und vollen Lippen. Sein Haar war lockig und tiefschwarz.
»Natürlich! Für Sie schlafe ich 'ne Stunde weniger. Aber was ist damit, wenn
die Fahrt 'ne ganze Stunde dauert?«
»Dann kriegen Sie das Doppelte.«
»Okay. Das lässt sich hören.«
Hans Gerdes riss die Hintertür auf und nahm auf dem Rücksitz Platz.
Der Fahrer startete sofort. Der Motor röhrte, und Gerdes bekam es mit der
Angst, als er merkte, wie langsam der Wagen anzuckelte. Aber als er erst mal
auf Touren war, behagte ihm die Geschwindigkeit doch.
In der Ferne erblickte er das kleine verwaschene Rücklicht des
Motorrades. Hoffentlich verloren sie die Maschine nicht aus den Augen.
Es ging kreuz und quer durch die nächtlichen Gassen. Es gelang dem
Taxifahrer sogar- etwas aufzuholen und sich an den Vorausfahrenden näher
heranzuschieben.
Die Fahrt führte aus London heraus.
Es vergingen zehn Minuten, eine Viertelstunde, eine halbe...
Da wandte der Chauffeur seinen Kopf und musterte seinen Fahrgast.
»Haben Sie wirklich genügend Geld dabei, Sir?« fragte er misstrauisch. Die
Tatsache, dass Hans Gerdes unter seinem Jackett eine Pyjamajacke trug, behagte
ihm nicht so recht.
Gerdes zog die Brieftasche aus der Innentasche seines Jacketts und
entnahm ihr zwei 10-Pfund-Noten. Sie waren neu und knisterten zwischen seinen
Fingern. »Druckfrisches Geld, Sir. Ich hab's erst gestern von der Bank geholt.«
Der Fahrer schob die gläserne Trennscheibe ein wenig zur Seite und
nahm die Scheine entgegen.
»Okay. Dafür können wir noch ein bisschen fahren.«
Er nickte zufrieden und ließ die Pfundnoten einfach in der Jacke
verschwinden. Den Taxameter hatte er gar nicht eingeschaltet.
Mit brennenden Augen starrte Gerdes durch das Fenster und bekam von
seiner nächtlichen Umgebung kaum mehr mit, als das vor ihnen fahrende Motorrad.
Er merkte nicht, wie sie London verließen, wie es hinaus ging auf das
flache Land, wie es wieder hügeliger wurde. Dunkle Wälder säumten eine einsame
Straße, wo der Taxifahrer aus seinem Auto herausholte, was er nur konnte.
»So geben Sie doch Gas!« stieß Gerdes aufgebracht hervor. Er war
schweißüberströmt, und seine Hände zitterten, als er sich durchs Haar fuhr.
»Wir verlieren ihn ja aus den Augen!«
»Ich tu', was ich kann, Sir. Mehr ist nicht drin...«
Damit musste Gerdes sich abfinden.
Vor ihnen lag eine Kurve. Das rote Rücklicht verschwand. Es kam
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