SGK216 - Draculas Vampirfalle
Brauer wurden aufmerksam.
Sie standen an einem kleinen Fenster, genau neben dem nun weit
geöffneten Eingang des Antiquitätengeschäftes, von wo feuchter, modriger Geruch
in ihre Nase stieg.
Die junge Frau dachte im stillen, dass sie noch nie auf so viele
unterschiedliche Gerüche aufmerksam geworden war wie hier in London.
Unwillkürlich suchte sie mit ihren Blicken das beinahe grotesk
wirkende Innere dieses kleinen, nur wenige Quadratmeter großen Geschäftes ab.
Der Raum war so eng, dass zahlreiche Artikel sogar an Seilen und Drahten an der
Decke befestigt waren.
Das Herz manches Sammlers schlug höher beim Anblick der Dinge, die
hier gestapelt waren.
Da gab es alte, hölzerne Fotoapparate, uralte, verstaubte Bücher, eingebunden
in schweres, braunes Leder, dessen Oberfläche schon morsch und brüchig war.
In der Ecke stand ein vergammeltes Klavier, daneben auf einem runden,
handgeschnitzten Tisch ein Grammophon aus den zwanziger Jahren.
Aber das war noch nicht alles, was Sonja sah.
Der eigentliche Verkaufsraum wurde hinten abgetrennt von einem
schwarzen, dicht gewebten Vorhang. Dahinter lag offensichtlich ein kleiner
Nebenraum.
Der Vorhang wurde zur Seite gedrückt, und die zwanzigjährige Deutsche
war einen Moment aufs äußerste entsetzt.
Sie sah am Boden vor einem schmalen Regal reglos eine Gestalt liegen,
über die sich eine andere beugte.
Die zweite richtete sich jetzt auf und griff mit beiden Händen in das
Regal, wo - zwei menschliche Köpfe standen.
»Hans!« wisperte Sonja erregt. Ihr Gesicht begann zu glühen. »Um
Himmels willen schau' dir das an!«
Sie zupfte ihren Freund am Ärmel.
Da hörte Sonja ein Geräusch hinter sich.
An den Mann, der eben erst vor wenigen Augenblicken aus dem
Antiquitätengeschäft getreten war, hatte sie nicht mehr gedacht.
Instinktiv wirbelte sie herum.
Da durchfuhr sie ein zweiter Schrecken.
»Hans!« schrie sie gellend auf. Sie konnte nicht mehr an sich halten
und erbleichte. »Nichts wie weg hier!«
Der Mann in dem dunklen Anzug stand genau neben ihr. Er brauchte nur
noch :seine rechte Hand auszustrecken, um sie am Arm packen zu können.
Und das tat er.
Seine Finger legten sich wie ein Schraubstock um Sonjas Unterarm.
»Was soll das?« schrie die Frankfurterin. »Lassen Sie mich sofort
los.«
Ihr Gegenüber grinste geringschätzig.
Als er die Lippen verzog, öffnete er sie gleichzeitig, und die beiden
Deutschen konnten sehen, dass das Gebiss dieses Menschen nicht so war, wie es
normalerweise bei jedem anderen gewesen wäre.
Dieser junge Mann hatte in der oberen wie in der unteren Zahnreihe
zwei regelrechte Fangzähne. Dolchartig, lang und Spitz ragten sie über die Höhe
der Zahnreihen hinaus.
Er hatte das Gebiss eines - Vampirs!
Zwei Sekunden lang war das Mädchen wie gelähmt. Wie erstarrt war auch
Hans Gerdes. In den Köpfen der beiden jungen Menschen jagten sich die Gedanken.
Was sollte dieser Mummenschanz? Was ging hier vor?
Die Dinge überstürzten sich.
Gerdes war kräftig, er stand seinen Mann, wenn es sein musste.
»Lassen Sie los! Was soll dieser Unfug? Lassen Sie meine Braut sofort
los...! «
Da schoss die Linke des dunkel gekleideten, jungen Mannes blitzartig
vor. Die Hand war zur Faust geballt. Der Fremde stieß diese Faust mit voller
Wucht vor. Hans Gerdes erhielt einen Schlag gegen die Brust, dass er meinte,
ein Pferd hatte ihn getreten. Der Mann taumelte zurück. Der Stoß war mit
solcher Heftigkeit erfolgt dass Gerdes es nicht mehr schaffte, die Fallbewegung
aufzuhalten. Er stürzte.
Doch er kam nicht bis auf den Boden. Da waren zwei Hände, die ihn
auffingen.
Ein Mann trat aus dem Antiquitätengeschäft hinter ihm und schlang im
gleichen Augenblick seinen Arm um den Hals des Deutschen.
Auch bei Sonja Brauer nahm das schicksalhafte Ereignis seinen Lauf.
Der unheimliche Fremde mit dem Vampirgebiß ließ seinen Kopf blitzschnell
nach vom schießen und schlug seine Zähne direkt in ihren Hals.
*
Sie wusste später nicht mehr zu sagen, wie sie die Dinge im Einzelnen
organisiert hatte. Margareth Sheffield handelte wie in Trance.
Wie eine Schlafwandlerin ging sie in das Wohnzimmer zurück und rief
von dort aus Scotland Yard an. Mit stockender Stimme berichtete sie, was
passiert war.
Der Inspektor am anderen Ende der Strippe Versprach, sofort
vorbeizukommen.
Es dauerte genau zwanzig Minuten, als es in der Wohnung klingelte. Das
Geräusch ließ Margareth Sheffield zusammenzucken.
Chiefinspektor Harris und
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