SGK268 - Die Henker aus dem Unsichtbaren
noch nicht kennen. Es sind auserwählte
Personen, die derjenige, der sie zu sich ruft, genau kennt. Er hatte schon
zuvor mit ihnen Kontakt, um sie nachher rufen zu können. Davon laß' ich mich
zunächst mal nicht abbringen. Nichts geschieht zufällig, wie die Ereignisse
jedesmal zeigen... Auch diesmal wären es sicher wieder sieben Opfer gewesen.
Nur - das siebte scheint nicht richtig reagiert zu haben ...«
Iwan wurde hellhörig. Wenn sein Freund Larry eine solche Bemerkung
machte, dann steckte meistens ein langwieriger Denkprozeß dahinter.
»Spuck's aus, Towarischtsch und spann' mich nicht zu sehr auf die
Folter«, murmelte er, während er sich aus seinem silbernen Zigarettenetui eine
seiner bitterbösen Selbstgedrehten pickte, die selbst gestandene Kettenraucher
in die Flucht schlugen und einen Heiligen zur Verzweiflung brachten. Iwan
zündete sich das Stäbchen, gedreht aus pechschwarzem Tabak, den er in
unregelmäßigen Abständen per Luftpost aus seiner Heimat erhielt, genüßlich an.
Hier im Wagen war zum Glück niemand, dem er mit dem würzigen Rauch - einige
nannten ihn stinkend' - hätte auf die Nerven fallen können.
»Ich nehme an, du mußt heute abend und vielleicht auch heute nacht
auf meine Gesellschaft verzichten«, klang Larrys Stimme aus dem Ring.
»Okay«, Iwan legte die Stirn in Unmutsfalten, »das tu' ich aber
gar nicht gern. Gerade wenn's dunkel wird, hat Klein-Iwan immer solche Angst.
Ich furcht' mich so, das weißt du doch... Tu mir das ja nicht an,
Towarischtsch! Wenn's dunkel wird, ist dein Platz an meiner Seite...«
»Es geht um Morna ...»
»Hab ich mir's doch gedacht !« Iwan schlug
sich mit der flachen Hand auf den Oberschenkel. Das laute Klatschen wurde von
den feinen Mikrofonen aufgenommen, so daß auch Larry es hörte. »Immer wieder
sind die Frauen im Spiel! Kein Wunder, daß deine Spesenrechnungen immer so
gesalzen ausfallen. Man sollte unserem hochverehrten Boß X-RAY-1 mal einen
entsprechenden Tip geben .« »Sie hat sich so komisch
benommen. Irgend etwas ist ihr entfallen, das wichtig ist in der Sache.
Vielleicht das entscheidenste Mosaiksteinchen, das wir bisher in der Hand
halten! Und das möchte ich nicht gern fallenlassen ... «
Iwan Kunaritschew vergaß an seiner Zigarette zu ziehen. «... unser
Goldkind aus Schweden hat sich verändert. Ich weiß nun nicht, ob das mit dem
Unfall zusammenhängt oder mit einem Ereignis, das zufällig zur gleichen Zeit
eintrat wie ihre Absicht, sich mit diesem komischen Bolsan zu treffen. Es
könnte sein, daß auch sie den Ruf hörte und ihm folgen wollte, daß der bei ihr
aber nicht so durchschlug wie bei den anderen...«
»Die hypnotische Barriere, die allen PSA-Mitarbeitern eingesetzt
ist«, murmelte X-RAY-7.
»Ja, das vermute ich auch. Deshalb muß ich sie im Auge behalten.
Ich habe das Gefühl, daß der 'Rufer'
möglicherweise in dieser Nacht noch mal einen Versuch unternimmt.
Vielleicht stärker und intensiver, um auch Morna zu erreichen. Es gibt keine
Gewähr dafür, daß dieser Ruf nicht doch die Barriere durchschlägt und Mornas
Bewußtsein erreicht. In diesem Fall werde ich mich an ihre Fersen heften ... «
Sie kamen überein, daß jeder jeden auf dem laufenden hielt.
Während Larry Brent auf Mornas Rückkehr und das Ergebnis der
Untersuchung wartete, fuhr Iwan Kunaritschew Richtung Bristol.
Unterwegs legte er Rast ein, um zu frühstücken. Obwohl es bereits
Mittag war, hielt er die Reihenfolge ein. Erst das Frühstück, dann das
Mittagessen.
Auf Mornas Wohl trank er einen winzigen Schluck eines schottischen
Whiskys, der annähernd fünfunddreißig Jahre alt war. Zu mehr ließ er sich nicht
hinreißen. Bis Bristol waren es noch einige schöne Meilen, und Alkohol am
Steuer kam nicht in Frage.
Am späten Mittag traf Kunaritschew in der Stadt ein. Er fuhr
sofort zum Police-Headquarters und verlangte mit dem verantwortlichen
Ressortleiter zu sprechen, in dessen Zuständigkeit die fraglichen Fälle - also
auch der von Dorothee Valec - gehörten.
Er wies sich dementsprechend aus und erhielt Akteneinsicht. Der
Leiter der Abteilung, Chiefinspektor Harold Stonefield, war jedoch nicht im
Haus.
»Er ist zur Zeit wegen des Falles Dorothee Valec unterwegs«,
erfuhr X-RAY-7.
Doch wo er sich genau aufhielt, konnte niemand sagen. Entgegen
allen Gepflogenheiten schien Stonefield seine eigenen Methoden zu haben, Dingen
auf den Grund zu gehen. Das mochte unter gewissen Umständen gut sein
und auch Erfolge bringen. Iwan lobte Leute,
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