SGK300 - Die Gedankenmörder kommen
sich über die Lippen und sah Morna aus halb
geschlossenen Augen an.
»Ich möchte, daß du mir hilfst Mary«, sagte sie lauernd.
»Ich bin jederzeit für dich da .«
»Wir müssen diesen Toten dort verschwinden lassen, das ist dir
doch klar, nicht wahr ?«
»Mary Suncan « nickte.
»Gut ... dann hilf mir zunächst damit. Wir müssen sowieso zum Friedhof .«
»Aber Julie, was sollen wir auf dem Friedhof ?«
»Warum stellst du dich so dumm an, Mary? Ich will Gewißheit haben
- Gewißheit über dich! Ich möchte dein Grab sehen, einen Blick in den Sarg
werfen. Diesmal werde ich noch genauer hinsehen. Vielleicht liegst du wirklich
nicht in der Gruft, und dann ist ja alles gut. Bei dieser Gelegenheit werden
wir Gaynor Laskell verschwinden lassen. Kein Mensch
wird jemals auf die Idee kommen, in deinem Grab nachzusehen und dort Laskell zu suchen .«
Sie lachte leise. »Da mußt du mir doch sicher recht geben .«
»Du hast recht, Julie«. Morna nickte eifrig. »Ebensowenig wie
außer dir niemand wissen darf, daß ich zurückgekommen bin, darf niemand wissen,
daß du Gaynor Laskell ermordet hast. Aber dein
Geheimnis um Bert Coovers Tod teilst du mir dann auch noch mit
.«
»Ich werde dir alles sagen, alles, Mary . aber erst will ich dein Grab sehen .«
Morna brauchte diesen Zeitgewinn.
Die Begegnung mit einer irren Julie Jackson stand nicht in ihrem
Programm. Sie mußte ihre Pläne vollkommen verändern. Aber nur wenn sie als
mitfühlende Freundin auf Julie einging, konnte sie deren Vertrauen gewinnen und
erfuhr das, was zur weiteren Aufklärung des Falles vonnöten war.
Da steckte mehr als nur eine Julie Jackson dahinter!
Diese Frau, die aussah wie ein junges Mädchen, war nichts weiter
als ein Werkzeug in der Hand einiger Leute die gefährliche Experimente begonnen
und bereits nicht minder gefährliche Erfolge damit errungen hatten.
X-GIRL-C war ihr behilflich, die Leiche aus dem Haus zu schaffen.
In Julies Wagen, der im Hof parkte, legten sie Gaynor Laskell auf den Rücksitz.
Dann fuhr Julie Jackson los.
Sie war jetzt wie immer, kein Mensch hätte ihr etwas Böses
zugetraut. Sie wirkte beinahe scheu und verletzlich
...
Während der Fahrt durch die Stadt entwickelte sich das Gespräch in
eine Richtung, die Morna sehr genehm war.
Julie Jackson sprach über sich und über die Erlebnisse der letzten
Stunden, die etwas in ihr in Bewegung gebracht hatten. Es schien, als wäre mit
dem Tod Gaynor Laskells eine neue Ära in ihrem
bizarren Bewußtsein und ihrer gefährlichen Veranlagung eingetreten.
Manchmal ließ sie etwas durchblicken das Morna hellhörig macht.
Sie fühlte sich wie eine Getriebene, eine, die nicht mehr wußte,
wohin sie gehörte.
»Manchmal glaube ich, daß in mir nicht eine, sondern hundert oder
gar tausend Stimmen sprechen. Dick sagte, daß dies ein gutes Zeichen sei. Ich
habe nicht das Gefühl, daß er recht hat. Ich kann oft keine Entscheidungen mehr
treffen, es geschehen Dinge, die ein anderer will. Und dann wird es mein Wille .«
Abrupt unterbrach sie ihre Ausführungen. »Aber eigentlich bist du
an der Reihe«, sagte sie dann rauh. »Eine Tote, die sich fast fünf Jahre lang
versteckt hält und zu einem Zeitpunkt auftaucht, wo alles drunter und drüber
geht, interessiert mich doch wirklich sehr .«
Morna erzählte die gut fundierte Story von ihrem Verschwinden. Sie
wollte Gras über ihre Recherchen wachsen lassen, um dann zu gegebener Zeit
zuzuschlagen. Für sie war dieser Zeitpunkt nun gekommen.
»Die Leute, die ich bekämpfen will, sind offensichtlich deine
Freunde geworden«, sagte sie ehrlich. »Und das macht alles so entsetzlich
schwer. Ich will sie treffen - und nicht dich. Aber es scheint, daß du bereits
völlig in ihre Abhängigkeit geraten bist. Das hatte ich nicht erwartet -
allerdings befürchtet, als ich von Berts plötzlichem Tod hörte
.«
»Dann sind wir keine Freundinnen mehr, sondern Feindinnen. Dick Kenney hat mich zwar vorhin im Stich gelassen - aber er
wird wissen, warum er es getan hat. Da kommt noch etwas nach .«
Man konnte streckenweise kein vernünftiges Gespräch mehr mit ihr zustandebringen . Bei einem anderen, alltäglichen
Gesprächsthema ging es wieder ...
Dann erreichten sie den Friedhof.
Das große Tor war verschlossen.
Wie nicht anders zu erwarten. Für Julie Jackson war das kein
Hindernis. Mit ihrer telekinetischen Geisteskraft sprengte sie das Schloß. Es
gab ein hartes, metallisches Geräusch, und der Riegel brach ab, als hätte
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