SGK312 - Die 17 Kammern des Grauens
Marionette wurde, ohne es zu wissen. Das
alles sagte ich meinem Freund Dr. Franklin…«
Als der Name fiel, wandte Franklin
sich um.
»Ich wollte es nicht glauben, ich habe
mich bis zuletzt gesträubt«, sagte der Psychiater. »Aber dies heute nacht ist
der Beweis. In einem Zustand geistiger Umnachtung verabreichte Sioban Hampton ihrem Mann immer wieder starke Betäubungs-
und Schlafmittel. Auch heute abend, nach dem Mord an Kevin Thomas wieder.
Malcolm aber konnte die Medikamente heimlich beseitigen und tat nur so, als ob
er sie schluckte.
Sioban Hampton litt unter einer krankhaften
Veränderung ihrer Persönlichkeit, wobei noch nicht feststeht, ob dies dadurch
ausgelöst wurde, daß sie sich zu intensiv mit der Person und dem Leben Fitzpatricks befaßte oder durch die Anwesenheit der bösen
Kräfte, die Fitzpatrick über sein Ableben hinaus in
diesen Korridoren und Kammern nachwirken läßt, die durch Sioban Hampton zu einer erschreckenden akuten Macht und Gefahr wurden.«
Er unterbrach sich. Sioban Hampton begann sich wieder zu regen.
Sie schlug die Augen auf, ihre Lippen
bewegten sich. Eine Flut übelster Beschimpfungen im Dialekt des 16.
Jahrhunderts und mit der rauhen, männlichen Stimme kam aus ihrer Kehle. Dann
begann sie wieder zu toben.
Doch diesmal waren Larry Brent und Dr.
Franklin sofort zur Stelle und ließen sich auf kein Risiko mehr ein.
Beide Männer mußten Sioban festhalten, während Morna Ulbrandson ihr Fesseln
anlegte. Das verkehrt herum angezogene Jackett Larry Brents wurde als
Zwangsjacke umfunktioniert. Ein verknotetes Taschentuch wurde ihr in den Mund
geschoben, um ihre wilden Schreie zu ersticken.
»Eine Zeitlang waren die
Persönlichkeiten in ihr verwischt«, sagte Malcolm Hampton traurig. »Nun ist sie
ganz zu Fitzpatrick John Mahon geworden .«
Seit zehn Jahren waren Malcolm und Sioban miteinander verheiratet. Während eines
Klinikaufenthalts hatte er seine zukünftige Frau kennengelernt. Die beiden
verliebten sich ineinander. Sioban Hampton, angehende
Ärztin, gab ihr Studium auf, um ihre Rolle als Frau und Schloßherrin auf
Hampton-Castle zu übernehmen.
Malcolm Hampton war
querschnittgelähmt. Als Fünfzehnjähriger war er von einer Burgmauer gestürzt.
»Gestoßen worden«, präzisierte er.
»Mein Bruder war der Übeltäter. Ich sehe das Bild noch heute, nach über zwanzig
Jahren, ganz deutlich vor mir, vor allem die Augen meines Bruders. Sie waren
bernsteingelb, wie die Augen einer Raubkatze. In jenen Tagen hatte Fitzpatrick John Mahon einen
ersten Versuch unternommen, seine böse Kraft in den Leib eines Lebenden zu
senken und ihn als Werkzeug zu benutzen.
Mein Bruder war damals dreiundzwanzig.
Einige Wochen später war er tot. Man hat seine Leiche nie gefunden. Ich hege
den Verdacht, daß er den Weg in die Schatzkammer − und damit in das
Zentrum des Schreckens gefunden hat und dort blieb. Die Blutlache ließ der
böse, kontrollierende Geist Fitzpatricks entstehen,
mich ließ die Vermutung, daß Fitzpatricks Geist noch
immer in diesem Schloß weilte, nicht zur Ruhe kommen. Bei den Modernisierungsarbeiten
ließ ich keine Gelegenheit aus, verschüttete Zugänge, Korridore und Durchlässe
freilegen und in Ordnung bringen zu lassen. Und zwar so, daß ich sie jederzeit
mit dem Rollstuhl erreichen konnte. Deshalb auch der Lift in meinem
Schlafzimmer. Ich selbst spürte nie den Ruf Fitzpatricks .
Wahrscheinlich muß eine bestimmte geistige Aufnahmefähigkeit vorhanden sein, um
den Kräften zu verfallen, die in diesem unterirdischen Labyrinth nachwirken. Sioban , dies zarte, verletzbare Geschöpf war das Ziel, das
er anvisierte. Sie war der Wucht, die da auf sie zukam, nicht gewachsen. Mein
Verdacht wurde zum erstenmal bestätigt, als sie sich
entschloß, überall im Schloß Kopien eines Gemäldes aufhängen zu lassen, das Fitzpatrick , John Mahon Hamton darstellte. Es gibt über hundert dieser Kopien, und
Gäste haben mich oft wissen lassen, daß − wenn sie nachts erwachen
− die Augen in Fitzpatricks Gesicht unheimlich
glühen. Viele empfanden dies als gewollten Grusel-Gag. Doch die Wirklichkeit
sah anders aus. Ich wagte jedoch noch immer nicht, offen mit jemand zu
sprechen. Ich weihte auch meinen Freund Pat…« er blickte auf den Psychiater,
»erst sehr spät ein. Und selbst er wollte mir nicht glauben. In dieser Nacht,
nach dem Mord an Kevin Thomas, war noch mehr zu erwarten. Pat und ich nahmen
uns vor, uns in den Korridoren zu verbergen und Sioban zu beobachten. Heute
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