Shades of Grey - Gefährliche Liebe: Band 2 - Roman (German Edition)
wirkt sie jünger und trauriger. Beim Anblick ihres bekümmerten Gesichts überkommt mich tiefes Mitleid. Ich kneife die Augen zusammen und betrachte das Foto eingehend, versuche, Ähnlichkeiten zwischen uns auszumachen. Aber es gibt keine. Mit Ausnahme unserer Haare vielleicht, aber nach allem, was ich erkennen kann, sind ihre Haare etwas heller als meine. Ich sehe überhaupt nicht aus wie sie. Erleichterung durchströmt mich.
Mein Unterbewusstsein steht mit verschränkten Armen da und schnalzt missbilligend mit der Zunge. Wieso quälst du dich denn so? Du hast seinen Antrag angenommen. Du hast dir die Suppe selbst eingebrockt. Ich schürze die Lippen. Ja, das ist richtig. Und ich bin froh darüber. Ich wünsche mir, den Rest meines Lebens neben Christian aufzuwachen. Meine innere Göttin sitzt mit einem gelassenen Lächeln im Lotussitz auf ihrem Kissen. Ja. Ich habe die richtige Entscheidung getroffen.
Ich muss ihn suchen gehen. Bestimmt macht er sich schon Sorgen, wo ich abgeblieben bin. Ich habe keine Ahnung, wie lange ich hier in diesem Zimmer war. Er glaubt garantiert, ich hätte die Flucht ergriffen. Bei diesem Gedanken verdrehe ich die Augen. Christian und seine typische Art, alles zu dramatisieren. Ich hoffe bloß, er und Grace haben sich inzwischen ausgesprochen. Allein bei der Vorstellung, was sie ihm an den Kopf geworfen haben könnte, schaudert mir.
Auf der Treppe in den ersten Stock kommt mir Christian entgegen. Er wirkt erschöpft und angespannt – nicht der sorglose Christian, mit dem ich heute Abend hergekommen bin. Er bleibt auf der Stufe unterhalb von mir stehen, so dass sich unsere Gesichter auf derselben Höhe befinden.
»Hi«, sagt er vorsichtig.
»Hi«, erwidere ich ebenso verhalten.
»Ich habe mir Sorgen …«
»Ich weiß«, unterbreche ich. »Es tut mir leid. Ich konnte nicht einfach zu den Gästen zurückgehen, als wäre nichts geschehen. Ich brauchte ein bisschen Zeit für mich. Zum Nachdenken.« Ich hebe die Hand und streiche ihm über die Wange. Er schließt die Augen und schmiegt sich in meine Handfläche.
»Und du fandest, mein altes Zimmer sei genau der richtige Ort dafür?«
»Ja.«
Er zieht mich an sich. Bereitwillig lasse ich mich in seine Arme sinken, den schönsten Ort auf der ganzen Welt. Er riecht nach frisch gewaschener Wäsche, Duschgel und Christian – es gibt wohl keinen herrlicheren, erregenderen Duft. Er presst seine Nase in mein Haar.
»Es tut mir leid, dass du all das miterleben musstest.«
»Es ist nicht deine Schuld, Christian. Wieso war sie überhaupt hier?« Er sieht mich entschuldigend an.
»Sie ist eine Freundin der Familie.«
Ich bemühe mich um eine gelassene Miene. »Tja, jetzt wahrscheinlich nicht mehr. Wie geht es deiner Mutter?«
»Im Moment ist sie stocksauer auf mich. Ich bin heilfroh, dass du hier bist und wir Gäste haben. Sonst hätte wohl mein letztes Stündchen geschlagen.«
»So schlimm?«
Er nickt mit ernster Miene. Ich sehe ihm an, wie sehr die heftige Reaktion seiner Mutter ihn beschäftigt.
»Kannst du es ihr verdenken?«, frage ich mit beschwichtigender Stimme.
Er drückt mich fest an sich. »Nein«, sagt er nach einer Weile.
Wahnsinn. Ein echter Durchbruch! »Könnten wir uns vielleicht hinsetzen?«, frage ich.
»Klar. Hier?«
Ich nicke. Wir setzen uns auf die Stufen.
»Und wie geht es dir?«, frage ich besorgt und nehme seine Hand.
Er seufzt. »Ich fühle mich irgendwie befreit.« Er zuckt mit den Achseln, dann breitet sich ein Lächeln auf seinem Gesicht aus – das herrliche, unbesorgte Christian-Strahlen. Auf einen Schlag sind Erschöpfung und Anspannung verschwunden.
»Wirklich?« Ich strahle ihn an. Du liebe Güte. Für dieses Lächeln würde ich freiwillig über Glasscherben gehen.
»Unsere Geschäftsbeziehung ist beendet. Aus und vorbei.«
Ich sehe ihn mit gerunzelter Stirn an. »Du willst die Salons dichtmachen?«
Er schnaubt. »So nachtragend bin ich nun auch wieder nicht, Anastasia. Nein. Ich werde sie ihr schenken. Gleich am Montag werde ich alles mit meinem Anwalt besprechen. Das bin ich ihr schuldig.«
Ich hebe eine Braue. »Also keine Mrs. Robinson mehr?«
»Nein. Das ist Vergangenheit.«
Ich grinse.
»Es tut mir leid, dass du eine Freundin verloren hast.«
Wieder zuckt er mit den Achseln, dann grinst er mich an. »Ehrlich?«
»Nein«, gestehe ich und werde rot.
»Komm.« Er steht auf und streckt mir die Hand hin. »Lass uns wieder zu unseren Gästen gehen. Vielleicht betrinke ich mich heute
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