Shades of Grey - Geheimes Verlangen: Band 1 - Roman (German Edition)
Gedächtnis brennt. Die Vorstellung, dass ich ihn vielleicht nie wiedersehen werde, ist entsetzlich. Und zu schmerzlich, um länger darüber nachzudenken. Unvermittelt wendet er sich mir zu und sieht mich eindringlich an.
»Du ziehst doch am kommenden Wochenende nach Seattle. Wenn du die richtige Entscheidung triffst, kann ich dich dann am Sonntag sehen?«, fragt er zögerlich.
»Wir werden sehen. Vielleicht.«
Für einen kurzen Moment scheint er erleichtert zu sein, dann runzelt er die Stirn. »Es ist kühler geworden. Hast du keine Jacke dabei?«
»Nein.«
Er schüttelt ärgerlich den Kopf und zieht sein Jackett aus. »Hier. Ich will nicht, dass du dir eine Erkältung holst.«
Er hält mir die Jacke hin. Als ich hineinschlüpfe, muss ich an den Tag in seinem Büro denken, als er mir in die Jacke geholfen hat – an diesem Tag sind wir uns das erste Mal begegnet –, und an die Wirkung, die er auf mich hatte. Nichts daran hat sich geändert; im Gegenteil – sie hat sich sogar noch verstärkt. Sein Jackett ist warm und viel zu groß, und es riecht nach ihm …
Mein Wagen fährt vor. Christian bleibt der Mund offen stehen.
»Damit fährst du herum?« Er ist völlig schockiert. Der Hoteldiener steigt aus und reicht mir die Schlüssel, während Christian ihm beiläufig ein Trinkgeld in die Hand drückt.
»Ist diese Kiste überhaupt straßentauglich?«, fragt er mit finsterer Miene.
»Ja.«
»Und du schaffst es, damit nach Seattle zu fahren?«
»Ja. Wanda schafft das.«
»Ohne dass etwas passiert?«
»Ja«, schnauze ich ihn genervt an. »Okay, sie ist alt, aber sie gehört mir, und sie ist straßentauglich. Mein Stiefvater hat sie mir gekauft.«
»Oh, Anastasia, aber da finden wir bestimmt etwas Besseres.«
»Wie meinst du das?« In diesem Moment dämmert es mir. »O nein. Du wirst mir definitiv kein Auto kaufen.«
»Wir werden sehen«, presst er mit zusammengebissenen Zähnen hervor.
Er schneidet eine Grimasse, als er mir die Fahrertür aufhält. Ich ziehe mir die Schuhe aus und kurble das Fenster herunter.
»Fahr vorsichtig«, sagt er leise. Seine Miene ist undurchdringlich, seine Augen dunkel.
»Auf Wiedersehen, Christian.« Meine Stimme ist rau vor mühsam unterdrückten Tränen – o Gott, jetzt bloß nicht weinen . Ich ringe mir ein kurzes Lächeln ab.
Ich gebe Gas. Meine Brust zieht sich zusammen. Ich kann die Tränen nicht länger zurückhalten. Ein Schluchzen dringt aus meiner Kehle. Augenblicke später strömen mir die Tränen ungehindert übers Gesicht. Ich weiß überhaupt nicht, wieso ich weine. Ich habe mich doch gegen ihn behauptet. Er hat mir alles erklärt, klipp und klar. Er will mich. Aber die Wahrheit ist, dass mir das nicht genügt. Ich brauche mehr. Er muss mich genauso wollen wie ich ihn, und tief in meinem Innern weiß ich,
dass das unmöglich ist. Ich bin nur völlig überwältigt von der ganzen Situation.
Ich weiß ja noch nicht einmal, welche Bezeichnung ich ihm geben sollte. Wenn ich mich auf diese Sache einlasse … ist er dann mein fester Freund? Kann ich ihn meinen Eltern vorstellen? Mit ihm ausgehen, in Bars, ins Kino oder sogar zum Bowling? Ich glaube nicht, dass ich das tun werde. Er will nicht, dass ich ihn berühre, und er will nicht mit mir im selben Bett schlafen. Natürlich ist mir klar, dass ich all das bisher auch nicht hatte, aber zumindest für die Zukunft wünsche ich es mir. Und was er im Sinn hat, ist definitiv keine Zukunft.
Was passiert, wenn ich jetzt Ja sage und er in drei Monaten feststellt, dass er es leid ist, etwas aus mir machen zu wollen, was ich nicht bin? Was passiert dann mit mir? Dann habe ich drei Monate lang emotional in eine Beziehung investiert und mich zu Dingen überreden lassen, von denen ich nicht sicher bin, ob ich sie wirklich tun will. Wie sollte ich mit der Zurückweisung klarkommen, wenn er mich einfach abserviert? Womöglich ist es das Klügste, lieber gleich Schluss zu machen und die ganze Angelegenheit mit einem halbwegs unversehrten Selbstwertgefühl abzuhaken.
Aber die Vorstellung, ihn nie wiederzusehen, ist grauenhaft. Wie kann er mir in so kurzer Zeit so sehr ans Herz gewachsen sein? Am Sex allein kann es nicht liegen … oder etwa doch? Ich wische mir die Tränen ab. Ich will meine Gefühle für ihn gar nicht genauer hinterfragen – aus Angst, zu welchem Ergebnis ich gelange, wenn ich es mache. Was soll ich nur tun?
Ich stelle den Wagen vor dem Haus ab. Erleichtert stelle ich fest, dass alles stockdunkel
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