Shadow Falls Camp - Entführt in der Dämmerung: Band 3 (German Edition)
den richtigen Worten zu suchen. »Ich hab ihr von unserem Gespräch über den toten Vogel erzählt. Und von deiner Frage dazu.«
»Was hat sie gesagt?« Kylie lehnte sich etwas nach vorn in der Hoffnung, wenigstens eine Frage aus ihrer langen Fragenliste beantwortet zu bekommen.
»Sie hat gesagt, du sollst dir keine Sorgen machen. Wenn du den Vogel wirklich wieder zum Leben erweckt hast, hätte es dich nur einen ganz winzigen Teil deiner Seele gekostet.«
»Aber es hat mich etwas gekostet?«
»Wahrscheinlich.«
Kylie zögerte mit der Frage, aber sie musste es wissen, deshalb rückte sie einfach damit heraus: »Hat sie auch was gesagt, warum mich der Vogel verfolgen sollte?«
»Dich verfolgen?«
»Ja, er ist heute um mich herumgeflogen, aber da war ich noch nicht sicher, ob ich mich nicht geirrt hab. Aber dann ist er heute Nachmittag vor meinem Fenster aufgetaucht und hat an die Scheibe gepickt.«
Burnett riss erstaunt die Augen auf, setzte dann aber schnell wieder seine undurchschaubare Miene auf. »Bist du sicher, dass es derselbe Vogel war?«
»Nein, aber das wäre doch ein zu großer Zufall, meinst du nicht auch?«
»Vielleicht. Hat der Vogel irgendwie bedrohlich auf dich gewirkt? So wie der Adler oder der Hirsch?«
»Nein. Kein bisschen. Er war ganz friedlich und ruhig.«
»Das ist gut.« Er starrte auf seine Hände, als hätte er ihr noch etwas anderes zu sagen und wüsste nicht, wie. »Pass auf, wegen der Bibliothek …«
»Was ist damit?« Sie war plötzlich nervös.
»Ich will nicht, dass du denkst, ich hätte dich vorhin angelogen. Denn das hab ich nicht. Aber da ich für die FRU arbeite, darf ich dir eben nicht so viel sagen.«
»Also hast du mich doch angelogen?«, fragte sie.
»Nein.« Er presste angestrengt die Lippen aufeinander. »Ich hab dir so viel gesagt, wie ich konnte. Die Wahrheit ist, dass es dort einige Bücher gibt, die selbst ich nicht sehen darf.«
Ihr wurde plötzlich kalt. Es war die Art Kälte, die einen überkam, wenn man das Gefühl hatte, dass man gleich etwas sehr Wichtiges erfahren könnte. So etwas wie die Wahrheit über die eigene Identität.
»Es gibt dort Bücher über … andere wie mich, stimmt’s?«, fragte sie atemlos. »Andere, die nicht wissen, was sie sind.«
Er zögerte wieder und verknotete seine Finger fest ineinander. »Ich weiß auch nicht genau, was es dort alles gibt. Aber wenn es solche Bücher dort wirklich gäbe, bezweifle ich, dass ich die Erlaubnis für dich bekommen könnte, darin zu lesen.«
»Warum denn?«
»Die FRU betrachtet neunzig Prozent der Sammlung als geheim.«
Kylie spürte Wut in sich aufsteigen. »Was soll denn die Geheimnistuerei? Ich meine, der Schlüssel dazu, was ich bin, könnte in dieser Bibliothek sein. Und ihr wollt mich einfach nicht reinlassen – das ist so frustrierend. Das ist, als wolltet ihr mich absichtlich im Dunkeln lassen und mir meine Identität und meine Kräfte verheimlichen.«
»Wir wollen dich nicht im Dunkeln lassen. Der Schlüssel zu deiner Identität ist viel wahrscheinlicher ganz woanders zu finden – nämlich hier in der Welt, nicht in einer Bibliothek. Es gibt dort jede Menge Geheimakten, aber nichts, was wir absichtlich vor dir verstecken wollen.«
»Es fühlt sich aber verdammt danach an«, schmollte Kylie. »Bitte sag mir die Wahrheit. Weißt du, was ich bin?«
»Nein«, antwortete er, und ihr Bauchgefühl sagte ihr, dass er nicht log. »Sieh mal«, fuhr er fort. »Der einzige Grund, warum ich damit angefangen habe, ist, dass ich nicht wollte, dass du das Vertrauen zu mir verlierst. Du bist mir genauso ein Rätsel wie … na ja, wie du dir selbst.«
Kylie ließ sich im Stuhl zurückfallen – enttäuscht, dass er ihr nicht mehr sagen wollte oder konnte. »Na gut.«
Er nickte und schaute sich dann im Speisesaal um. »Glaubst du, wir könnten die anderen dazu bringen, Holiday nichts hiervon zu erzählen?«
Kylie sah an die verkohlte Decke, wo der Atem des Drachens und Clarks Feuerbälle ihre Spuren hinterlassen hatten. »Das könnte schwierig werden.«
Er runzelte die Stirn, als er die Decke und die Wände sah. »Wahrscheinlich hast du recht. Verdammt, ich wollte ihr beweisen, dass ich das hinbekomme, ohne Fehler zu machen.«
»Du hast ja keinen Fehler gemacht«, bemerkte Kylie. »Ende gut, alles gut. Immerhin ist niemand verletzt worden.«
Er seufzte schwer. »Ich hab mich in ein Känguru verwandeln lassen.«
Kylie konnte ein Kichern nicht unterdrücken. Dann lachte auch
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