Shadow Falls Camp - Erwacht im Morgengrauen: Band 2 (German Edition)
sehr ausgeprägt gewesen.
»Ja, alles okay.« Kylie biss sich innen auf die Backe, um nicht weinen zu müssen.
»Was ist passiert, Liebes?«
Ihre Augen füllten sich mit Tränen. »Nichts ist passiert.« Sie beobachtete Socke, der auf dem Kissen seine Position wechselte und sie hoffte inständig, dass er sie nicht ansprühen würde. Von ihrem Stinktier-Kater angestunken zu werden, fehlte ihr jetzt gerade noch. »Es war nur ein anstrengender Tag.«
»Was denn für ein anstrengender Tag? Willst du lieber wieder heimkommen? Du musst nur ein Wort sagen, und ich komme und hol dich ab.«
»Nein, Mom. Ich bin gern hier.« Kylie dachte daran, dass ihre Mutter ihr noch keine Einwilligung für den Besuch des Internats gegeben hatte. So lange sollte Kylie lieber nichts Negatives über Shadow Falls sagen. Sie musste ihre Mutter unbedingt dazu bringen, ja zu sagen – besonders wenn … wenn Kylie womöglich doch ein Werwolf sein sollte. Wie sollte man so etwas bloß einem menschlichen Elternteil erklären? »Es ist nur … ich habe heute einen Fehler gemacht und jemand, der mir viel bedeutete, ist jetzt ziemlich sauer auf mich.«
»Wir machen alle mal einen Fehler. Du musst dich nur entschuldigen.«
»Das habe ich schon gemacht.«
»Und die Person hat dir nicht verziehen? Ist sie immer noch böse auf dich?«, fragte ihre Mutter.
»Nicht wirklich böse. Aber ziemlich enttäuscht.« Kylie war voller Reue, als sie daran dachte, wie Holiday diese Worte zu ihr gesagt hatte. Kylie wusste, wie es sich anfühlte, von jemandem enttäuscht und verletzt zu werden, dem man vertraut hatte. Es war schlimmer, als auf jemanden böse zu sein. So wie bei ihrem Vater. Okay, sie war auf ihn sauer und sie war verletzt, aber es war das Gefühl, verletzt worden zu sein, das ihr das Herz brach. Sauer oder wütend zu sein konnte sich schon fast gut anfühlen, aber sich verletzt zu fühlen, hatte rein gar nichts Gutes an sich.
»Willst du mir erzählen, was passiert ist?«, fragte ihre Mutter.
»Nein. Ich meine, im Moment auf jeden Fall noch nicht.«
»Kylie, es klingt so, als versuchst du, das Richtige zu tun. Sei nicht so streng mit dir selbst. Das ist doch bestimmt keine große Sache.« Kylie musste fast über die Wortwahl ihrer Mutter lachen. Dasselbe hatte sie auch zu Miranda gesagt. Vielleicht war sie ihrer Mutter doch ähnlicher als sie dachte.
»Ich hab dich lieb, Mom«, sagte Kylie, ohne nachzudenken.
»Oh, Liebes«, sagte ihre Mutter und klang jetzt selbst so, als müsste sie jeden Moment losheulen. »Ich hab dich auch lieb. Kann ich denn irgendwas für dich tun? Ich komm vorbei und mach denen die Hölle heiß, wenn es sein muss.«
Eine Träne rollte Kylie die Wange hinunter. »Du würdest denen die Hölle heißmachen?«
»Aber in null Komma nix.«
Kylie kicherte und schniefte gleichzeitig.
»Bist du bereit für ein anderes Thema? Etwas Lustiges?« Ihre Mutter klang aufgeregt. »Deshalb rufe ich auch an.«
»Ja.« Kylie wischte sich über die Augen. Positive Nachrichten konnte sie jetzt gut gebrauchen.
»Du wirst nie erraten, wofür ich uns angemeldet habe, an dem Freitag, wenn du zurückkommst.«
»Für was?« Kylie fiel auf, dass sie gar keine Panik mehr davor hatte, nach Hause zu fahren. Sie stellte es sich schön vor, etwas Zeit mit ihrer Mutter zu verbringen und hoffentlich etwas Abstand zu ihren Problemen im Camp zu bekommen.
»Du hast mich neulich auf die Idee gebracht.«
»Auf welche denn?« Kylie wurde langsam von der Aufregung ihrer Mutter angesteckt.
»Eine Geisterjagd. Weißt du noch, wie du gesagt hast, am Wasserfall bei euch würde es spuken?«
»Eine Geisterjagd?« Kylie konnte es nicht fassen.
»Es ist ein Dinner in einer alten Pension, in der es spuken soll. Danach findet eine Führung durch das Geisterhaus statt. Ist das nicht total cool?«
Kylie ließ sich ins Kissen zurückfallen. Jetzt war ihr wirklich nach Heulen zumute. »Ja, total …« überhaupt nicht »… cool.«
Eine halbe Stunde nachdem sie aufgelegt hatten, war Kylie immer noch hellwach und versuchte es gerade mit Schäfchen zählen. Als Schaf Nummer einhundert einen Satz über ihr Bett machte, drifteten Kylies Gedanken ab.
Was er fühlt, ist nicht wichtig. Ich habe dir das nicht anvertraut, damit du es einfach weitererzählst , hatte Holiday gesagt.
Es tut mir leid. Wirklich, hatte Kylie geantwortet. Und ich weiß, es war falsch, aber ich glaube … ich meine, es ist fast so, als würdest du zulassen, dass die Sache mit deinem
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