Shadow Falls Camp - Erwählt in tiefster Nacht: Band 5 (German Edition)
war zu spät, die erste Träne tropfte bereits von ihren Wimpern auf ihre Wange.
Schnell wischte sie sie fort. Sie konnte nur stoßweise atmen. Wieso tat es weh, zu atmen?
Du bist meine Seelenverwandte, Kylie Galen.
Seine Worte gingen ihr nicht mehr aus dem Sinn. Sie musste sich eingestehen, dass sie am liebsten zu ihm rennen würde und ihn dazu bringen wollte, diese Worte immer und immer wieder zu sagen. Solange, bis der Schmerz in ihrer Brust versiegte. Bis sie ihn wieder anschauen konnte, ohne daran denken zu müssen, wie es sich angefühlt hatte, als er sich einer anderen versprochen hatte. Doch sie konnte es nicht. Sie konnte nicht zu ihm gehen, denn der Schmerz würde nicht einfach verschwinden.
Nicht jetzt.
Vielleicht niemals.
Sie konnte es nicht sagen.
Er hielt inne, und sie sah denselben Schmerz, den sie fühlte, auch in seinen Augen. Es war schwer, das zu sehen. Aber war es nicht seine Schuld? Wieso sollte sie sich schuldig fühlen, dass es ihm jetzt schlechtging?
»Es tut mir leid, dass ich dir so wehgetan habe«, fuhr Lucas fort. »Und so sauer du auch gerade auf mich sein magst – ich bin auf jeden Fall noch wütender auf mich selbst. Ich hab dir das angetan. Uns das angetan. Ich hab die wichtigste Person in meinem Leben verletzt. Wenn dir das jemand anderes angetan hätte, würde ich ihm das Herz rausreißen.«
Er verstummte und sah sie an. Die Stille im Zimmer dehnte sich aus.
»Ich werde jetzt wohl besser gehen«, meinte er schließlich, und sie konnte sich nicht erinnern, ihn jemals so niedergeschlagen erlebt zu haben. So verloren. »Ich hab dir alles gesagt, was ich dir sagen wollte. Du solltest wissen, dass ich dir alle Zeit gebe, die du brauchst, um mir zu vergeben. Aber mir nicht zu vergeben, ist keine Option. Denn ich liebe dich.«
Sie machte ihm Platz, und er verließ das Zimmer. Kylie taumelte zum Bett. Setzte sich hin. Streifte ihre Schuhe ab. »Miez, miez?«, lockte sie, weil sie das Bedürfnis hatte, etwas im Arm zu halten. Doch Socke kam nicht raus. Ihr kleiner Kater konnte Werwölfe wirklich nicht leiden. Und sie stimmte ihm da gerade voll und ganz zu.
Sie zog die Beine an und umarmte ihre Knie, so fest, dass es schmerzte.
Dann wartete sie.
Darauf, dass die Tränen fließen würden.
Darauf, dass der Druck auf ihrem Herzen nachlassen würde. Doch die Tränen kamen nicht. Der Druck blieb.
Sie schloss die Augen und biss sich auf die Lippe. Warum konnte sie jetzt nicht weinen? War sie emotional zu erschöpft?
Und zu verwirrt?
Ja, sie war verdammt verwirrt.
Wie konnte Lucas plötzlich alles einsehen und seine Fehler einräumen? Wieso war ihm das nicht früher eingefallen? Wie hatte er da vor allen Werwölfen stehen können und der anderen seine Seele versprechen, wenn er doch Kylie liebte?
Doch warum sollte er lügen? Warum sollte er herkommen und ihr die ganzen Sachen sagen, wenn sie nicht wahr waren?
Kylie saß eine Weile still in ihrem dunklen Zimmer. Sie fühlte sich allein. Einsam.
Da hatte sie einen verrückten, leicht kindischen Gedanken:
Ich will zu meiner Mama.
Aber ihre Mama war nicht hier. Nicht in Shadow Falls. Nicht einmal im Land. Ihre Mom war in England und vögelte mit einem Kerl, den Kylie nicht ausstehen konnte.
Aber anrufen konnte Kylie sie trotzdem. Vielleicht würde sie damit sogar John die Tour vermasseln, sollte der gerade dabei sein, ihre Mutter zu verführen. Das war noch ein zusätzlicher Anreiz, ihre Mom anzurufen. Sie wollte John unbedingt wissen lassen, dass ihre Mutter nicht allein auf der Welt war.
Sie griff in ihre Tasche und stöhnte im selben Moment genervt auf. Sie hatte ihr Handy bei ihrem Großvater liegen lassen.
»Verdammt«, fluchte Kylie leise. Während sie sich noch furchtbar über sich selbst ärgerte, wanderten ihre Gedanken zu Jenny. Sie sollte mit Hayden sprechen. Und ihr fiel ein, was Jenny über die Ältesten erzählt hatte. Wurden die jungen Chamäleons wirklich gezwungen, in einer isolierten Welt zu leben? Das schien ihr nicht richtig zu sein.
Plötzlich hatte sie das dringende Bedürfnis, Hayden Yates zu sehen. Er würde ihr die Fragen beantworten können. Vielleicht konnte er ihr sogar bestätigen, dass ihr Großvater mit all dem nichts zu tun hatte. Kylie sprang auf und sauste aus ihrem Zimmer. Kurz bevor sie bei der Haustür angekommen war, fiel ihr etwas ein, und sie blieb abrupt stehen. Oh, na toll! Sie sollte doch beschattet werden.
Burnett würde so durchdrehen, wenn er wüsste, dass Kylie nachts allein
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