Shadow Guard: Die dunkelste Nacht (German Edition)
Augenbrauen hoch.
Selene wurde rot. Offensichtlich hatte sie die Intensität des Moments falsch gedeutet. Er flirtete nicht mit ihr oder versuchte, höfliche Konversation zu machen. Er wollte lediglich, dass sie sein Zimmer verließ. »Ganz und gar nicht. Ich bin müde und glaube, dass ich mich hinlegen werde.«
Er nickte.
Sie näherte sich der Tür.
Er veränderte seine Haltung, trat aber nicht beiseite, um ihr Platz zu machen.
Selene zögerte, als würde der Schritt durch die schmale Öffnung ihn ihr nahebringen. Zu nahe. Ihr Puls hämmerte.
Lächerlich. Sie war eine unsterbliche Frau mit jahrhundertelanger Erfahrung, kein scheues naives Mädchen. Warum also fühlte sie sich wie eines?
»Dann wünsche ich Ihnen noch einen schönen Nachmittag.« Sie schob sich an ihm vorbei. Ihre Röcke streiften mit einem leisen Rascheln seine Beine. Ein Zittern durchlief ihre Schultern und ihren Rücken, eines, das durch die bloße Nähe zu ihm verursacht wurde.
Sie mied seinen Blick und senkte den Kopf, damit er ihre brennenden Wangen nicht sah. Sie würde schnell an ihm vorbeigehen und …
Seine Hand um ihre Taille hielt sie auf.
Sie schaute ihm nicht ins Gesicht. Stattdessen starrte sie nach unten, wo seine Hand besitzergreifend auf der blauen Seide ihres Mieders lag. Das Herz schlug ihr bis zum Hals, und sie öffnete den Mund, um Luft zu holen.
Langsam … zielstrebig … ließ sich seine Hand auf ihrem Schenkel nieder und sandte Hitze und Druck durch ihr Mieder.
Immer noch vorsichtig, ob sie ihm vertrauen konnte, blieb sie stehen, schloss die Augen und legte den Kopf in den Nacken, bis sie den Holzrahmen der Tür am Hinterkopf spürte. Sie legte die Hände hinter dem Rücken über ihrer Tournüre ineinander …
Sie sollte ihm Einhalt gebieten.
Indem sie seine Berührung gestattete, ließ sie ihm die Oberhand und offenbarte eine gefährliche Schwäche, die gegen sie verwendet werden konnte.
Er berührte ihr Gesicht, strich mit den Fingerspitzen über ihre Wange und ihr Kinn.
Ihr Bauchgefühl siegte über die Vorsicht. Außerstande zu widerstehen, schmiegte sie sich in seine Hand. Er strich ihr mit dem Daumen über die Unterlippe, als trachte er danach, sich ihre Züge durch Berührung einzuprägen. Begehren durchlief ihre Adern wie Quecksilber, floss Arme und Rücken entlang – ein urtümliches Gefühl, das sie gleichzeitig benommen und heiß machte. Ihre Kleider fühlten sich schwer an, als seien sie aus Stein und vollkommen lächerlich.
»Selene.« Das Flüstern wurde zu einem Brummen. Sein Schatten fiel über sie …
Er krallte die Hände in den Kragen ihres Mieders. Dann zog er sie an sich und presste seinen Mund auf ihren. Als sie sich auf die Zehenspitzen stellte und seinen Kuss erwiderte, schien sich der Flur um sie zu drehen. Sie griff nach seinem Oberarm und genoss die stählernen Muskeln unter seinem losen Leinenhemd. Wortlos presste sie die Beine an ihre wispernden Röcke, und sie kämpften sich näher aneinander heran.
Er presste ihr den Mund auf die Lippen, während der ihre ebenso fiebrig nach mehr verlangte, mehr von ihm wollte. Sein Rücken stieß gegen die gegenüberliegende Wand und hielt ihre Bewegung auf, aber weder der Kuss, noch ihr leidenschaftliches Gerangel kamen zu einem Ende. Er stöhnte und drückte ihren Mund mit seinen Daumen weiter auf. Mit der Zunge stieß er in seine Tiefen vor, füllte ihre Lungen und ihren Mund mit seinem drängenden Atem.
Dann umklammerte er mit beiden Händen ihre Taille, ließ sie über ihren in dem Korsett steckenden Brustkorb wandern, bis zu ihren Schultern, wo er mit den Daumen über die nackte Haut ihres Schlüsselbeins fuhr. Seine Berührung quälte und reizte sie auf eine Weise, die sie gleichzeitig schaudern und reglos verharren ließ.
Hör nicht auf. Bitte, hör nicht auf.
Er hob die Hände und umfasste ihr Gesicht fest.
Selene zog ihn näher heran, schlang ihre Arme unter seinen hindurch und packte seine muskulösen Schultern.
Perfekt.
Sie
passte
zu ihm und er zu ihr.
Doch dann kämpfte er sich mit einer Neigung seiner Schultern frei und fesselte ihre Handgelenke mit seinen Händen.
Die Bewegung, wenn auch nicht zornig, war fest und entschieden.
Er keuchte. »Ich habe mich darauf verlassen, dass Sie … Nein sagen würden.«
Die grünen Augen grimmig und brennend, drehte er sich um und ging die Treppe hinunter, wobei er sich mit der Hand durchs Haar fuhr. Seine Stiefel klapperten auf den Steinen. Eine Tür wurde geöffnet, dann
Weitere Kostenlose Bücher