Shadow Guard: Die dunkelste Nacht (German Edition)
Himmel fällt.«
Aber er war es, der schön war, mit einer Adlernase, breiten Wangenknochen und relativ langem, zerzaustem Haar – wie aus einem Gemälde von Michelangelo entsprungen. Als sie immer noch nicht antwortete, erstarb das Lächeln auf seinen Lippen. »Ist wirklich alles in Ordnung mit Ihnen?«
»Ich glaube ja«, murmelte sie, obwohl sich alle ihre Glieder gründlich durchgeschüttelt anfühlten. Wirklich, wie schafften es Sterbliche, auch nur einen Tag zu überleben?
Er war umwerfend, hochgewachsen und sein Haar schimmerte golden; es war, als sei Achilles entdeckt worden und wieder zum Leben erweckt. Doch Achilles war ein arrogantes und anmaßendes Scheusal gewesen. Der Herr, der sich über sie beugte, verströmte eine aufrichtige Liebenswürdigkeit.
»Ich nehme an, ich sollte mich vorstellen. Ich bin Donovan Silverwest. Ich glaube, wir beide sind Nachbarn. Sie sind die Gräfin Pawlenko, wenn ich recht vermute?«
Selene nickte. »Die bin ich.«
»Meine Schwester hat Sie mit den schmeichelhaftesten Ausdrücken beschrieben, und ich sehe, sie hat nicht übertrieben.« Er lächelte verhalten. Es klang charmant, aber gleichzeitig etwas wölfisch. »Obwohl sie es versäumt hat, all die Blätter zu erwähnen, die Sie in Ihrem Haar tragen.«
Er beugte sich vor und zog eines heraus.
Selene lächelte und wischte sich Erde von der Schulter. Sie war dankbar dafür, dass ihre Wunde nicht wieder aufgerissen war.
Er fuhr fort: »Ich fühle mich ein klein wenig schuldig, dass ich Ihren Besitz betreten habe, ohne zuvor um Erlaubnis zu bitten. Nennen Sie mich einen Eindringling, wenn Sie wollen, aber jetzt bin ich froh, dass ich es getan habe. Was, wenn niemand Sie gefunden hätte? Ich würde mich erbieten, Sie zu einem Arzt zu geleiten, aber ich glaube nicht, dass es im Dorf einen gibt. Sind Sie in der Lage aufzustehen? Was meinen Sie?«
»Ja.« Sie nickte und ließ sich von ihm am Ellbogen hochziehen …
Als ein heißer Schmerz ihren Fuß und ihren Knöchel durchzuckte, schnappte sie nach Luft – er war viel stärker als der, den sie verspürt hatte, nachdem sie umgeknickt war. Sie krallte beide Hände in seinen Arm.
»Oh, wieder runter.« Er ließ sie erneut auf den Boden herab, sodass sie inmitten ihrer bauschigen Röcke saß.
Noch einmal hockte er sich neben sie. »Welcher?«
»Der da«, flüsterte sie, durch ihre Unbeholfenheit und den Anschein von Zerbrechlichkeit mehr gedemütigt, als er jemals verstehen würde. Sie zeigte auf ihren linken Knöchel.
»Darf ich?« Seine Hände hielten über ihrem Lederschuh inne.
»Sie dürfen.«
Sanft schob er ihren Rock hoch, sodass der Saum direkt über ihren Knöcheln lag, die in grün gestreiften Strümpfen steckten.
»Sehen Sie selbst und vergleichen den einen mit dem anderen. Ich fürchte, es liegt bereits eine beträchtliche Schwellung vor.« Er blickte auf, als wollte er erneut ihre Erlaubnis einholen, dann schnürte er das glänzende, grüne Band an ihrem Spann auf und schob …
Sie biss sich vor Schmerz auf die Unterlippe.
… den Schuh von ihrem Fuß. Dann hielt er ihn zwischen ihnen hoch und grinste über den hohen, schmalen Absatz. »Hier ist ein Teil des Problems. Was haben Sie sich dabei gedacht, hier in Stadtschuhen herumzulaufen?«
Sie zog die Augenbrauen hoch. »Diese und andere derselben Art sind alles, was ich habe.«
»Sie
sind
hübsch.« Er lächelte und stellte den Schuh neben ihnen ins Gras. »Hübsch und durch und durch unpraktisch. Genau wie Frauenkleidung sein sollte.«
»Ich stimme Ihnen von ganzem Herzen zu.«
Er betrachtete ihren bestrumpften Fuß. »Und dieser Fuß ist ebenfalls sehr hübsch, wenn ich das sagen darf.«
Kühn.
Aber sie mochte ihn.
Aus der Nähe war er noch attraktiver – die Art von Attraktivität, die Frauen dazu brachte, den Verstand zu verlieren und unvorsichtige Entscheidungen zu treffen.
»Verzeihen Sie die Störung«, erklang eine Stimme über ihnen, die Worte abgehackt und mürrisch. Rourke stand in der Mitte des Pfads, die Lippen unwillig verzogen.
»Einer Ihrer Brüder?«, erkundigte sich Mr Silverwest leise. Vertraulich. Nur zwischen ihnen beiden.
Sie nickte. »Es ist Avenage.«
Mr Silverwest stand auf. Selenes Herzschlag beschleunigte sich von dem Eindruck, ein so außerordentliches männliches Exemplar das andere begutachten und begrüßen zu sehen.
»Lord Avenage, ich bin Mr Silverwest, Ihr neuer Nachbar auf dem Besitz Astley. Ihre Schwester ist, fürchte ich, gestürzt und hat sich den
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