Shadow Guard: Wenn die Nacht beginnt (German Edition)
machen.«
Sie drehte den Knauf und verschwand in die blaue Dunkelheit, nachdem sie die Tür hinter sich geschlossen hatte.
Sofort verschwand das Lächeln von seinen Lippen.
Der hereinströmende Schwall der Nachtluft trug eine kräftige Spur mit sich, stinkend und widerwärtig.
Er riss die Tür auf. Er konnte noch immer ihre Schritte hören.
Leeson duckte sich und schickte sich an, von der Bank zu springen. Die Dolche in seiner Weste glänzten. »Ich spüre ihn ebenfalls.«
»Bleiben Sie.« Archer hob die Hand. »Sie müssen Elena eventuell schnell von hier fortbringen.«
Archer folgte dem Weg, den sie die Treppe hinauf genommen hatte. Er erhaschte einen Blick auf ihren dunklen Mantel, als sie ins Krankenhaus trat.
In der kleinen Eingangshalle schwatzten zwei müde wirkende Krankenschwestern und kicherten auf einer Bank. Hier war Jacks Spur stärker.
Er war hier, im Hospital.
Jeder Muskel in Archers Körper spannte sich an in Vorbereitung auf den Kampf. Sein Blick fokussierte sich auf die Halle, in die Elena verschwunden war. Er würde sie finden und mit Leeson wegschicken, bevor er mit der Jagd begann.
Plötzlich lenkte ihn etwas ab. Die Aufmerksamkeit mehrerer Sterblicher konzentrierte sich auf ihn, und ihre Gedanken wandten sich ihm zu. Hinter ihm öffnete sich knarrend die Tür.
Da ist er.
Gott, er ist ein großer Herr.
Er schloss ahnungsvoll die Augen …
Eine Hand presste sich auf seinen Unterarm.
»Verzeihen Sie, Sir«, erklang eine Stimme. »Ist das Ihre Stadtkutsche, die draußen am Straßenrand wartet?«
»Ja«, antwortete Archer, beobachtete die Halle und betete, dass Elena wieder auftauchen möge.
»Dann sind Sie Lord Black.«
»Der bin ich.«
Der Mann trat vor ihn hin. Er war gute fünfzehn Zentimeter kleiner als Archer, und sein Schnurrbart hing ihm seitlich übers Kinn, wo er sich mit den Koteletten traf. Er zog seinen Mantel auseinander, um eine Dienstmarke aus Messing zu enthüllen, die an seinem Hosenträger befestigt war.
»Inspektor ersten Rangs Abberline von der Hauptstädtischen Polizei, Sir, Innenministerium. Ich fürchte, Euer Gnaden, dass Sie uns zum Verhör werden begleiten müssen.«
16
Drei weitere Beamte näherten sich, und zwei von ihnen beugten sich zu ihm, um seine Arme oberhalb der Ellbogen zu fassen. Die Krankenschwestern, die mit großen Augen tuschelten, eilten den Flur entlang.
Er hätte die Männer leicht abschütteln können, aber er konnte es sich nicht leisten, Aufmerksamkeit auf sich oder seine übernatürlichen Kräfte zu ziehen. Nicht vor so vielen Zeugen. Schattenwächter – und im Übrigen alle Amaranthiner – durften ihre außerordentlichen Kräfte keinem sterblichen Publikum offenbaren. Eine solche Zurschaustellung würde nur unerwünschte Aufmerksamkeit erregen und irgendwann zur Entdeckung des Inneren Reichs führen.
»Was hat das zu bedeuten?«, fragte Archer.
Abberlines Blick offenbarte Wertschätzung für Archers verhältnismäßige Höflichkeit. Er sprach leise und diskret. »Man hat Sie eines Verbrechens bezichtigt, Euer Gnaden.«
Die Nachricht hatte sich verbreitet. Patienten und Hospitalangestellte strömten in den Raum. Sie sprachen mit gedämpfter Stimme, und ihre Augen waren groß vor Staunen darüber, dass sie vielleicht die Verhaftung des Rippers miterlebten.
Der Ripper war hier, verflucht, hier irgendwo.
Archer schluckte hörbar und versuchte, sein rasendes Herz zu beruhigen. Nie zuvor hatte er diese Angst verspürt. Angst, jemanden zu verlieren. Angst, wieder allein zu sein. Gott, Elena – wo war sie?
Die Spur des Rippers waberte um ihn herum, beinahe herausfordernd. Der Drang, sich in ein Raubtier zu verwandeln, überkam ihn mit großer Macht.
Die Polizei und alle, die sich versammelt hatten, würden ihn für einen Wahnsinnigen halten, wenn er anfing, raubtierhafte Züge anzunehmen. Wenn er nicht aufpasste, würde er nicht nur eingekerkert, sondern nach Bedlam gebracht werden. Er musste vernünftig bleiben.
Er betrachtete Abberline. »Jemand hat Sie falsch informiert.«
Wer war dieser Jemand? Und woher hatte er gewusst, dass er die Polizei zum Hospital schicken musste, damit sie ihm dort auflauerte?
»Jetzt beruhigen Sie sich, Euer Gnaden«, sagte Abberline mit ruhiger Stimme. »Das mag die Wahrheit sein, und wir können das in unserem Bericht klären, wenn Sie mit uns kommen und Ihre Aussage machen. Außerdem werden wir ein oder zwei Zeugen brauchen.«
Archer antwortete durch zusammengebissene Zähne: »Sie müssen
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