Shadow Guard: Wenn die Nacht beginnt (German Edition)
drin?«, fragte sie.
Er las mit leiser Stimme vor. »Es scheint, dass ich wie Sie … eine Vorliebe für hübsche Mädchen entwickele.« Er faltete den Brief zusammen. »Da steht noch mehr abscheuliches Zeug. Ich werde das nicht in Ms Whitneys Gegenwart laut vorlesen.«
Alles Blut wich aus Elenas Gesicht, und sie setzte sich hastig auf einen Stuhl in der Nähe. »Er hat mich wieder bedroht, nicht wahr?«
Genau in diesem Moment sah sie einen Schatten im Augenwinkel. Und dann noch einen.
Dr. Harcourt ging an ihr vorbei und trat vor Archer hin. »Euer Lordschaft, Ms Whitney ist weiterhin in Gefahr. Beschützen Sie sie, ich flehe Sie an. Tun Sie, was Sie tun müssen, damit sie sicher ist. Mein Gott, bringen Sie sie aus der Stadt fort, wenn es sein muss. Was mich betrifft, ich muss unverzüglich zum Tatort zurückkehren.«
Mit diesen Worten nahm der Arzt seinen Hut vom Stuhl und verließ den Raum.
Ein langer, stummer Augenblick verstrich.
Elena flüsterte: »Sie sind hier, nicht wahr?«
Archer nickte.
Selene und Mark verwandelten sich aus den Schatten in ihre menschlichen Gestalten.
»Also haben Sie die jüngsten Neuigkeiten aus dem East End gehört.« Mark ging vor dem Feuer auf und ab.
»Er hat das Mädchen getötet«, flüsterte Elena, »während ich unten in dieser Grube war.«
Selene warf ihren Mantel über die Rückenlehne des frei gewordenen Stuhls. Dann sah sie Archer an und tobte: »Er hat Ihre Geliebte nicht nur gegen Sie benutzt, Archer, sondern gegen uns alle. Als Ablenkung.«
Elena sprang von ihrem Stuhl hoch. »Erzähl ihnen von dem Brief, Archer. Er will mich, und sei es auch nur, um euch andere zu bekommen. Also lasst ihn mich haben. Benutzt mich als Köder und lockt ihn heraus.«
»Ich werde dich nicht in Gefahr bringen.«
Sie kam näher und legte eine Hand auf seinen Arm. »Du würdest nicht zulassen, dass er mir wehtut, das weiß ich. Ich vertraue dir voll und ganz.«
»Elena«, sagte er leise. »Ich muss dich bitten, uns jetzt zu verlassen. Ich muss mit Mark und Selene allein sprechen.«
Elena versteifte sich. Sie nickte; ihr Plan war offensichtlich abgelehnt worden. Sie wollte bei ihm bleiben, wollte in alles einbezogen werden, ganz gleich, wie gefährlich der Ausgang sein mochte.
Aber sie konnte nicht vergessen, was er war und was sie nicht war.
Archer schaute Elena nach. An der Tür hielt sie inne.
Ich liebe dich.
Ihre Schultern strafften sich, aber sie drehte sich nicht um. Stattdessen zog sie die hohe Holztür hinter sich zu.
Braves Mädchen.
Er richtete seine volle Aufmerksamkeit auf die Zwillinge, die auf ihn warteten. »Die Welle hat uns erreicht. Jack ist ein Brotos geworden.«
Mark verschränkte die Arme vor der Brust. »Dann holen wir ihn uns, wir drei zusammen. Wir sollten uns nicht wieder trennen.«
Selene griff nach ihrem Mantel.
Archer schüttelte langsam den Kopf. »Die Sache ist aus dem Ruder gelaufen. Dieser Brotos hat uns zum Narren gehalten, während wir uns bemüht haben, unsere Orientierung zu finden. Ich werde keine weiteren Risiken eingehen.«
Mark fragte: »Was sagen Sie da?«
Friede breitete sich in Archer aus und beruhigte seinen Herzschlag. Er war bereit. Zufrieden. Er hatte sein unsterbliches Leben so lange gelebt, wie er wollte. Er konnte diese Erde nicht mit Elena teilen, wenn er wusste, dass jeder Augenblick sie dem Tod näherbrachte, einem Ort, an den er ihr wegen seines unsterblichen Geists nicht folgen konnte.
Der Mantel entglitt Selenes Händen. »Sie werden transzendieren.«
»Ja.« Archer schaute Mark in die Augen. »Und nachdem ich Jack eliminiert habe, werden Sie, Mark, mich töten.«
Elena lag auf ihrem Bett und starrte zur Decke empor, während sie versuchte, die Ungeheuerlichkeit all dessen, was sie an diesem Tag gesehen, gehört und erfahren hatte, zu begreifen. Sie schloss die Augen.
Es war zu viel. Sie konnte nicht begreifen, wie all das überhaupt möglich war. Sie presste die Fäuste auf die Stirn und versuchte, die Hoffnungslosigkeit abzuwehren.
»Er wird sich opfern, wissen Sie. Für Sie.«
Sie schnappte nach Luft und richtete sich auf. Mark saß auf dem Fenstersitz, die langen Beine ausgestreckt.
»Er wird transzendieren, um den Ripper zu erschlagen.«
»Ich dachte, transzendieren sei etwas, das nur verkommene Seelen tun können.«
»Schattenwächter können Transzendenz als eine Art Strategie benutzen, aber nur als letztes Mittel, um unseren Feind zu besiegen. Zu transzendieren ist das größte Opfer, das ein
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