Shadow Guard: Wenn die Nacht beginnt (German Edition)
Sie?«
Elena erinnerte sich an die Tür, die ihr vor der Nase zugeschlagen worden war. Sie konnte das Echo des Knalls praktisch im Geiste hören. »Ich habe nicht das Gefühl, dass er nach einer Ehefrau Ausschau hält.«
»Unsinn«, kicherte Mrs Hazelgreaves. »Die schwierigsten Fänge sind die dankbarsten.«
Elena blieb noch ein Weilchen bei Mrs Hazelgreaves sitzen. Obwohl ihre Gefährtin an keinem seelischen oder körperlichen Ungemach zu leiden schien, würde sie Dr. Harcourt eine Nachricht schicken und ihn bitten, einen Besuch zu machen. Sie musste ohnehin mit dem Doktor sprechen, um ihm zu versichern, dass sie so bald wie möglich zu ihrer Arbeit im Hospital zurückkehren würde.
Als die Dame einzunicken begann, deckte Elena sie sorgfältig zu und schlüpfte zur Tür hinaus.
»Ms Whitney!«
Elena zuckte zusammen. Mr Leeson kam vom Ende des Flurs herbeigerauscht.
»Ich bin selbst aufgehalten worden«, sagte er. »Kommen Sie jetzt, meine Liebe.« Er ergriff ihre Hand und legte sie auf seinen Arm. »Lassen Sie uns zum Frühstück nach unten gehen.«
11
Archer knöpfte seinen Gehrock zu, dann eilte er die vorderen Stufen von Black House hinunter. Sein Aufenthalt hatte sich auf ein schnelles Mahl, ein Bad und den Wechsel seiner Kleider beschränkt. Er hatte sich nicht einmal die Zeit genommen, seine Korrespondenz zu lesen, da Leeson ihm versichert hatte, dass keine weiteren Briefe vom Ripper gekommen waren.
Archer duckte sich unter das schwarze Verdeck seiner Victoria-Kutsche und setzte sich auf die Lederbank. Er hatte die vergangenen vier Tage in der Stadt verbracht, die polizeilichen Ermittlungen verfolgt und eine Vielzahl von Briefen geprüft, deren Absender alle behaupteten, der Ripper zu sein. Nur wenige hatten sich als authentisch erwiesen. Wenn er nicht bei Scotland Yard gewesen war, hatte sich Archer in die vielen unterirdischen Tunnel unter den Straßen und der Themse begeben und nach irgendeiner Spur dieser schwer fassbaren Seele gesucht. Er hatte genau das gefunden. Die Spuren des Rippers – verblasste Spuren, die nach überall und nirgendwo führten.
Alles – angefangen von der Fähigkeit des Mörders, sich jenseits von Archers Wahrnehmung zu bewegen, bis hin zu seiner ständigen Verhöhnung der Polizei – deutete darauf hin, dass diese Seele in einem so extremen Maße transzendiert war, wie es die Schattenwächter noch nie erlebt hatten.
Tantalos.
Alles, was er in dem Pensionszimmer in der Thrawl Street entdeckt hatte, warf ein anderes Licht auf die Dinge. Vielleicht hatte der Ripper seinen Grad der Transzendenz ohne irgendjemandes Schuld oder Zutun erreicht, weder von Mark noch von ihm selbst. Vielleicht war der Ripper wirklich ganz einzigartig.
Verflucht, aber sein Blut floss angesichts dieser neuen und nie da gewesenen Herausforderung schneller. Für jemanden, der von Anbeginn der Zeit existiert hatte, gab es nicht besonders oft etwas Neues. In der Folge war der dunkle Kitzel von Gefahr zu etwas geworden, das er ersehnte, aber kaum jemals erlebte. Hätte der Ripper nicht Elena ins Spiel gebracht, hätte Archer die Sache tatsächlich genießen können.
Aus dem Augenwinkel sah er, wie jemand die Treppe hinunterrannte: Elena, voll bekleidet mit Hut und Tasche für einen Ausflug. Sein Magen krampfte sich zusammen. Er hatte sie seit jener Nacht in seinen Räumen nicht mehr gesehen, und ein einziger Blick auf sie erinnerte ihn an alles, was sie für ihn unwiderstehlich machte.
»Warten Sie«, rief sie dem Diener zu, der näher getreten war, um die Tür zu schließen.
Sie huschte hinauf, und ein kurzes Pling erklang bei jedem ihrer Schritte auf den Metallstufen. Sie raffte ihre Röcke, als sie sich in die Kutsche schwang, zog sie anmutig um ihre Beine und setzte sich neben ihn.
Leeson kam aus dem Haus gerannt, anscheinend völlig aufgelöst. Angesichts des Umstands, dass Archer für heute die Victoria-Kutsche gewählt hatte, war kein Platz für einen weiteren Fahrgast.
»Was haben Sie vor?«, fragte Archer kühl.
»Ich begleite Sie.« Ihr schwarzes, üppig plissiertes und mit glänzenden Bändern versehenes Häubchen beschattete kunstvoll ihr Gesicht, bis auf ihre ernsten Lippen.
»Sie wissen nicht einmal, wohin ich fahre.«
Als er Elena in der Kutsche erspähte, ließ Leeson die Arme hängen. Er wirkte unendlich erleichtert.
»Ich fürchte, ich habe Mr Leeson ausgebremst. Das Britische Museum. Wunderbar! Ich war noch nie dort.« In ihre volle, leise Stimme mischte sich ein leicht
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