Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Shadow Guard: Wenn die Nacht beginnt (German Edition)

Shadow Guard: Wenn die Nacht beginnt (German Edition)

Titel: Shadow Guard: Wenn die Nacht beginnt (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kim Lenox
Vom Netzwerk:
gefunden – zumindest in den ersten Stunden, während sich Archers Kräfte auf die schwer fassbare Spur seiner Beute und das Wirrwarr der Gefühle in der Stadt einstimmten.
    Hier war die Spur des Rippers abgepuffert durch Lärm von allen Seiten. Es gab Stockwerke voller rasch wechselnder Mieter und dem Wust von Emotionen, die sie aussandten.
    Er ging zum Schreibtisch. Darauf lag eine rostige Schere ohne Spuren. Wenn Jack sie benutzt hatte, hatte er Handschuhe getragen. Archer zog am Griff der einzigen Schublade, aber das Holz war aufgequollen, und sie klemmte. Mühelos riss er die Schublade auf und stellte fest, dass sie mit Zeitungen vollgestopft war. Genauer gesagt, mit Zeitungsschlagzeilen, jede sorgfältig ausgeschnitten.
    Er hob einige an. Sie handelten von den Morden an Mary Ann »Polly« Nichols und Annie Chapman. Die Untersuchungen. Verdächtige. Falsche Verhaftungen. Er wühlte tiefer und hielt inne.
    Es fanden sich Schlagzeilen über Naturkatastrophen: die Überflutung in China im Jahr 1887; Nordamerikas großer weißer Hurrikan im März. Es gab auch Schlagzeilen über andere Verbrechen, gelöste und ungelöste, überall auf der Welt – Namen und Orte, die Archer vertraut waren. Nein, er hatte nicht selbst jede dieser Seelen gejagt, aber andere Schattenwächter hatten es getan.
    Er stieß einen Fluch aus.
    Dann erreichte er den Boden der Schublade und fand Tausende Schnipsel Zeitungspapier, einzelne Buchstaben von Überschriften. Sie bedeckten ein darunter verstecktes, in Leder gebundenes Notizbuch. Hier war so viel Feuchtigkeit, als sei Regenwasser von den offenen Fenstern in die Schublade gelaufen.
    Er strich die durchweichten Fitzelchen ab, so gut er konnte, und legte das Journal auf den Schreibtisch. Die Seiten waren gewellt und verklebt, und der grüne Ledereinband färbte ab. Archer schlug das Buch an einer willkürlichen Stelle in der Mitte auf und glättete die Seiten.
    Da waren Worte, größtenteils unleserlich wegen der Feuchtigkeit, und einige karikaturartige Zeichnungen. Er kniff die Augen zusammen und versuchte, etwas zu erkennen.
    Nachdem er ein weiteres Paar Seiten voneinander gelöst hatte, gefror sein unsterbliches Blut.
    Dort sah er eine Zeichnung von einem Mann und daneben die Worte: »Alexander« und »Schatten«. Auf einer anderen Seite war etwas gezeichnet, das ein … Vulkan zu sein schien.
    Uralte Erinnerungen wirbelten aus den dunklen Tiefen seines Geists hervor. Seine Haut kribbelte vor Unbehagen. Er schloss das Notizbuch und steckte es in seine Manteltasche. Dann schob er die Schublade zu und starrte auf die dunkle Straße, während er versuchte, dem Gesehenen einen Sinn abzuringen.
    Ein plötzlicher Windstoß fegte durch den Raum. Hinter ihm raschelte etwas. Er hatte das Gefühl, als wäre ein abgebrochener Fingernagel sein Rückgrat hinuntergeglitten. Er drehte sich um. An der Wand über der Tür stand, mit großen, schwarzen Lettern und geformt aus Hunderten und Aberhunderten von Zeitungsschnipseln, das Wort: TANTALOS.
    Elena erwachte mit einem unbehaglichen Gefühl früh am Montagmorgen. Lange Zeit lag sie im Bett und starrte ihre Schwesterntracht an, die sorgfältig gereinigt und geplättet war und an dem Messinghaken hing, wo sie sie am Abend zuvor aufgehängt hatte.
    Vor ihrem Besuch in Lord Blacks Zimmer.
    Sie presste das Gesicht in ihr Kissen und stöhnte.
    Die nächste Stunde verbrachte sie auf ihrem Fenstersitz, voll bekleidet, während sie auf die Seiten von Grays Anatomie schaute, bevor sie sich selbst eingestand, dass sie kein einziges Wort las. Ein bestimmtes Bild schob sich immer wieder vor ihr geistiges Auge – das von Lord Blacks erschütterter Miene, als er sie in den Flur hinausgeschoben und ihr die Tür vor der Nase zugeschlagen hatte.
    Aber es war kindisch, hier zu sitzen, versteckt in ihrem Zimmer. Sie war eine erwachsene Frau, und sie hatte nichts falsch gemacht, nur weil sie auf die Leidenschaft eines Mannes reagiert hatte, den sie wahnsinnig attraktiv fand – selbst wenn er ihr Vormund war. Sie erwartete nichts von ihm. Sie wollte keine Ehe und keine Versprechungen.
    Für gewöhnlich hätte inzwischen Mary Alice an ihre Tür geklopft und ihr mitgeteilt, dass Mrs Hazelgreaves zum Frühstück nach unten gegangen war. An diesem Morgen hatte es kein solches Klopfen gegeben, aber andererseits hatte niemand das Gespräch zwischen ihr und Lord Black am Abend zuvor mitbekommen, in dem er darauf bestanden hatte, dass sie Whitechapel und das London Hospital

Weitere Kostenlose Bücher