Shadow Guard: Wenn die Nacht beginnt (German Edition)
für die nächsten Tage meiden solle.
Sie legte das Buch weg und verließ ihr Zimmer.
»Ms Whitney!«
Elena schnappte erschrocken nach Luft. Mr Leeson kam aus der Dunkelheit auf sie zugeeilt. Hatte er auf dem Stuhl am gegenüberliegenden Ende des Flurs gesessen?
»Guten Morgen, meine Liebe«, sagte er wohlwollend. »Gehen Sie zum Frühstück nach unten? Ich werde Sie dorthin begleiten.«
»Danke, Mr Leeson.« Sie hatte Mr Leeson seit seiner Ankunft mit Lord Black nicht kennenlernen können. Seine Augenbinde und der gezwirbelte Schnurrbart verliehen ihm ein recht extravagantes Aussehen, aber er schien ein sehr angenehmer Mensch zu sein.
An der Haupttreppe polierten Mary Alice und Lizzy das Geländer.
»Guten Morgen, die Damen, können Sie mir sagen, ob Mrs Hazelgreaves zum Frühstück nach unten gegangen ist?«
Mary Alice hielt inne, den Lappen in der Hand. »Ich habe vorhin nach ihr gesehen, Ms, und obwohl alles in Ordnung zu sein schien, soweit ich das feststellen konnte, wollte sie meine Hilfe beim Ankleiden nicht. Sie schien nicht ganz auf der Höhe zu sein.«
Elena hielt Mr Leeson am Ärmel fest. »Mr Leeson, ich werde gleich unten sein. Ich würde gern Mrs Hazelgreaves einen Besuch abstatten.«
»In Ordnung.« Er lächelte, und sein eines Auge war von winzigen Fältchen umgeben.
Elena ging zu Mrs Hazelgreaves Zimmer, und glücklicherweise sah sie keine Schlangen, die sich an den Fußleisten des Flures entlangschlängelten. Sie betete, dass Xerxes und seine Gefährten glücklich und gemütlich zusammengerollt in ihren kleinen Körben in den Räumen der Gräfin lagen.
Sie klopfte und hörte eine leise Antwort von der anderen Seite der Tür. Mrs Hazelgreaves lag auf einem rosafarbenen Sofa, die Füße in Pantoffeln auf einem rosa und weiß gestreiften Kissen.
»Guten Morgen, Mrs Hazelgreaves. Mary Alice sagte mir, dass Sie sich nicht wohlfühlen. Sie sind weder gestern Abend zum Essen heruntergekommen, noch heute Morgen zum Frühstück.«
Mrs Hazelgreaves lächelte matt. »Mir geht es gut, Liebes. Mir geht es gut.«
Aber Mrs Hazelgreaves sah nicht gut aus. Obwohl sie einen eleganten Morgenrock trug, waren die Knöpfe nicht richtig zugeknöpft. Ihr stets perfektes Haar war vollkommen zerzaust. Graue Locken standen in alle Richtungen ab, eine hing über ihrem linken Auge. Sie versuchte um die Locke herumzuspähen, aber mit jeder Drehung ihres Kopfs fiel sie ihr erneut in die Stirn und nahm ihr die Sicht.
»Ich glaube wirklich, dass ich noch eine Brille brauchen werde«, murmelte sie verdrossen. »Man stelle sich nur vor, das nach all den Jahren, die ich ohne ausgekommen bin.«
»Wie viele Gläschen Stärkungsmittel haben Sie heute schon getrunken?« Elena war sich niemals sicher gewesen, was die Stärkungsmittel enthielten, aber das Benehmen der Dame machte sie argwöhnisch.
Die ältere Frau zog die Schultern hoch und runzelte die Stirn. »Nicht mehr als gewöhnlich.«
»Sind Sie sicher?« Elena suchte die Tischflächen ab und wagte es sogar, den langen Bettüberhang anzuheben, aber sie fand nirgendwo versteckte Flaschen.
Mrs Hazelgreaves schien nicht gekränkt zu sein durch Elenas Untersuchung. Stattdessen wurde sie weich wie geschmolzene Butter. »Wirklich, ich bin nur müde.«
Sie wollte bei der Suche nicht zusehen und wandte sich von Elena ab, um aus dem Fenster zu schauen.
Ein kleiner Vogel hockte auf dem Sims draußen und spähte herein.
Sie gähnte diskret und berührte mit den Fingerspitzen ihren Mund. »Könnten Sie morgen zurückkommen, Liebes? Ich bin mir sicher, dass mir dann mehr nach Reden zumute sein wird.«
»Möchten Sie nicht zum Frühstück herunterkommen? Vielleicht nur etwas getoastetes Brot und Kakao?«
Mrs Hazelgreaves verzog das Gesicht. »Das klingt wenig verlockend.« Sie drehte den Kopf weg und legte sich die Hände über die Augen. »Ich nehme an, ich habe einfach keinen Hunger.«
Elena fragte sich, ob Lord Black etwas mit Mrs Hazelgreaves plötzlicher Krankheit zu tun hatte. »Haben Sie seit gestern einmal mit Seiner Gnaden gesprochen?«
»Ah, Seine Lordschaft«, Mrs Hazelgreaves seufzte und rollte sich wieder auf die andere Seite, um Elena anzusehen. Sie schenkte ihr ein Lächeln unter der widerspenstigen Locke hervor. »Ein wunderbarer Mann. So gut aussehend. So reich. Ziehen Sie vielleicht eine Verbindung mit ihm in Erwägung?«
Elena blinzelte. »Wie bitte, was haben Sie gesagt?«
»Lord Black. Er würde einen göttlichen Ehemann abgeben. Warum nicht für
Weitere Kostenlose Bücher