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Shadow Touch

Titel: Shadow Touch Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Marjorie M. Liu
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überstanden hatten und bevorstehende erleben würden, dazu mehr Gefahr, mehr Schmerz, und weil sie trotzdem zusammen waren. Elena konnte sich keinen Ort vorstellen, an dem sie lieber wäre. Sie hatte schon immer eher zur Beständigkeit geneigt. Obwohl sie von ihrer Mutter im Stich gelassen worden war, hatten die Liebe und das Mitgefühl ihres Großvaters dies ausgeglichen. Sie litt nicht unter alten Verletzungen, weil Menschen sie verlassen hatten.
    »Ich ... bin passiert«, erwiderte er, als sie schon glaubte, dass er gar nicht mehr antworten würde. Diesmal wandte Artur den Blick ab. Elena drängte sich an ihn, suchte seine Augen, und er wehrte sich nicht.
    »Artur«, flüsterte sie.
    »Elena ...«Er unterbrach sich schmerzerfüllt. »Als ich für die Mafia gearbeitet habe, musste ich viele widerliche Dinge tun. Ich habe es getan, weil das immer noch besser war, als auf der Straße zu leben. Ohne Geld und Zuhause zu sein ist überall schwer, und in Moskau ist es noch schlimmer. Da gibt es keine Sicherheitsnetze, keine Hilfe. Alles, was man hat, muss man sich erkämpfen, bis zur Würdelosigkeit und zum Verlust seines Stolzes. Wenn Moskau mit dir fertig ist, Elena, dann hast du keinen Stolz mehr. Aber ich habe mich hochgearbeitet. Zuerst war ich Laufbursche für reiche Männer, später für deren Bosse, die noch wohlhabender waren. Schließlich war ich kein Laufbursche mehr, sondern fing an, eine Waffe zu tragen.«
    Er schwieg. »Du hast diese Waffe benutzt«, sagte Elena.
    »Ja. Sehr oft sogar. Manchmal, um mich zu verteidigen, aber häufig auch nicht. Meine Gabe half mir oft, Ärger zu vermeiden, bevor es zu Gewalttätigkeiten kam, aber nicht immer. Nicht genug. Dann kam der Tag, an dem die nächste Kugel einfach zu viel war, als ich nicht mehr in den Spiegel blicken konnte, o hn e zu denken, dass ich vielleicht auch sterben würde. Also beschloss ich auszusteigen. Was meinem Boss überhaupt nicht gefiel. Vermutlich dachte er, ich würde zur Polizei laufen oder so einen Unsinn. So dumm wäre ich aber nie gewesen. Ich wollte nur raus. Ich hätte im Stahlwerk oder in den Kohlenminen gearbeitet, wenn ich nur nicht das hätte weitermachen müssen, was ich gerade tat. Ich war so naiv.« Er atmete hörbar aus und schloss die Augen. »Sie haben Tatyanas Beine mit Prügeln zertrümmert. Ihr sämtliche Knochen gebrochen. Sie war eine Ballerina, Elena. Der kommende Star vom Kirow-Ensemble. Sie liebte den Tanz mehr als alles andere auf der Welt, und das habe ich ihr genommen. Ich habe es ihr genommen.«
    »Oh, Artur.« Elena war entsetzt. »Du konntest doch nicht ahnen ...«
    »Doch, das konnte ich.« Er betrachtete seine Hand. »Es wäre nur eine Berührung nötig gewesen. Aber ich hatte damit aufgehört. Ich hatte es so satt, diese Dunkelheit in meinem Kopf zu fühlen. Nur eine kleine Pause, dachte ich. Keine Überprüfung, wie tief das Wasser ist. Und du siehst ja, was passiert ist, oder? Ich hätte mich doch nie mit ihr einlassen dürfen. Mein Job, die Umstände ... es war alles viel zu unsicher.«
    »Das Herz will, was das Herz begehrt«, erwiderte Elena leise.
    »Das ist keine Entschuldigung dafür, jemand anders in Gefahr zu bringen. Ich habe mir geschworen, mich nie wieder in eine Frau zu verlieben, niemals mehr dasselbe Risiko einzugehen ... und jetzt sieh mich an. Ich kann einfach nicht anders. Ich bin ein Idiot!«
    Elena nahm ihm seine Worte nicht übel. »Willst du damit sagen, dass du mich liebst?«
    Der Schmerz in seinem Blick verschwand nicht. »Und wenn es so wäre?«
    »Nichts«, antwortete sie, aber ihr Lächeln nahm dem Wort seine Schärfe. Seine Lippen zuckten.
    »Einfach nur nichts?«
    »Na ja, vielleicht ein bisschen. Ein kleines bisschen.«
    »Damit kann ich leben.« Er küsste sie; sein Mund war so süß, so tröstend, geradezu einlullend. Elena war noch nie so lange und mit einer so zärtlichen Leidenschaft geküsst worden. Mit der Konzentration eines Mannes, der nichts anderes wollte, als ihre Lippen mit den seinen zu berühren, immer und i mm er wieder. Seine Berührung entspannte sie bis zur Besinnungslosigkeit: bis sie sich nicht mehr rühren konnte. Sie klammerte sich einfach an seine Schultern und gab sich dem Vergnügen hin. Schließlich hob er den Kopf, und Elena seufzte.
    »Du bist müde«, stellte er fest.
    »Ich habe nicht viel Schlaf bekommen, seit ich in dieser Einrichtung aufgewacht bin«, gab sie zu. Ob er ihr indirekt zu verstehen geben wollte, dass sie nichts getan hatte, um ihn zu

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