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Shadow Touch

Titel: Shadow Touch Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Marjorie M. Liu
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der nicht nur ihr eigener Schmerz war. Sie verließ den Speisewagen und sah nicht zurück, obwohl sie es gern getan hätte.
    Allerdings dauerte ihre Einsamkeit nicht lange. Kaum fünfzehn Minuten, nachdem sie in ihr Abteil zurückgekehrt war und dabei Zugbegleiterin Gogunov hatte aus dem Weg gehen müssen, die sie ansah, als wäre sie eine von Arturs »verdächtigen Personen«, klopfte Artur an die Tür des Abteils und steckte den Kopf herein.
    »Darf ich reinkommen?«, fragte er. Elena brachte es nicht über sich, nein zu sagen. Eigentlich freute sie sich sogar eher, ihn zu sehen. Es bedeutete ihr etwas, dass ihm so viel an ihr lag, um zu ihr zu kommen und zu reden, dass er ihr zwar Zeit für sich selbst gegeben hatte, aber nicht genug, dass sie in Selbstmitleid versinken konnte. Er war wirklich ein guter Freund.
    Sie lag auf dem Bett und starrte an die Decke. Artur setzte sich auf sein Bett und stützte die Ellbogen auf die Knie. Er hatte seine Handschuhe angelegt. Eine Weile sprachen sie nicht. Elena entspannte sich und lauschte auf seine Atemzüge. Schließlich drehte sie den Kopf und sah ihn an. Er saß da und beobachtete sie.
    »Ich will sie nicht umbringen«, erklärte sie ruhig. »Ich will nur nicht, dass jemand anders zu Schaden kommt, nur weil wir eine Gelegenheit versäumen, diese Angelegenheit schnell zu beenden.«
    »Ich will nicht wiederholen, warum dein Plan meiner Meinung nach scheitern wird. Ich bin fest von dem überzeugt, was ich gesagt habe, aber selbst wenn nicht: Ich würde nicht zulassen, dass du so etwas tust.«
    »Weil es gefährlich ist?«
    »Ja. Und weil verlorene Unschuld nie wiedergewonnen werden kann.«
    »So unschuldig bin ich nicht.«
    »Doch, das bist du, Elena. Und das ist auch nichts Schlechtes. Sag mir eines: Wenn du das tätest, würdest du dir jemals wieder Zutrauen, jemanden zu heilen? Würdest du dasselbe Vertrauen in deine Gabe behalten, wenn du wüsstest, dass du sie für einen vorsätzlichen Mord benutzt hast?«
    »Es wäre Notwehr«, wandte sie ein.
    »Charles Darling war Notwehr. Beatrix Weave wäre ein ... Offensivschlag.«
    Elena rollte sich zu ihm herum. »Jetzt übertreibst du, Artur. Ich will nur helfen.«
    »Du hilfst bereits«, behauptete er.
    »Inwiefern? Von uns allen bist du der Einzige, der sich in diesem Land zurechtfindet. Selbst Amiri und Rik fühlen sich nutzlos. Ich sehe es in ihren Augen.«
    »Elena«, setzte er an, aber sie schnitt ihm das Wort ab.
    »Ich bin eine Kämpferin, Artur. Nur nicht ... eine solche Art Kämpferin. Ganz gleich, wie gern ich es wäre: Ich bin keine Amazonenprinzessin. Doch das heißt noch nicht, ich wäre hilflos. Ich kann dir den Rücken freihalten. Ich kann trotzdem ... meinen Teil beitragen.«
    Artur stand auf und legte sich neben sie auf ihr Bett. Er blickte auf sie herunter, und seine Miene war so liebevoll, so verzweifelt, dass sie die Hände am liebsten vor das Gesicht gelegt und geweint hätte. Verloren, ein Verlierer - Artur war es vielleicht nicht klar, aber allein dieser Ausdruck auf seinem Gesicht hatte ihren Streit soeben beendet.
    »Das hat nichts damit zu tun, dass du deinen Beitrag leistest«, erklärte er. »Und es ist auch keine Schande, sich in diesem Teil der Welt nicht auszukennen.«
    »Vielleicht nicht. Aber ich habe das Gefühl, du würdest alles auf deine Schultern laden. Jede Mühe und Härte.«
    »Es gehört, wie man so sagt, zum Job.«
    »Ha!«
    »Ja, ich weiß. Aber es stimmt. Seit ich zwölf Jahre alt war, habe ich fast jeden Tag etwas getan, das mich das Leben hätte kosten können. Ich konnte dem noch nie entfliehen. Ich bin nicht mal sicher, ob ich weiß, wie das geht. Ich bin ein Überlebenskünstler, Elena. Davon verstehe ich etwas. Wofür ich bezahlt werde, dient jetzt einfach nur dem Nutzen anderer.«
    »Du hilfst Menschen«, sagte sie. »Mit deiner Detektivagentur. Ich glaube, du würdest das auch unentgeltlich tun.«
    »Es macht mir jedenfalls Spaß«, räumte er ein.
    »Es gibt dir einen Sinn.«
    »Familie«, setzte er hinzu. »Freunde, vor denen ich mich nicht verstecken muss.«
    »Klingt nett«, sagte sie sehnsüchtig.
    Ein Ausdruck von Unsicherheit flog über Arturs Gesicht. Das war merkwürdig, so deplatziert bei diesem sonst so zuversichtlichen Mann.
    »Du könntest mit mir kommen«, sagte er schließlich leise. »Wenn das hier vorbei ist. Ich bin überzeugt, es gibt für dich einen Platz in der Agentur.«
    »Wo ich gegen das Verbrechen kämpfe?«
    »Oder das tust, was du am liebsten

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