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Shadow Touch

Titel: Shadow Touch Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Marjorie M. Liu
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Herz, das unter ihrem Willen so zerbrechlich gewesen war. Ob sie ihn auch töten konnte, ohne ihn anzufassen? Sie würde es nicht versuchen. So weit war sie noch nicht. Aber vielleicht schon bald.
    »Sind Sie allein?«, erkundigte sich Elena.
    »Ich hatte Gefährten«, erwiderte er. »Bis Wladiwostok, doch dann hat es mich gejuckt.« Er sah Artur an. »Sie erinnern sich noch daran, wie es für mich ist, stimmt’s?«
    »Ich hoffe, Sie haben es schnell getan«, antwortete er.
    »Mehr Zeit hatte ich leider nicht. Sie sind gut, Mister Loginov. Überraschend gut. Es kommt selten vor, dass mir jemand durch die Lappen geht.«
    »Sie hätten sich nicht zeigen sollen.«
    »Ich konnte nicht anders.« Sein Lächeln verstärkte sich. »Elena ist eine so wundervolle Versuchung. Sie verführt jeden Mann dazu, glänzen zu wollen.«
    Rik gab ein ersticktes Knurren von sich. Elena wünschte, er würde in den Zug einsteigen. Sie hörte, wie die Maschine in der Lok grollend zum Leben erwachte. Der Bahnsteig hatte sich fast vollkommen geleert, und die wenigen verbliebenen Passagiere stiegen auch hastig ein. Elena hörte, wie eine Frau aus einem offenen Fenster schrie. Es war Zugbegleiterin Gogunov, die Artur etwas zurief.
    »Sie sollten wohl besser einsteigen«, riet Charles den Männern. »Sie wollen Ihren Zug doch nicht verpassen.«
    Aus den Augenwinkeln sah Elena ein goldenes Glühen; Amiris Hände waren das, deren Haut sich in dem Licht in geflecktes Fell verwandelte. Klauen schoben sich durch seine Fingernägel. Charles bemerkte es ebenfalls.
    »Oh, miau«, sagte er.
    Amiri griff an. Er war schneller, schneller als irgendein Lebewesen, das Elena je gesehen hatte, ein Leopard, der sich wie ein Mann bewegte, während die drahtige, schlanke Kraft wie Sonnenschein durch seine Muskeln strömte. Trotz seiner Geschwindigkeit konnte er nur einen guten Hieb landen. Seine Klauen zogen eine blutige Spur über Charles Darlings Brust. Dem nächsten Hieb wich Charles aus und schlug mit der Handkante gegen Amiris Flanke. Der Gestaltwandler knurrte, hielt jedoch nicht inne.
    »Lauft!«, rief er ihnen zu. »Geht zum Zug zurück!«
    Keiner achtete auf ihn. Rik sprang von den Stufen herunter. Charles versetzte ihm einen heftigen Schlag ins Gesicht, der ihn zu Boden schleuderte. Artur reagierte ebenfalls - und bekam einen Tritt in den Unterleib.
    Charles wirbelte zu Amiri herum. Elena stürmte vor und schlug ihm die Hand auf den Nacken. Sie schickte ihre Macht in seinen Körper, durchbrach seine Barrieren und suchte sein Herz. Sie fand es nicht, sondern sah sich dort stattdessen einem Wurm gegenüber.
    Er gehört mir, hörte Elena in ihrem Kopf. So wie du mir auch gehören wirst.
    Niemals. Im nächsten Augenblick wurde sie von Charles fortgerissen, mental und auch physisch, während Artur sie hochhob und einfach in den Zug bugsierte. Zugbegleiterin
    Gogunov schrie immer noch. Sie klang wie außer sich. Rik konnte kaum stehen; Artur nahm sein Hemd und seine Hose und wuchtete ihn kurzerhand durch die Tür. Der Rossiya setzte sich in Bewegung. Amiri kämpfte nach wie vor gegen Charles Darling, der jetzt eine funkelnde Klinge in der Hand hielt. Elena sah, dass dem Gestaltwandler das Blut über das Gesicht lief.
    »Amiri!«, rief Artur. Er stürzte sich auf Charles Darling, der mit seinem langen Arm zustieß. Elena hörte, wie Kleidung zerfetzte - Haut. Artur fasste sich an den Bauch und sank auf ein Knie. Elena schrie auf und versuchte nun, aus dem Zug zu springen. Rik hielt sie fest. Sie wehrte sich gegen ihn, kämpfte geradezu gegen ihn an.
    Männer in Polizeiuniformen stürmten aus dem Bahnhof. Der Zug wurde schneller.
    »Elena!«, schrie Charles und hob das Messer. Die Klinge war rot.
    Amiri nutzte die Gelegenheit und packte Artur. Er warf sich den größeren Mann einfach über die Schulter und rannte, rannte so schnell, dass Elena sofort gewusst hätte, dass er kein Mensch sein konnte, selbst wenn sie nicht Zeugin gewesen wäre, wie er seine Gestalt wandelte. Menschen rannten nicht so schnell, dass ihre Umrisse verschwammen, zu pumpenden Muskeln und schwingenden Gliedmaßen. Sie rannten nicht mit dem Wind um die Wette.
    Im letzten Augenblick erwischte Amiri den Haltegriff neben der Zugtür und schwang sich mit Artur die Stufen hoch in den Rossiya hinein. Artur sackte von der Schulter des Gestaltwandlers herunter und brach auf Elena zusammen. Sein Gesicht war blass, leichenblass, und die Stirn von kaltem Schweiß bedeckt. Die Hände waren

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