Shadow Touch
Konferenz als eine Möglichkeit, den Feind zu studieren.«
»Man kann sie nicht studieren«, antwortete Artur. »Vorher muss sie getötet werden. Danach könnt ihr sie studieren, wenn ihr wollt. Das ist die einzige sichere Methode, wie man mit Beatrix Weave umgehen darf.«
Nikolai lehnte sich an die Wand und faltete seine Hände über dem runden Bauch. Das Kerzenlicht ließ sein Gesicht weicher erscheinen, bis es fast großväterlich aussah. Wie das eines geduldigen Mannes. Eines leisen Mannes.
»Und welche Absichten hast du bei dieser Sache?«, wollte Nikolai wissen. »Warum interessiert es dich, was mit der Person passiert, die dein Leben zerstört hat?«
»Weil die anderen dich respektieren. Weil sie auf dich hören werden, wenn du ihnen sagst, dass sie nicht zu dieser Konferenz gehen sollen.«
»Es ist nur ein Treffen, Artur. Wir heiraten die Frau ja nicht.«
»Das macht keinen Unterschied. Kannst du dir vorstellen, dass alle Syndikate Russlands in einer Hand vereinigt sind? In ihrer Hand? Ich kann es, Nikolai, und es macht mir Angst.«
»Der arme verlorene Sohn«, murmelte Nikolai. »Wir sind jetzt erwachsene Männer. Man kann uns nicht einfach so kontrollieren. Niemand kann uns überreden, unsere Macht aufzugeben und in die Hände einer Frau zu legen, ganz gleich, was sie uns versprochen hat. Was schon ziemlich viel ist, muss ich dir sagen.«
Artur schüttelte den Kopf. »Es ist sinnlos. Du glaubst mir nicht.«
»Ich glaube schon, dass es wichtig genug ist, da du dein Leben riskierst, um mit mir zu sprechen, aber werde ich dir überhaupt zuhören und nicht meinen eigenen Augen und Ohren trauen? Nein, Artur. Das ... du verlangst zu viel.«
Artur wusste nicht, was er noch sagen konnte, ohne sich selbst oder seine Freunde in Gefahr zu bringen. Er streckte die Hand aus. »Dann gehe ich. Danke, dass du mich empfangen hast.«
Nikolai zögerte. »Gott weiß, dass ich dir das schulde.«
Es war merkwürdig, solche Worte aus Nikolais Mund zu hören. So etwas würde er doch niemals sagen. Aber es war schon zu spät. Nikolais Hand berührte diejenige Arturs, und er fühlte die Gedanken des Mannes, schlüpfrig und gefährlich, wie ein schwarzer, sich windender Wurm ...
Er konnte sich nicht aus dem Griff befreien. Nikolais Hand schien aus Eisen zu sein, unerbittlich, und er hörte eine Stimme in seinem Kopf, eine flüsternde Stimme: Ich wusste, dass du zurückkehren würdest, Artur. Ich wusste, dass ich dich hier finden würde.
»Mr. Loginov.« Artur blickte über die Schulter. Eine bekannte Gestalt stand in der offenen Tür, ein wandelndes Skelett, bleich und hochgewachsen. Miss Graves. Nikolais Leibwächter starrten sie und ihren Boss kläglich unentschlossen an. Sie waren ohne Zweifel ebenso schockiert wie Artur. Zu ihrem Pech waren sie auch ebenso entbehrlich.
Graves war schnell. Der Schalldämpfer ihrer Pistole hustete zweimal kurz, und die beiden Männer brachen tot zusammen.
»Unkontrollierbare Zeugen sind so schrecklich lästig«, sagte sie, während sie in die Kapelle schlenderte. Ihre Waffe blieb auf Artur gerichtet, während sie die Hand ausstreckte und Nikolais Kopf tätschelte. »Braver Junge. Sie waren wirklich ein ausgezeichnetes Schoßhündchen.«
Nikolais Miene verzerrte sich vor Wut, aber er ließ Artur nicht los. Er hatte keine Wahl. Hinter dem Wurm sah Artur die Geschichte: ein intimes Treffen, sehr extravagant, Verführung, zunächst mit Geld, dann mit dem Versprechen, sich an einem zerbrechlichen Körper vergehen zu können, der vollkommen hilflos war. Beatrix Weave, L’Araignee, hatte ihr Netz mit diesem ersten Kuss zugezogen. Sie hatte Nikolai Petrovona fest in ihren schwarzen Kokon eingewickelt und einen Faden bis in sein Hirn gesponnen. Jetzt war er gefangen, wie ein Zombie. Nikolai wusste nicht, was Beatrix Weave war, aber er wollte ihren Tod und nannte jeden Mann, der ebenso empfand, seinen Bruder, seinen Sohn, seinen Freund.
Nikolai war sogar der entscheidende Grund dafür, dass das Treffen überhaupt stattfand. Nikolai, gefangen in dem Netz, hatte die anderen überzeugt, dass man Beatrix Weave vertrauen konnte, dass sie etwas Interessantes anzubieten hatte. In Wahrheit hatte sie gar nichts. Alles, was sie versprochen hatte, Träume, die auf die Habgier der Männer zielten, war gelogen. Beatrix würde den Bossen ihren Verstand rauben, so wie sie sich Nikolais angenommen hatte, und sie in bloße Schoßhündchen verwandeln. Sie würde sie dazu bringen, den Mond anzuheulen oder
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