Shadow Touch
Ihnen.«
Artur zog Elena an sich und küsste sie auf den Mund. Sie erwiderte den Kuss leidenschaftlich und biss ihn dann in die Unterlippe. Artur schmeckte Blut.
»Ich nehme an, das ist ein Liebesbeweis«, erklärte er, während er mit der Zunge über die brennende Stelle fuhr.
»Du weißt, was ich empfinde«, erwiderte sie. Natürlich. Er fühlte, wie ihn ihre Liebe durchströmte, ebenso stark wie ihre Wut und ihre Furcht. Sie hatte schreckliche Angst, er könnte sterben, während sie ihn nicht retten konnte. Das jagte ihr eine Todesangst ein.
Aber er durfte sich von diesen Gefühlen nicht beeinflussen lassen. Ebenso wenig konnte er ihr in die Augen sehen, ohne sie um Verzeihung zu bitten. Also verschwand er. Schnell. Dabei setzten seine alten Instinkte ein, und er errichtete eine Barriere, einen Schild um seinen Geist. Er wusste nicht genau, ob er das noch vermochte. Seine Seele fühlte sich kleiner an ohne Elena in seinem Inneren.
Er versuchte, nicht daran zu denken, was mit ihr geschah, wenn er starb.
Nikolai Petrovona hatte sein Büro in Chistye Prudy, aber nur, weil er dort aus seinem nordöstlichen Fenster einen Blick auf den Kreml hatte. Die Gegend war einmal für ihre Schlachter und ihre Teiche berühmt gewesen. Letztere waren schon vor Jahrhunderten vom Blut der geschlachteten Tiere verseucht worden. Jetzt war das Wasser wieder sauber, jedenfalls einigermaßen. Artur sah ab und zu Müllfetzen neben den Paddelbooten treiben, die von verschwitzten jungen Männern gerudert wurden. Sie versuchten, ihre gelangweilten Freundinnen zu beeindrucken.
Das Viertel rühmte sich außerdem des ersten Moskauer Postamtes, eines Hauses mit einem einzigen Schild daran, das es offiziell machte. Hinter diesem alten Gebäude erhob sich die weiße Spindel des Menshikov-Turms. Dessen Besitzer waren schon immer von Schwierigkeiten gebeutelt gewesen, Blitzeinschlägen, Exil und Tod. Aber vor allem war es eine Kirche. Artur wusste, dass Nikolai dort gern jeden Abend, bevor er nach Hause ging, vor dem Altar des Erzengels Gabriel ein Gebet sprach.
Artur trat durch die großen Doppeltüren des Portals und schritt nach links durch das Mittelschiff zu den kleinen Kapellen im hinteren Teil. Nikolai zog sich nach den ersten Gebeten, wie er wusste, immer in die privaten Beträume zurück, weil er dort besser über seine etwas zweifelhafte Existenz nachsinnen konnte. Es war nicht schwer, ihn aufzuspüren; Artur hielt einfach Ausschau nach seinen Leibwächtern, die er auch ohne Schwierigkeiten fand.
Langsam ging er auf sie zu, die Handschuhe ausgezogen und die Hände an den Seiten ausgestreckt. Zwei Männer in schwarzer Lederkleidung standen mit vor der Brust verschränkten Armen vor einer Holztür. Sie wirkten recht bedrohlich, auch wenn es ihnen ihre Haltung erschweren mochte, zu den Waffen in ihren Schulterhalftern zu greifen, die sie unter den Jacken zweifellos trugen. Doch Nikolai legte mehr Wert auf Äußerlichkeiten als auf Effizienz. Vermutlich hatte er den Männern befohlen, sich genau so aufzubauen, ohne sich dafür zu interessieren, dass sie bei einem Schusswechsel zweifellos getötet wurden, bevor sie ihre Waffen auch nur berühren konnten. Artur hatte in solchen Angelegenheiten niemals auf Nikolai gehört; der gesunde Menschenverstand hatte immer Vorrang gehabt.
Die beiden Leibwächter kannte er nicht, was auch nicht besonders überraschend war. In diesem Berufszweig wurden gedungene Schläger schnell befördert oder starben, und zwar ebenso schnell. Sie stanken nach billigem Parfüm, das sogar den Duft des Kerzenrauchs überdeckte. Er hörte das Murmeln von Stimmen, schwere Schritte. Dies hier war kein guter Platz für einen Schusswechsel, was allerdings noch niemals irgendwelche Kugeln aufgehalten hatte.
»Ich möchte Nikolai sprechen«, sagte Artur. Die Männer starrten ihn schweigend und ausdruckslos an. Typisch. Artur hatte sich damals ganz genauso verhalten. Diese Reaktion schüchterte jeden ein, der es nicht wirklich ernst meinte.
Bedauerlicherweise - für diese beiden Männer - war es Artur sehr ernst mit seinem Anliegen, ihren Boss zu sprechen. Er trat also zwischen sie. Sie legten ihm die Hand auf die Brust, und Artur berührte ihre Schultern ... Noch ein Job, und ich kann mir dieses Kleid leisten, auf das Katya so heiß ist, und auch den Urlaub am Schwarzen Meer. Und: Fuck, der Kerl gefällt mir nicht; er ist bestimmt bewaffnet, und gefährlich ist er auch ... Artur sah ihnen in die Augen, erst dem einen,
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