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Shadow Touch

Titel: Shadow Touch Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Marjorie M. Liu
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Unvorstellbar, dass sich darunter ein ausgedehnter Komplex befand, ein Gefängnis, ein albtraumhafter Ort.
    »Noch ist niemand draußen«, verkündete Rictor, der in sich hineinzulauschen schien. »Also los. Gehen wir.«
    Rik hatte Schwierigkeiten, Schritt zu halten. Er war nackt, trug keine Schuhe und war ganz offensichtlich nicht an längere Strapazen an Land gewöhnt. Rictor blieb bei ihm, n ahm gelegentlich den Arm des jungen Mannes und zerrte ihn weiter, trieb ihn mit Beleidigungen und Wut vorwärts. Für Höflichkeiten war hier tatsächlich keine Zeit, aber Artur fragte sich, ob Rictor diese Beleidigungen nicht auch ein wenig genoss.
    Gleichzeitig schwebte er in ständiger Erwartung, wieder gefasst zu werden, und wusste aus ihren kurzen Kontakten, dass Elena dasselbe empfand. »Sie scheinen vollkommen unvorbereitet darauf gewesen zu sein, dass jemand wirklich entkommen könnte«, stellte Rictor schließlich klar. »Die Leute, die sie hier vorher untersucht haben, waren einfach zu behandeln ... und schwach. Entführte College-Studenten, die glaubten, sie würden sich für gut bezahlte medizinische Studien zur Verfügung stellen. Arme, ungebildete Männer und Frauen aus Dritte-Welt-Ländern. Den Rest erledigte Beatrix’ Gehirnkontrolle.«
    »Aus Ihnen werde ich trotzdem nicht schlau.« Elena rang nach Luft. Sie war auch keine besonders gute Läuferin.
    »Ist das von Bedeutung?« Rictor dagegen schien das Laufen nichts auszumachen. Er schwitzte nicht einmal. Die Zweige und Schlingpflanzen, die gegen seinen Körper schlugen, hinterließen keinerlei Spuren.
    Elena sah ihn scharf an. Artur wusste, was sie dachte. Es war von sehr großer Bedeutung.
    Schließlich machten sie Halt, in einer Senke im Wald, wo die Bäume nicht so dicht zusammenstanden und die Schlingpflanzen nicht an ihnen zerren konnten. Nach einer Minute Rast lief Amiri voraus. Trotz seiner sichtbaren Erschöpfung begleitete ihn Rik.
    »Ich kann nicht bei Ihnen bleiben«, erklärte Rictor, als die beiden fort waren. »L’Araignee hat mich einmal gefunden und kann mich auch erneut aufspüren. Das bedeutet zwar nicht, dass sie mich auch wieder fängt, aber wenn ich weiter mit Ihnen reise, kann ich genauso gut eine Zielscheibe über Ihre Köpfe halten.«
    »Wohin gehen Sie?«, wollte Elena wissen.
    »Ich werde den Lockvogel spielen«, antwortete Rictor. »Und einen Weg einschlagen, den auch Sie hätten nehmen können. Und der selbstverständlich in genau der entgegengesetzten Richtung Ihrer eigentlichen Route liegt.«
    »Beatrix Weave ist keine dumme Frau«, gab Artur zu bedenken. »Warum sollte sie annehmen, dass Sie bei uns bleiben?«
    Rictor lächelte. »Ich habe Graves’ Gedanken kontrolliert, bevor Sie auf sie geschossen haben. Sie muss gerade mit L’Araignee in Kontakt gewesen sein, die mit Sicherheit gespürt hat, dass ihr Bann verfiel. Graves hat ihr gesagt, dass ich Elena liebe. Jedenfalls hatte der Arzt dies gedacht, bevor Amiri ihn tötete. Für sie war es die einzig plausible Erklärung für mein radikales Verhalten.«
    Elena starrte sie an. Artur trat so dicht neben sie, dass er sie berührte.
    »Sti mm t das?«, fragte Elena. Artur fühlte, wie sie unmöglich dachte.
    »Nichts ist unmöglich«, erwiderte Rictor. »Aber in diesem Fall ist es höchst unwahrscheinlich.«
    »Aha.« Artur war ebenso verwirrt wie Elena, die dachte: Ich weiß nicht, ob ich mich nun beleidigt oder erleichtert fühlen soll.
    »Weder noch.« Rictor berührte ihr Kinn. »Ich schulde Ihnen etwas, Elena Baxter. Und Ihnen ebenfalls, Artur Loginov. Ich verdanke Ihnen beiden mein Leben, und ich bin ein Mann, der seine Schuld bezahlt.«
    »Also werden wir Sie Wiedersehen.« Der Gedanke beglückte Artur nicht gerade.
    Rictor lächelte. Er trat zurück und breitete die Arme aus, als wollte er den Wind umfangen. Seine Augen glühten.
    »Was sind Sie?«, fragte Artur. »Noch so eine Art von Gestaltwandler?«
    »Nein«, antwortete Rictor. »Ich bin etwas wesentlich Älteres.«
    Dann verschwand er.
    Trotz seiner neu gewonnenen Überzeugung, dass ihn nichts mehr überraschen könnte, wurde Artur von Rictors plötzlichem Verschwinden überrumpelt.
    Elena war fassungslos.
    »Was ist hier los?«, stieß sie hervor und schwankte. Sie schlug die Hand vor den Mund und ging bis zu der Stelle, an der Rictor eben noch gestanden hatte. Sie starrte auf den Boden. »Mist! Mist! Mist! Verliere ich gerade den Verstand?«
    »Nein«, beruhigte Artur sie. »Aber wenn wir nicht schleunigst

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