Shadow Touch
fliegen. Ich nehme an, du hast alles hier, was du brauchst, oder zumindest in der Nähe? Reisepässe, Geld, gepackte Koffer für den Notfall?«
»Man könnte fast glauben, dass du meine Gedanken lesen kannst.«
Artur grinste grimmig. »Du bist ein Überlebenskünstler und weißt, dass man für alles einen Plan braucht.«
»Entweder das, oder man ist tot. Obwohl ich tatsächlich auch schon für diese Möglichkeit geplant habe, wünschte ich, es wäre anders. Es kommt so unerwartet. Wir haben uns gerade erst so richtig eingelebt.« Mikhail griff in einen anderen Spind, holte vier kleine Pakete heraus und verteilte sie. »In jedem ist Geld. Eintausend US-Dollar in bar, und entsprechend viele Rubel. Außerdem amerikanische Zigaretten. Marlboro.«
»Ich rauche nicht«, erklärte Elena.
Mikhail schüttelte den Kopf. »Wie naiv. Die sind für Bestechungen. Kleine Bestechungen für kleine Leute. Sehr verblüffend, wie weit Sie eine Packung heute bringen kann.«
Anna legte einen Reisepass beiseite. »Ich versuche mein Bestes«, sagte sie auf Russisch, »aber mit so wenig Zeit kann ich nicht garantieren, dass sie einer genaueren Prüfung standhalten. «
»Tu dein Bestes. Artur, brauchst du noch etwas?«
»Ein Dreibandhandy, falls du eines hast. Etwas, womit ich ins Ausland telefonieren kann.«
»Okay, aber ich empfehle dir, erst zu telefonieren, wenn ihr die Stadt hinter euch gelassen habt. Die Verschlüsselung ist zwar gut, aber es ist nicht nötig, clevere Lauscher zu riskieren.«
»Wohin gehen wir überhaupt?«, wollte Rik wissen, während er seinen Rucksack aufsetzte. »Sie werden uns doch finden, oder nicht? Selbst wenn wir weit fortgehen. Sie haben uns auch hier aufgespürt.«
»Wir können nicht bleiben«, gab Artur zurück.
»Nein, das können wir nicht«, stimmte ihm Amiri zu. »Trotzdem hat der Junge recht. Wir brauchen mehr Informationen. Ich nehme an, Sie wollen, dass wir Ihnen weiter vertrauen.«
»Heh!«, protestierte Elena, aber Artur stieß sie sanft an, sehr sanft, denn jetzt waren Gelassenheit und Samthandschuhe erforderlich.
»Was ich will, hat wenig mit allem zu tun. Ich will Sie nicht hierhalten, Amiri. Wenn Sie oder Rik - oder auch Elena - gehen wollen, so können Sie das tun. Warten Sie nur auf die Reisepässe. Die werden Sie brauchen.« Das galt jedenfalls für Elena und Amiri. Rik konnte sich einfach in einen Delfin verwandeln und davonschwimmen.
Amiri schüttelte den Kopf. »Ich wollte Ihnen gar nicht drohen. Ich bin nur eben kein Mann, der blindlings in etwas hineinstolpert. Ich habe mein Leben noch nie ganz und gar in die Hände einer anderen Person gegeben. Verlangen Sie bitte nicht von mir, jetzt damit anzufangen.«
Verlangen Sie es nicht, zwingen Sie mich nicht, nicht, wo mir schon so viel weggenommen wurde. Lassen Sie mich selbst entscheiden, gewähren Sie mir wenigstens die Illusion.
Artur zog seinen rechten Handschuh an. Dann reichte er Amiri die Hand. In der folgenden erwartungsvollen Stille sah der Gestaltwandler die Hand ernst an und schüttelte sie dann entschlossen.
Arturs Blick glitt von Amiri zu Rik und dann zu Elena. »Ich muss nach Moskau. Bevor Charles Darling aufgetaucht ist, hätte ich vorgeschlagen, dass ihr drei hierbleibt und ein Schiff nach Japan nehmt. Doch jetzt halte ich das nicht mehr für sicher.«
»Warum nach Moskau?«, wollte Elena wissen.
Artur streifte Mikhail mit einem kurzen Seitenblick. Der Russe machte keinen Hehl daraus, wie neugierig er darauf war, wie sich dieser Zirkus zusammenraufte. »Beatrix Weave hat vor, alle Verbrechersyndikate in Russland unter ihrer Führung zu vereinen. Sie hält in acht Tagen ein Treffen mit ihnen ab. Ich muss sie aufhalten. Warum, könnt ihr euch sicher alle denken.«
Rik schüttelte den Kopf. »Das wird ja immer besser. Wenn wir mit Ihnen gehen, fliehen wir nicht, sondern gehen direkt zu ihr zurück. Das Risiko gehe ich nicht ein.«
»Da kann ich Ihnen nur zustimmen. Aus diesem Grund schlage ich auch nicht vor, dass Sie mich begleiten. Sie haben Möglichkeiten, die andere leider nicht haben.«
Riks Augen blitzten golden auf. »Klar. Mit Vergnügen.«
»Das gilt nicht für mich«, sagte Elena. »Ich gehe mit dir, und zwar nicht, weil es meine einzige Möglichkeit ist. Du brauchst Hilfe.«
»Erzählen Sie mir etwas Genaues«, forderte Rik ihn auf.
»Das besprechen wir später«, sagte Artur zu Elena und sah Mikhail an. »Wie weit sind die Reisepässe?«
»Fertig«, antwortete Anna. »Allerdings dauert diese
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