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Shadow Touch

Titel: Shadow Touch Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Marjorie M. Liu
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wiederfinden. Dieser Teil von Ihnen, alles das ist tot.«
    Sie hatte häufig darüber nachgedacht, und ihr Herz schmerzte noch immer bei dem Gedanken. Er stach ihr wie ein Dolch ins Herz, den man umdrehte. Es laut zu hören, es ins Gesicht gesagt zu bekommen machte es auf eine Art und Weise wirklich, die sie bisher immer zu meiden gesucht hatte. Ihr Heim war tot. Der Obstgarten, das Vermächtnis ihres Großvaters, alles war unerreichbar für sie. Vielleicht fand sie eine Möglichkeit, die Grundsteuern aus der Ferne zu bezahlen, aber sie würde niemals wieder über diese grünen Flächen gehen, mit den Händen in der fruchtbaren Erde wühlen, ihre Früchte ernten, ihre Erbschaft, die kleinen süßen Pflaumen und Birnen, die reifen, saftigen Äpfel.
    Elena schluckte und blickte aus dem Fenster. Schwärme von Möwen flogen am Himmel. Sie fühlte eine warme Hand auf ihrer Schulter.
    »Das ist nicht das Ende«, erklärte Amiri. »Nur ein neuer Anfang.«
    Elena nickte. Amiri schien zu verstehen; er ließ die Hand sinken und sah Rik an.
    »Und du?«
    Rik antwortete nicht. Er starrte auf seine Hände, drehte sie um und betrachtete beide Seiten.
    »Der Ozean ist nah.« Elena riss sich aus ihrem traurigen Tagtraum, als sie den verlorenen Ausdruck auf seinem Gesicht sah. Sie warf Amiri einen Seitenblick zu, der den jungen Gestaltwandler ebenfalls betrachtete, offenbar besorgt. »Es wäre doch leicht für Sie, einfach wegzugehen, oder nicht? Ich weiß zwar nicht, was Sie brauchen, wenn Sie sich in Ihrer ... anderen Gestalt befinden, aber der Ozean ist riesig. Sie könnten sich dort verstecken und dafür sorgen, dass das Konsortium Sie nicht mehr findet.«
    »Wie hat man dich gefangen?«, erkundigte sich Amiri.
    Rik kam nicht dazu zu antworten. Die Tür öffnete sich, und Anna kam herein. Sie hatte mehrere Kleidungsstücke über dem Arm und einen kleinen Leinenbeutel in der Hand. Bevor sie Elena alles gab, beäugte sie die Männer zögernd.
    »Für Sie«, erklärte sie. Dann glättete sie ihren Rock und lächelte Rik nervös an. Der achtete nicht auf sie. »Für Sie andere habe ich nichts anzuziehen. Vielleicht fragen Sie Mikhail nach Männergarderobe?«
    Rik reagierte nicht. »Danke für Ihre Mühe«, antwortete Amiri höflich.
    Anna lächelte zwar nicht mehr ganz so strahlend, nickte aber. Als sie hinausging, sah sie Rik nicht an. Als sie fort war, warf Elena die Kleidungsstücke aufs Bett. »Was stimmt mit Ihnen nicht? Ich will nicht behaupten, dass ich Sie sonderlich gut kenne, aber bis jetzt waren Sie jedenfalls erheblich redseliger.«
    Rik schüttelte den Kopf, verschränkte die Hände und stützte das Kinn auf die Finger. »Schweigen ist doch kein Verbrechen, oder?«
    Amiri verzog den Mund. »Ich glaube, du bist für so ein bockiges Verhalten viel zu alt. Außerdem solltest du bedenken, dass wir uns alle nicht sonderlich gut kennen. Worte sind alles, womit wir uns trösten können.«
    Elena unterdrückte ein Lächeln. »Sind Sie Anwalt? Oder Psychologe?«
    »Lehrer. Manchmal sind sich diese Berufe aber sehr ähnlich.«
    Rik sah sie nicht an. Er war so von seinen Händen fasziniert, dass Elena neugierig wurde. Was war daran so interessant? »Tut mir leid, dass ich unhöflich war. Aber ich hatte seit unserer Flucht keine Zeit nachzudenken. Wissen Sie, wie lange ich dort gefangen war? Drei Monate. Drei Monate in diesem Tank, in dem schmutzigen Wasser, und dazu am ganzen Körper gefesselt. Es ist mir nur darum gelungen, den Tank zu zerstören, weil sie anfingen, nachlässig zu werden, und mich nicht richtig gebunden hatten. Und als ich Amiri sah ...« Er starrte wieder auf seine Hände. »Ich hatte keine Zeit, nachzudenken, das ist alles, okay? Ich brauche einfach Zeit.«
    »Sicher.« Elena versuchte sich vorzustellen, was er durchgemacht haben musste. Sie wusste nur, was sie erlebt hatte, und das war schon schlimm genug. »Sollten Sie Kontakt mit jemandem aufnehmen? Ihrer Familie vielleicht?« Lebte seine Familie überhaupt auf dem Land?
    Rik schüttelte den Kopf. »Nein. Ich ... ich glaube nicht, dass ich sie erreichen kann. Außerdem ist das überflüssig, wenn ich sie nicht einmal warnen muss. Das Konsortium hat mich weitab von meiner Wohnung gefangen. Ich könnte dorthin zurückkehren. Auch wenn das nicht leicht ist. Das Zuhause, meine ich.«
    »Besser als nichts«, erwiderte Elena und dachte an ihre Farm. Sie nahm die Kleidungsstücke und den Beutel mit dem Make-up vom Bett und ging ins Bad. Die Garderobe gehörte

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