Shadowangels (German Edition)
gehabt, jedenfalls keine, die
seine Neugierde in dieser Hinsicht stillen konnte.
Die Anzeichen, dass
der Tag näher rückte, an dem die Prophezeiung eintraf,
waren jedoch mehr als deutlich.
Noch nie war es
irgendjemandem gelungen, seine Manipulationen zu durchkreuzen, ja,
sie sogar aufzuhalten. Dass er seine Hände in so ziemlich jeder
üblen Tat hatte, die sich in der Welt ereignete, machte es
Melandra nicht leichter, wenigstens so zu tun, als wüsste sie,
wer diese verfluchten Sterblichen waren.
Voller Zorn hatte er
daraufhin ganze Landstriche überflutet und mehrere Vulkane
ausbrechen lassen. Die Nachrichtensender in aller Welt kamen mit den
Schreckensmeldungen kaum noch hinterher.
„ Du solltest
dringend an deiner Gabe arbeiten, sonst werden es morgen nicht nur
zwölf Rippen sein, die ich dir brechen werde …“
Mit diesen Worten
verschwand er in der ihr bestens bekannten schwefelgelben Wolke und
Melandra ließ sich, vor Schmerzen keuchend, zurück auf den
kahlen steinigen Boden sinken.
Nicht zum ersten Mal
verfluchte sie den Tag, an dem sie sich durch eine unbedachte
Äußerung an ihn gebunden hatte.
Damals war sie eine
junge bildschöne, vor allem jedoch lebendige, Frau gewesen, die
sich nichts sehnlicher wünschte, als ewige Jugend. Sie war zu
einer Zeit geboren worden, in der es beinahe als normal galt, mit
sogenannten Gaben gesegnet zu sein. Melandra wusste die ihre
geschickt einzusetzen und war auf diese Weise schon zu einigem
Reichtum gelangt.
Sie war gewiss nicht
böse, nein, aber ein durchtriebenes Miststück war sie, das
gestand sie sich selbst ein.
Als sie ihn zum
ersten Mal sah, schob sich die Vision vor ihre Augen und sie wusste,
dass er nicht nur einer der gewöhnlichen Männer war, die
sie auszunehmen pflegte wie Weihnachtsgänse.
Oh ja, ihre
hervorstechendste Eigenschaft war die Habsucht. Blind vor Gier beging
sie ihren verhängnisvollen Fehler.
Nun, sie hätte
sich vielleicht deutlicher ausdrücken sollen, als sie ihm einen
Pakt vorschlug.
Ihre Visionen im
Gegenzug zu ewigem Leben … hah!
Ewiges Leben hatte
er ihr gegeben, aber er hatte es sichtlich genossen, als sie nach nur
drei Jahren bemerkte, dass sie alterte und sie auf den kleinen, aber
feinen Unterschied hingewiesen.
„ Oh, du
verdammter Bastard“, schleuderte sie ihm entgegen, „tu
etwas!“
Doch er weigerte
sich beharrlich. „Du hättest deine Worte besonnener wählen
sollen, Melandra!“
Seither war kein Tag
vergangen, an dem sie ihn nicht verflucht hatte, und wäre er
nicht imstande, sie so grausam zu quälen und ihr unendliche
Schmerzen zuzufügen, hätte sie den Umstand, ihm nicht die
geforderten Antworten geben zu können, von ganzem Herzen
genossen …
19)
D as
Bild, das sich Lady Helen, Lance und Cassandra bot, war wahrhaft
imposant!
Vor dem Kamin stand
ein Riese von einem Mann … nun ja, man hätte denken
können, es wäre ein Mann … wären da nicht die
gewaltigen schneeweißen Flügel gewesen, die sich hinter
seinen breiten Schultern erhoben.
Seine muskulöse
Brust war nackt und von einem wunderbaren Bronzeton. Er war barfuß
und seine langen Beine steckten in schwarzen Lederhosen …
diese waren auch das einzige Kleidungsstück, das er trug.
„ Thalon“,
hauchte Lady Helen.
„ Du?“,
wisperte Cassie.
„ Vater!“
flüsterte Lance.
„ Mein Sohn“,
Thalons Stimme bebte vor unterdrückten Gefühlen, „endlich
darf ich dich sehen … dich in meine Arme schließen!“
Cassie befreite sich
vorsichtig aus Lance Armen und eilte zu Lady Helen, die sie sofort in
ihre Arme zog.
„ Vater“,
wiederholte Lance mit einem seltsamen Knoten in der Luftröhre.
Dann gingen die beiden Männer aufeinander zu und umarmten sich
innig.
Es war eine
unglaubliche Szene, die sich vor den Augen der beiden Frauen
abspielte. Der riesige Engel schloss mit einem Gesichtsausdruck, der
Schmerz und Qual, aber auch unendliche Freude zeigte, seine
wunderschönen Augen, die Lance‘ so ähnlich waren,
dass man denken könnte, sie wären kopiert worden.
Thalon schob seinen
Sohn ein Stück von sich weg, um ihn genau ansehen zu können.
„ Du bist
stark, mein Sohn!“, sagte er voller Stolz.
„ Danke,
Vater“, murmelte Lance und verzog sein Gesicht, „aber du
irrst dich. Ich bin keineswegs stark … jedenfalls nicht in
allen Dingen.“
Wie um seinem Vater
zu zeigen, welche Dinge er denn genau meinte, löste er sich aus
dessen Umarmung und ging zu Cassie, die sich sofort in seine Arme
schmiegte … und
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