Shadowangels (German Edition)

höher über Cassies blutleere Lippen und
Lady Helen, die soeben die Bibliothek wieder betrat, blieb stocksteif
stehen.
    „ Was weißt
du über deinen Vater?“, fragte Thalon entgegen einer
Antwort.
    „ Nichts“,
platzte Cassie heraus … Himmel, Thalon wusste anscheinend weit
mehr, als sie selbst. Musste man diesem riesigen Engel denn jedes
Wort aus der Nase ziehen?
    „ Dein Vater
ist Stellarius …“, Thalon sah, wie sich Cassies Augen
weiteten.
    „ Stellarius?“,
fragte sie tonlos.
    Thalon nickte.
„Stellarius ist der Hüter der Sterne.“
    „ Der Hüter
der Sterne …“
    Vor Cassies
geistigem Auge erschien unwillkürlich ein Bild aus ihrer
Kindheit.
    Ihre Mom hatte ihr
zu ihrem siebten Geburtstag ein Teleskop gekauft, ein gebrauchtes
selbstverständlich, aber das war ihr egal. Es war das schönste
Geschenk, das sie jemals bekommen hatte. Endlich würde sie ihre
geliebten Sterne so nahe sehen können, wie sie sich ihnen immer
schon fühlte …
    „ Ja,
Cassandra, das erklärt dir jetzt wohl deinen ungewöhnlichen
Hang zu den Sternen.“
    Cassie schluckte.
„Kannst du meine Gedanken lesen?“, fragte sie mit einem
leisen Anflug von Panik in der Stimme.
    Thalon lachte.
„Nein, Cassandra, aber dein Gesicht ist ein offenes Buch für
mich.“
    Nun, ob dies weniger
schlimm war, wollte Cassie sich lieber nicht beantworten.
    Sie wusste nicht, ob
sie noch mehr Wahrheiten verkraften würde, ihr Herz drohte ihr
aus der Brust zu springen und ihr gesunder Menschenverstand weigerte
sich, noch weitere derartig unglaubliche Dinge aufzunehmen …
wobei … sie war ja gar kein Mensch. Das hatte Thalon doch eben
gerade unmissverständlich gesagt.
    Also riss sie sich
zusammen, sah Thalon aufmerksam an und dieser fuhr fort.
    „ Stellarius
wurde eigens zum Zwecke deiner Zeugung auf die Erde gesandt.“
    „ Himmel …
wie überaus romantisch!“ Cassie hatte sehr leise
gesprochen, doch Thalon hatte es gehört und natürlich war
ihm die Ironie in der Stimme der jungen Frau nicht entgangen.
    „ Oh, es war
durchaus eine gewisse Romantik im Spiel“, versuchte er Cassie
zu beruhigen.
    „ Ach ja?“,
quiekte sie.
    Thalon nickte
heftig. „Durchaus, Cassandra“, sagte er ernsthaft, „denn
eigentlich sollte die Zeugung ohne Körperkontakt durchgeführt
werden.“
    „ Das
funktioniert?“ Lance und Cassie riefen die Worte unisono aus
und stellten beinahe sofort fest, dass sie diese Art der
Fortpflanzung keinesfalls auch nur in Erwägung ziehen würden.
    Wieder nickte
Thalon.
    „ Selbstverständlich“,
antwortete er, „doch Stellarius fand deine Mutter ungemein
hübsch und so verführte er sie mit seinem unbestreitbaren
Charme … und mal ehrlich, alles andere macht doch nur halb so
viel Spaß, oder?“
    Thalon zwinkerte
Cassie zu.
    Das war jetzt
wirklich zu viel des Guten. Cassies Kopf sank auf ihre Brust, was
sich durchaus mit dem ungemein hohen Anteil Blutes in ihren Wangen
erklären ließ.
    Okay, sie kannte
ihren Vater nicht, doch sollte er nur halb so viel Sexappeal besitzen
wie Lance, so konnte sie ihre Mutter durchaus verstehen und sie zu
verurteilen, war das Letzte, das ihr in den Sinn kam.
    „ Also, langer
Rede – kurzer Sinn“, sagte Cassie und versuchte, ihrer
Stimme einen festen Klang zu verleihen, „ich bin nur ein halber
Mensch und daher genau so anfällig …“
    Thalons Lachen
unterbrach Cassie. „Ich bin sicher, dass du es nicht als
Anfälligkeit bezeichnen wirst, Cassandra“, Thalon lachte
noch immer, „eher denke ich, dass du es genauso sehr genießen
wirst, wie Lance.“
    Plötzlich hielt
Thalon erschreckt inne. „Bei meiner schönsten Schwungfeder
… ihr beide habt doch nicht etwa schon …?“
    Cassie keuchte auf.
    Du liebes Lieschen …
es gab doch nichts Lustigeres als ein nachmittäglicher Plausch
mit dem Vater ihres Liebsten, bei dem in aller Ausführlichkeit
ihr nicht vorhandenes Liebesleben diskutiert wurde …
    „ N …
nein“, stammelte Lance, „dazu ist es dank Ella nicht
gekommen“, fügte er zwischen zusammengebissenen Zähnen
hinzu.
    Thalon kniff die
Augen zusammen. „Ella?“, fragte er.
    Lance beeilte sich,
seinem Vater zu erklären, wer besagte Ella war.
    „ Du hast keine
Cousine … egal wievielten Grades auch immer“, sagte er
fest.
    Lance nickte nur.
Irgendwie hatte er es sich bereits gedacht.
    „ Dennoch
müssen wir dieser Ella genau genommen dankbar sein.“
    Thalons Worte
verwirrten Lance und Cassie zusehends, doch bevor sie eine Frage
stellen konnten, erklärte