Shadowblade: Dunkle Fesseln: Roman (Knaur HC) (German Edition)

hat bereits begonnen. Darum geht es bei der Sache mit den Engeln und den Schriftrollen. Die Hüter rufen die Hexen in ihren Krieg. Sieht so aus, als wären die großen Jungs sauer darüber, wie die Menschen die Erde missbraucht und die Magie abgewürgt haben. Sie wollen den Großteil der Menschheit auslöschen, um die Magie in die Welt zurückzuholen. Die Hexen sollen ihre Generäle sein, wir anderen ihre Armeen. In der Schriftrolle, die der Engel überbracht hat, heißt es, dass sie Horngate verwüsten, wenn Giselle dem Ruf nicht folgt. Ich wette, dass in der Nachricht für Selange etwas Ähnliches steht.« Stirnrunzelnd schaute sie ihn an. »Du siehst nicht besonders überrascht aus.«
    »Als Selange dir das Hagelkorn abgenommen hat, meinte sie, dass sie damit vielleicht den Hütern trotzen könnte. Ich habe zwei und zwei zusammengezählt und bin zu dem Schluss gekommen, dass sie den Engel geschickt haben.« Er kniff die Augen zusammen. »Aber es ergibt keinen Sinn, dass sie Horngate bedrohen. Wenn sie Zirkel brauchen, die ihnen dienen, warum sollten sie dann so etwas tun?«
    »Ich weiß es nicht. Giselle glaubt, dass sie vielleicht Old Home zerstört haben, weil Alton nicht mit ihnen zusammenarbeiten wollte. Falls er eine Schriftrolle gekriegt hat, hat er es zumindest nicht erwähnt.« Plötzlich blieb Max stehen. »Was, wenn er eine gekriegt hat? Wir gehen davon aus, dass in allen das Gleiche steht. Der Engel hat aber gesagt, dass das Feuer ein Geschenk, eine Drohung und ein Versprechen wäre. Für wen?« Sie wischte sich mit dem Handrücken über den Mund, als wollte sie einen schlechten Geschmack loswerden, und trank einen Schluck Milch. Während sie die Flasche abstellte, schaute sie wieder zu Alexander. »Alton ist ein hinterhältiges Wiesel, und er führt irgendwas im Schilde. Er wollte Giselle vor dem Konklave zum Wahrsagen bringen – aus irgendeinem Grund wollte er sie schwächen. Aber warum? Und warum widersetzt sich Selange? Die Hüter können ihr eine Menge Macht verleihen, und sie dient ihnen – wie alle Hexen.«
    »Warum widersetzt Giselle sich?«, erwiderte Alexander, und zu seiner Überraschung antwortete Max.
    »Anscheinend hatte sie vor einer Weile eine Vision. Sie hat beschlossen, so viel zu retten wie möglich. Horngate wird eine Zuflucht sein.«
    Er sah sie an. Jetzt war er sich umso sicherer, dass er mit der Entscheidung, bei Max und Giselle zu bleiben, die richtige Wahl getroffen hatte. Ein weiterer Gedanke schoss ihm durch den Kopf. »Vielleicht bedrohen sie deshalb Horngate. Wenn sie nicht aufseiten der Hüter in den Krieg zieht, ist das ein schlechtes Beispiel für die anderen Hexen. Sie ist sehr mächtig. Sie könnte Probleme verursachen.«
    »Im Kampf gegen die Hüter? Sie werden uns wie eine Fliege zerquetschen.«
    Aber etwas an ihrer Miene verriet Alexander, dass sie nicht davon überzeugt war. Es gab noch etwas, das sie ihm nicht erzählte.
    Sie stieß den Atem aus. »Wir müssen nach Hause.«
    »Wie weit ist es noch?«
    »Etwa tausend Meilen. Also weitere anderthalb Nächte. Ich weiß nicht, ob sie so lange durchhalten – wenn sie überhaupt angegriffen werden. Wenn die Sunspears und die Shadowblades sich mit dem Fahren abgewechselt haben, müsste Giselle gestern in Horngate angekommen sein. Und sie hätte sicher die Schutzzauber verstärkt. Ich weiß einfach nicht, wie viel Zeit die Hüter ihr zum Antworten gegeben haben, bevor sie angreifen. Und was zum Teufel führt Alton im Schilde?« Sie schüttelte den Kopf. »Ich brauche eine Dusche und etwas Schlaf. Versuch, etwas zu essen. Ich habe das Gefühl, dass wir jedes bisschen Kraft brauchen.«
    Sie ging ins Bad und ließ Alexander, über den neuen Informationen brütend, zurück. Er wusste, warum Selange sich dem Schlachtruf der Hüter widersetzte. Sie war eine Fleischzauberin. Ganz egal, wie viel Macht die Hüter ihr verliehen: Sobald die Menschheit vernichtet war, würde sie ganz und gar von ihnen abhängig sein. Sie würde mit Zähnen und Klauen kämpfen, um das zu verhindern.
    Noch immer starrte er an die Decke, als Max zurückkehrte und sich auf ihr Bett legte. Bald war sie eingeschlafen. Aber es war kein ruhiger Schlaf. Sie schüttelte sich, und ihr Körper verkrampfte sich durch die schmerzhaften Bannzauber. Stundenlang sah er ihr zu, ohne ihr helfen zu können. Schweiß glänzte auf ihrer Haut, und sie kratzte sich mit den Fingernägeln über Gesicht und Arme. Am frühen Nachmittag schien sie den Schmerz schließlich