Shadowblade: Dunkle Fesseln: Roman (Knaur HC) (German Edition)
weiß ich. Ich habe vollstes Vertrauen zu dir.«
»Leck mich.« Daraufhin verkrampften Max’ Finger sich zu Klauen, und ihr Magen zog sich zusammen. Die Bannzauber lösten einen Schmerz aus, der viel stärker war als gewöhnliche körperliche Qualen. Weil Max inzwischen gelernt hatte, ihn auszuhalten, hatte Giselle vermutlich noch einmal nachgelegt, damit ihre Prime ihn nicht so einfach ignorieren konnte.
Aber sie würde auch damit zurechtkommen.
Sie holte Luft und zwang ihre Muskeln dazu, sich zu entspannen. Jahrelang hatte sie schreckliches Leid und Folterqualen ertragen, die kein normaler Mensch je überlebt hätte. Immer wieder hatte sie auf Giselles Altar gelegen. Immer wieder hatte die Hexe sie an den Rand des Wahnsinns und an die Schwelle zum Tod getrieben, bis Max’ Wille gebrochen war. Erst dann hatte Giselle ihre Zauber in Max’ Fleisch, in ihre Knochen und ihre Seele einätzen können. Jedes Mal hatte Giselle mehr Mühe aufwenden müssen. Jedes Mal hatte es länger gedauert, war mehr Schmerz nötig gewesen, um Max zu bezwingen. Sie hatte gelernt, mit den Qualen zu leben und dieses brennende Gefühl, als hätte man ihr Salz in die Wunde gestreut, zu genießen. Allmählich war ihr das heiße Feuer willkommen gewesen, das sich durch ihre Eingeweide fraß und ihr ein Loch ins Herz brannte. Mit der Zeit schöpfte sie auf eine verdrehte Art und Weise Kraft daraus. Der Schmerz erinnerte sie daran, wer sie war. Und solange sie diese Person blieb, hatte sie eine Chance, sich irgendwann an Giselle zu rächen. Mit dieser verschwommenen Belohnung vor Augen konnte Max alles ertragen. Selbst wenn »alles« manchmal entsetzlicher und qualvoller war, als sie es sich vorstellen konnte. Und Max konnte sich verdammt viel vorstellen. Aber das Gleiche galt eben auch für Giselle.
Jetzt ließ Max sich vom Schmerz durchströmen. Ein Schauer lief ihr über den Rücken, als ihr Körper die Qualen in eine Art Genuss verwandelte. Max lächelte, und in ihrem Innern loderte ein heißes Triumphgefühl auf. Jedes Mal, wenn sie den Schmerz annahm, wurde sie stärker, und Giselle musste sich mehr anstrengen, um sie zu brechen.
Max straffte sich und schaute durch die Windschutzscheibe. Vor ihnen tat sich eine Wand auf aus dichtem Brombeergestrüpp. Wie all die anderen Pflanzen innerhalb des Schleiers, die es hier eigentlich nicht hätte geben sollen, nährte es sich von Quellen, die durch Magie an die Erdoberfläche geleitet worden waren. Die Straße verschwand in einer Lücke, die nur breit genug für ein einzelnes Auto war. Max konnte keine Wachen sehen.
Langsam fuhr Akemi durch die Bresche hindurch. Der Parkplatz war voller teurer Autos, darunter ein halbes Dutzend Limousinen. Shadowblades standen stramm wie Soldaten herum und beobachteten einander größtenteils misstrauisch, obwohl einige auch miteinander redeten. Ein paar von ihnen spielten sogar Karten auf der Motorhaube eines Jaguars. Als Akemis Pick-up einfuhr, wandten alle die Köpfe.
»Wende und fahr rückwärts dort rein«, sagte Max. Es war keine richtige Parklücke. Die hintere Stoßstange eines gelben Hummer ragte ein gutes Stück hinein, und Akemi würde mit ihrem Wagen ins Gestrüpp fahren müssen. Was bedeutete, dass alle Angreifer wahrscheinlich entweder von vorne oder über den Geländewagen kommen würden. Außerdem hatten sie von hier aus einen schnellen Zugriff auf die Einfahrt und auf die dornige Ausfahrt am anderen Ende.
Das Gestrüpp gab widerwillig nach und zerkratzte den Lack an der Seite des Pick-up. Akemi ließ den Motor aufheulen, und die Offroadreifen gruben sich in den Boden. Der Wagen machte einen Satz zurück. Als die Ladefläche ganz unter Zweigen und Sträuchern verborgen und die Motorhaube halb bedeckt war, hielt sie an.
Akemi schaute in den Innenspiegel zu Max. »Du schuldest mir eine Lackierung.«
»Und dafür bin ich also gut genug«, sagte Max und verzog die Lippen zu einem breiten Grinsen.
Sie krabbelte hinüber zur anderen Tür, stieg aus und ging zur Vorderseite des Wagens. Die Shadowblades beäugten weiterhin die Neuankömmlinge. Max erkannte ein oder zwei und nickte ihnen zu. Ihre Kopfhaut kribbelte. Überall um sie herum verdichtete sich der Geruch von Magie und wurde so intensiv, dass die Luft beinahe zu rauchen schien.
»Ich dachte, dass jemand die Zufahrt bewachen würde«, meinte Akemi leise.
»Da ist auch jemand«, erklärte Giselle. »Du solltest hoffen, dass du die Wachtposten niemals siehst. Das wäre der letzte
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