Shadowblade: Dunkle Fesseln: Roman (Knaur HC) (German Edition)
Büscheln aus trockenem Gras und dürren Sträuchern bedeckt waren. Max fuhr rückwärts hinein, bis der Tahoe gut zwischen den Bäumen verborgen war. Dann schnappte sie sich ihren Rucksack und stieg aus. Das Handy ließ sie auf dem Armaturenbrett liegen, denn diesseits des Schleiers gab es ohnehin keinen Empfang. Sie versteckte die Schlüssel in der Astgabel einer knorrigen Eiche und nahm die Felswand in Angriff. Der Mond war hinter einer tiefhängenden Wolkenbank im Osten verschwunden, was Max die Sicht erleichterte. Schließlich erreichte sie den Kamm und entdeckte einen Rehwildwechsel zwischen den Bäumen, dem sie im Laufschritt folgte.
Nahe der Kuppe, auf der das Konklave abgehalten werden sollte, schlängelte sich der Weg am Rand einer steinigen Schlucht entlang. Hohe Latschenkiefern wuchsen hier inmitten eines Sträucherdickichts. Geröll löste sich unter ihren Füßen, während sie seitwärts in die steile Schlucht hinabstieg. Als sie am Boden angekommen war, suchte sie sich eine Kiefer, die von oben nicht gesehen werden konnte. Dann holte sie eine Rolle Angelschnur aus ihrem Rucksack. Sie spulte ein paar Meter ab und warf die Rolle hoch über einen Ast, so dass sie auf der anderen Seite wieder herunterfiel. Max nahm ihren Rucksack ab, knotete die Schnur oben am Haltegriff fest und schnitt die Rolle am anderen Ende ab, um sie zu verstauen. Nachdem sie ihre Wanderschuhe abgestreift hatte, packte sie diese ebenfalls dazu. Schließlich zog sie an der Schnur, bis der Rucksack direkt unter dem Ast hing. Wenn sich hier jemand umsah, würde er den Rucksack und die Angelschnur kaum entdecken. Sie band das andere Ende um den Stamm, bevor sie den steilen Hang wieder hinaufkletterte.
Oben hielt sie inne und schnüffelte. Die Gerüche der Stadt hatten innerhalb des Schleiers nur leicht abgenommen und machten es beinahe unmöglich, Gefahren zu wittern. Allerdings war das ohnehin nicht nötig. Die Gefahr umschloss Max wie ein Maul, schabte mit den Zähnen über ihre Haut und hüllte sie ein in flammend heißen Atem. Erneut rannte sie los, diesmal zurück Richtung Osten, wo sie den Wagen versteckt hatte.
Sie kam gut voran, und Akemi war sehr langsam gefahren. Max kauerte sich zwischen den Bäumen hin, als der Pick-up sich näherte. Als das Auto um die Ecke bog, schoss Max darauf zu und sprang durch das offene Rückfenster ins Innere.
»Irgendwelche Probleme?«, fragte Giselle.
Max strich sich mit den Fingern durchs kurze blonde Haar und zog einen Zweig und ein paar Kiefernnadeln heraus. »Nein.«
»Aber du glaubst, dass es welche geben wird.«
»Du nicht?«
Für eine ganze Weile schwieg Giselle. Max hatte schon keine Antwort mehr erwartet, als die Hexe meinte: »Ich vertraue deinen Instinkten.«
Innerlich zuckte Max zusammen. Sie wollte nicht, dass Giselle ihr vertraute. Sie wollte, dass die Hexenschlampe sie fürchtete. Sie wollte, dass sie sich ängstlich umschaute und sich ständig fragte, wann Max ihre Ketten sprengen und ihr den Kopf abreißen würde.
»Du vertraust meinen Instinkten, und trotzdem laufen wir geradewegs in die Katastrophe hinein.« Magie kratzte unter ihrer Haut an ihr, zerrte mit stählernen Klauen an ihren Nerven. Ihre Bannzauber wollten, dass sie Giselle an irgendeinen sicheren Ort brachte. Max musste sich alle Mühe geben, um nicht über den Sitz zu springen und nach dem Steuer zu greifen.
»Wir haben keine Wahl.«
»Wie soll ich dafür sorgen, dass du in einem Stück bleibst, wenn du mitten in den Ärger reinmarschierst?«
»Du wirst eben das tun, was du am besten kannst, wie immer«, sagte Giselle mit einer wegwerfenden Handbewegung. Mit harter Stimme fuhr sie fort: »Wenn meine Mutter mit ihrer Vision recht hatte und dieser Krieg tatsächlich begonnen hat, müssen wir unbedingt herausfinden, wie sich die anderen Zirkel verhalten. Nur so kann Horngate gerettet werden.« Sie drehte Max ihr feines und zugleich strenges Profil zu. »Eines musst du begreifen, Max. Ich tue alles, was nötig ist, damit Horngate ein sicherer Ort bleibt. Das bedeutet, dass ich manchmal mein eigenes Leben riskieren muss. Dies ist nicht das erste Mal, und es wird nicht das letzte Mal sein. Also halt ausnahmsweise die Klappe und tu, was man dir sagt.«
»Ja, klar, und wenn du irgendwann demnächst beschließt, dich vor einen Bus zu schmeißen, tu mir einen Gefallen: Lockere vorher meine Bannzauber, damit ich nicht mit dir sterben muss.«
»Ich habe gar nicht vor zu sterben. Du wirst mich beschützen, das
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