Shadowblade: Dunkle Fesseln: Roman (Knaur HC) (German Edition)
um sie zu retten. Sie wären eher gestorben, als ihr etwas anzutun. Verglichen mit ihr war er als Primus ein Versager. Und dieses Wissen ärgerte ihn. Was hätte er besser machen können?
Der lehmige Boden war weich, und seine Stiefel hinterließen tiefe Spuren darin. Doch Alexander machte sich keine Sorgen darüber, ob ihnen jemand folgte. Die eigentliche Gefahr befand sich vor ihnen.
Max hob warnend die Hand, und Alexander duckte sich und lauschte angestrengt. Die einzigen Laute waren das Heulen des Winds in den Bäumen und das Brummen der Hubschrauber und Flugzeuge im Süden. Schließlich setzte Max sich wieder in Bewegung. Alexander schloss halb zu ihr auf. Selanges Shadowblades waren hier irgendwo. Er konnte es spüren.
Schließlich verließen sie die Ausläufer des Obsthains. Vor ihnen stand ein Traktor, und dahinter waren die verbrannten Überreste des Hofs. Es war nicht viel geblieben außer einem dunklen Loch im Boden und ein paar Trümmern, die fortgeschleudert worden waren, als Thor das Haus gesprengt hatte. Weiter hinten befand sich der Zaun um den Pool, und rechts davon lag die kleine Quellgrotte, in der die Wintergreisin wohnte. Max ging vor dem Traktor in die Hocke. Alexander tat es ihr gleich.
»Wenn sie nicht hier sind, dann haben sie sie gefunden«, sagte er. »Selange würde niemals aufgeben.« Der Wind riss seine Worte auseinander, doch Max nickte, um ihn wissen zu lassen, dass sie verstanden hatte.
Fünfzehn Minuten lang saßen sie da und beobachteten. Max bewegte nicht ein einziges Mal den Kopf und blieb auch sonst völlig reglos. Schließlich schaute sie auf. Der Mond war nicht mehr als ein kleiner Lichtfleck hinter dem Rauchschleier. Ihnen blieben nur noch ein paar Stunden Dunkelheit. Sie warf ihm einen Blick über die Schulter zu.
»Späh die Umgebung aus. Ich suche die Wintergreisin.«
Damit wandte sie sich ab und lief mit einsatzbereiter Schrotflinte in der Hand los. Alexander hielt sich noch rechtzeitig davon ab, ihr zu folgen, obwohl all seine Instinkte ihm sagten, dass er sie nicht allein gehen lassen durfte. Doch stattdessen tat er wie befohlen und ging in die entgegengesetzte Richtung.
Hier gab es nicht mehr besonders viel Deckung. Das Haus war weg und mit ihm die Büsche und Bäume, die in seinem Schatten gestanden hatten. Deshalb musste Alexander einen längeren Umweg nehmen, als ihm lieb war. Schließlich war ihm klar, dass Max auf direktem Weg zur Grotte war.
Als er die rückwärtige Seite des Zauns um den Pool erreichte, sprang er hinüber. Er landete im Gebüsch und ärgerte sich über das laute Rascheln des Laubs unter seinen Füßen. Lauschend verharrte er. Nichts war zu hören. Langsam schlich er aus dem Beet. Auf Zehenspitzen ging er über den gepflasterten Weg zur gegenüberliegenden Seite und kauerte sich neben den gemauerten Grill.
Seine Nackenhaare stellten sich auf. Der Wind wurde böiger. Nun roch er sie. So nah. Alexander bewegte sich zum Zaun und spähte hinüber. Max stand zwischen der Quellgrotte und den Überresten des Hauses. Fünf Shadowblades hatten sie umstellt, und jeder von ihnen richtete eine Waffe auf sie.
»Eine Bewegung und du stirbst, Miststück«, sagte Brynna. »Ich dachte, ich hätte dich getötet.« Sie trat einen Schritt näher. »Egal. Diesmal gehe ich sicher, dass du stirbst. Ich bin dir noch was schuldig für diesen Schlag auf den Kopf.« Die Rachsucht ließ ihre Stimme noch boshafter klingen.
»Selange will sie«, gab Thor in seinem gedehnten Tonfall zu bedenken.
» Ich will sie«, erwiderte Brynna schmollend. »Selange muss es überhaupt nicht erfahren. Eigentlich will sie sowieso nur die Wintergreisin und den Stab.«
Alexander wartete nicht länger ab. Max’ Gesicht sagte ihm alles, was er wissen musste. Sie würde nicht kampflos untergehen. Rasch löste er sich vom Zaun und rannte ans andere Ende des Pools, so dass er sich ganz in der Nähe der Quellgrotte befand. Er setzte über den Lattenzaun hinweg, und im selben Moment, in dem seine Füße den Boden berührten, zog er das Kampfmesser aus seinem Hosenbund. Für einen raffinierten Plan war keine Zeit. In vollem Tempo rannte er los und sprang über den Teich bei der Quellgrotte. Hinter Max ragte ein kleiner Felsen empor. Alexander kam genau dort zum Stehen, als er sie auch schon bei den Haaren packte und zurückriss. Max verlor durch den Stein das Gleichgewicht und sackte an Alexanders Brust. Mit eisernem Griff hielt er sie fest und drückte ihr die Spitze seines Messers –
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