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Shadowblade: Dunkle Fesseln: Roman (Knaur HC) (German Edition)

Shadowblade: Dunkle Fesseln: Roman (Knaur HC) (German Edition)

Titel: Shadowblade: Dunkle Fesseln: Roman (Knaur HC) (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Diana Pharaoh Francis
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und wann wankte sie ein bisschen, doch meist stand sie aufrecht da und zeigte keine äußeren Anzeichen von Ermüdung. Er konnte den Blick nicht von ihr losreißen. Er spürte ihre rohe Kraft – es war, als würde er einem Wirbelsturm gegenüberstehen. In ihrem Innern trug sie eine Gewalt, eine wilde Rücksichtslosigkeit von solcher Art, die eine Stadt auslöschen oder einen Wald zerfetzen konnte. Anstatt sie zu schwächen, schien die Gefangenschaft sie auf diesen mächtigen Kern zu reduzieren. Sie war erschreckend und schlug ihn zugleich in ihren Bann. Er konnte verstehen, warum ein Mann sich einem mörderischen Sturm stellte – um die ganze Macht des Winds zu spüren, in dem Moment, in dem er verschluckt wurde.
    Es war kurz vor Sonnenuntergang, als Selange sich zu einem Besuch bei ihnen herabließ. Max hatte zu hecheln begonnen, und ihre Haut war ausgetrocknet. Ihr Körper schottete sich ab, um sich zu schützen. Sie wirkte ausgezehrt, aber ihre Gegenwart erfüllte den Raum.
    Die Tür öffnete sich, und Selange trat ein. Sie trug Stiefel mit spitzen Absätzen, Jeans aus rotem Samt und eine weite weiße Bluse. Vor Max’ Käfig blieb sie stehen und musterte die Gefangene von Kopf bis Fuß. Dann kam sie zu Alexander, um ihn anzuschauen.
    »Was genau hast du vor, Alexander?«
    Den ganzen Tag lang hatte er über seine Worte nachgedacht. »Du hast mir eine Aufgabe gegeben. Ich habe sie erfüllt. Ich habe sie dir gebracht«, sagte er heiser.
    »Du hast bei dem Wettstreit versagt«, erwiderte sie, hob das Kinn und verzog die Lippen. »Du hast geschrien wie ein Kind. Du hast mich vor dem versammelten Konklave schwach erscheinen lassen.«
    »Lass sie glauben, dass du schwach wärst«, sagte er wegwerfend. »Sie werden früh genug erfahren, dass dem nicht so ist. Ich habe vielleicht bei dem Wettstreit versagt, doch ich habe nicht bei meinem Dienst an dir versagt. Ich habe sie hierher zu dir gelockt, und außerdem bringe ich Neuigkeiten.«
    »Neuigkeiten?«
    »Dein Engel hat Giselle gestern Nacht eine Schriftrolle gebracht.«
    Stirnrunzelnd kniff Selange die Augen zusammen. Sie rieb sich mit einem Finger die Oberlippe. »Sonst noch was?«
    Er schüttelte den Kopf. »Ich flehe dich an, mir zu vergeben. Du weißt, dass ich durch Ketten der Treue und der Liebe an dich gebunden bin. Ich wünsche mir nur, dir erneut zu dienen.«
    »Marcus ist jetzt mein Primus.«
    »Er ist unerfahren, und ich bin viel stärker. Du brauchst mich. Du brauchst alle Kraft, die du kriegen kannst.«
    Sie bedachte ihn mit einem abschätzigen, kalten Blick. Dann nickte sie. »Letzte Nacht warst du nicht stark genug. Aber dass du sie zu mir gebracht hast, das hast du gut gemacht. Ich werde deine Loyalität auf die Probe stellen. Wenn du bestehst, darfst du in meine Dienste zurückkehren. Aber sei gewarnt: Ich werde kein weiteres Gejammer von dir dulden. Wenn ich dich wieder aufnehme, wirst du tun, was ich befehle – ganz egal, wie sehr es dir missfällt. Hast du verstanden?«
    »Natürlich. Ich tue alles, was du willst. Was es mir auch abverlangt. Ich will nach Hause zurück.«
    »Nun gut. Heute Nacht wirst du geprüft. Ohne den Stab der Wintergreisin muss ich eine andere Waffe finden. Ich muss etwas ähnlich Machtvolles herbeirufen und an mich binden. Dazu werde ich Blutmagie einsetzen.«
    Sie hielt inne, als wartete sie auf eine Antwort, doch Alexander hatte keine. Selange war eine Fleischzauberin. Sie bezog ihre Macht aus Menschen. Im täglichen Leben sonderten sie so viel Magie ab – durch ihre Leidenschaften und Kriege, durch ihre Freude und ihre Verzweiflung. Sie verströmten Magie in Wellen, und Fleischzauberer wie Selange schöpften sie für ihre Zaubersprüche ab. Blutopfer verschafften ihnen jedoch weitaus mehr Macht.
    »Wer?«, fragte er und hoffte, dass sie seine rauhe Stimme auf seine ausgetrocknete Kehle zurückführen würde und nicht auf sein angewidertes Entsetzen.
    Sie lächelte über sein Unbehagen. »Kinder. Ich brauche mindestens dreizehn, aber einundzwanzig wären besser. Sie müssen unschuldig sein – nicht misshandelt und drogenfrei. Keins davon darf älter sein als sechs. Du und Marcus werdet heute Nacht mit den Shadowblades ausziehen und mir bringen, was ich benötige. In drei Tagen werde ich den Zauber bei Sonnenuntergang durchführen.«
    »So bald? Bist du so schnell bereit dafür?«, fragte Alexander mit rumorenden Eingeweiden. Selange ging normalerweise keine derart verzweifelten Risiken ein. Er wollte zum Teufel

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