Shadowblade: Dunkle Fesseln: Roman (Knaur HC) (German Edition)
zusätzlich zu Akemis Arsenal unterm Rücksitz ihre eigenen Waffen mitgenommen, die Tyler aus dem Tahoe gerettet hatte. Dazu hatte sie einen Beutel mit Ersatzkleidung gepackt und eine Kühlbox mit Vorräten in der lichtundurchlässigen Notfallkiste hinten im Wagen deponiert. Sie hatte Oz’ Kabine nach ein paar Klamotten für Alexander durchsucht und Tyler ein Paar Wanderstiefel für ihn abgeschwatzt.
Jetzt fuhren sie schweigend. Alexander fragte nicht, wohin oder warum. Wenn er nicht ganz blöd war, hatte er es sicher in dem Moment kapiert, als sie nach Süden aufgebrochen waren. Zeit war von entscheidender Bedeutung. Die Stille legte sich schwer über die Fahrerkabine und drückte wie fünfhundert Meter Meereswasser auf sie.
Max fuhr, ohne nachzudenken. Sie fühlte sich verletzlich, ihre Emotionen lagen zu dicht unter der Oberfläche. Sie dachte an den Engel. Was würde er von ihr verlangen? Sie wusste, was für eine dumme Idee es gewesen wäre, ihm zu vertrauen, und das tat sie auch nicht. Und denoch glichen sie einander. Beide dienten sie Hexen, selbst wenn seine sozusagen magische Steroide eingeworfen hatte.
»Scheiße«, sagte sie und fuhr sich mit der Hand durchs Haar.
»Was ist los?«, fragte Alexander.
Sie bedachte ihn mit einem Seitenblick. »Nichts«, antwortete sie knapp und schaltete den CD-Player ein. Sofort erfüllte langsamer, klagender Jazz das Innere des Pick-ups. Max verzog den Mund und stellte die Musik wieder aus. Sie und Akemi hatten nicht den gleichen Musikgeschmack.
Ihre Finger zuckten unruhig am Steuer. Alexanders Schweigen war so laut, dass ihr der Kiefer davon weh tat. Mit einem Mal waren sie bei der Pala-Road-Ausfahrt. Max wurde kaum langsamer, als sie ostwärts abbog, wobei sie das Stoppschild überfuhr. Sie folgte der kurvenreichen Straße an Feldern vorbei und durch die Innenstadt von Pala und dann wieder zwischen Feldern hindurch, bis sie die Berge erreichten. Als sie das Fenster herunterkurbelte, schmeckte sie Rauch. Ein Unheimlicher Wind wehte, und dichter Qualm verschluckte Mond und Sterne. Das Feuer musste riesig sein. Was hatte der Engel gesagt? Ein Geschenk, eine Drohung, ein Versprechen. Aber an wen? Giselle? Andere Hexen?
Plötzlich trat sie auf die Bremse und fuhr rechts ran. Kies und Staub spritzten auf. Sie wandte sich Alexander zu.
»Höchste Zeit, für klare Verhältnisse zu sorgen. Du kannst hier aussteigen und zu Selange zurückgehen oder wohin auch immer du willst. Ist mir scheißegal. Oder du bleibst bei mir und trittst meinen Shadowblades bei, wenn du willst. Aber wenn du dich entschließt, zu bleiben, dann muss ich dir ebenso vertrauen können wie meinen eigenen Leuten. Ich brauche dein Wort.«
In der Welt der Hexen war das Wort eines Mannes allzu oft recht unverlässlich. Aber mehr besaß Max nicht, und es war das Einzige, was sie von Alexander verlangen konnte. Schließlich gehörten ihm nicht mal die Kleider, die er am Leib hatte.
»Also? Ich habe keine Zeit zu verschwenden. Wie lautet deine Antwort?«
Kapitel 11
A lexander saß wie betäubt da. Sie hatte ihm bereits zuvor nahegelegt, einfach abzuhauen, doch das hatte er nicht ernst genommen. Wie denn auch? Für Giselle stellte er einen wahren Schatz an Informationen dar. Nicht nur über Selange, sondern über vieles, was er in den vergangenen hundert Jahren erfahren hatte. Ihn gehen zu lassen wäre … er musste fast lachen. Dumm. Dieses Wort benutzte er immer wieder im Zusammenhang mit Max, aber sie war nicht dumm. Und das hier war auch nicht irgendeine Art von Prüfung. Wenn es eine Sache gab, die er in den letzten dreißig Stunden gelernt hatte, war es, dass ihr die Geduld zum Lügen fehlte. Es war ein ehrliches Angebot.
»Ich habe dir gesagt, dass Selange mich nicht zurücknehmen wird, außer, um sicherzustellen, dass ich den Mund halte. Außerdem bin ich dazu bestimmt, einem Zirkel zu dienen.« Er spielte auf Zeit, während er versuchte, seine Gedanken zu ordnen. Was wollte er tun? Er konnte zu Selange zurückkehren. Wenn er ihr von dem Besuch des Engels bei Giselle erzählte, würde ihm das vielleicht Pluspunkte einbringen, wenn auch nicht viele. Es wäre besser, wenn er ihr Max als Siegestrophäe zu Füßen legen würde. Alexander schaute sie an. Das würde er nicht tun.
»Diese Antwort stimmt mich nicht sonderlich zuversichtlich, Schleimer. Wenn du nur bleiben willst, weil du sonst nirgends unterkommen kannst, dann will ich dich nicht.«
»Ich kenne dich nicht mal. Du verabscheust deine
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