Shadowblade: Dunkle Fesseln: Roman (Knaur HC) (German Edition)
ihres Messers – an den Hals.
»Keine Bewegung«, zischte er. Er schaute zu den verwirrten Shadowblades und verzog den Mund zu einem räuberischen Lächeln. »Niemand tötet diese Schlampe. Sie gehört Selange.«
Damit zog er den Arm zurück und schlug Max den Messergriff gegen die Schläfe. Er spürte, wie ihr Schädel nachgab und sie schlaff aus seinen Armen rutschte. Achtlos ließ er sie fallen, ohne den Blick von den Shadowblades abzuwenden. Würden sie versuchen, ihn zu töten? Er war sich nicht sicher, aber Cleo wirkte ein wenig verlegen. Thors Gesicht sah aus, als könnte er sich offenbar nicht zwischen einem Lächeln und einem Stirnrunzeln entscheiden.
»Was zum Teufel machst du da?«, wollte Brynna wissen. »Du bist nicht mehr Selanges Primus. Genau genommen bist du nicht einmal mehr einer von uns. Schnapp ihn dir«, befahl sie mit einer Handbewegung in Thors Richtung.
»Aber ich bin einer von euch«, hielt Alexander dagegen und schob sein Messer zurück in den Hosenbund. Er sprach mehr zu den anderen als zu Brynna. Sie würde ihm ohnehin nicht zuhören, egal, was er sagte.
»Ich bin seit über hundert Jahren bei Selange. Sie hat mich erschaffen. Ich gehöre auf ewig ihr. Ganz sicher gehöre ich nicht zu irgendeiner Kindergartenhexe, die ihre Macht kaum beherrscht. Habt ihr wirklich geglaubt, dass Selange mich abserviert hätte?« Er schüttelte höhnisch lächelnd den Kopf. »Ihr kennt sie und wisst, wie listig sie ist. Das war alles nur Show, um mich in den feindlichen Zirkel einzuschleusen, damit ich ihr diesen Müll hier bringe.« Er stieß Max mit der Stiefelspitze an und betrachtete wieder sein Publikum. Kauften sie es ihm ab?
»Irgendwer sollte sie besser fesseln, bevor sie aufwacht. Und zwar fest.« Spöttisch sah er zu Brynna. »Wenn du damit einverstanden bist, Brynna, da du ja heute die Befehle zu geben scheinst. Hat Selange dich an Marcus’ Stelle zur Anführerin gemacht?«
Sie errötete. »Er hat mir für heute Nacht das Kommando übertragen. Er hatte anderes zu tun.« Sie wirbelte herum und schaute zu den anderen. »Fesselt sie. Fesselt beide. Wir lassen Selange entscheiden, ob er die Wahrheit sagt.«
Sie fixierten Alexanders und Max’ Handgelenke und Knöchel mit Plastikhandfesseln. Anschließend umwickelten sie die beiden von Kopf bis Fuß mit einer Reihe dicker Kabel im Abstand von etwa fünf Zentimetern zwischen den Bahnen. Brynna kümmerte sich um Alexander und zog die Kabel so fest, dass sie ihm tief ins Fleisch schnitten. So verschnürt, konnte keiner der beiden genug Kraft entfalten, um die Fesseln zu sprengen. Und da sie nun wie Mumien eingewickelt waren, konnten sie auch nicht laufen.
Thor warf sich Alexander über die Schulter, und Cleo nahm Max hoch, die noch immer bewusstlos war.
»Schmeißt sie in den Lieferwagen und behaltet sie im Auge«, befahl Brynna. »Ihr anderen sucht nach der Wintergreisin. Wir fahren in einer Stunde los. Wenn ihr sie bis dahin nicht gefunden habt, könnt ihr was erleben. Ich verspreche euch, dass ich die Schuld für euer Versagen nicht auf meine Kappe nehme.«
Alexander schnaubte. Wenn sie so weitermachte, würde ihr sicher bald jemand eine Kugel in den Kopf jagen.
Direkt an der Auffahrt führte ein Brandschutzstreifen am Rande des Obstgartens entlang einmal um das ganze Gelände. Auf dieser schmalen Straße standen zwei graue Kastenwagen. Thor riss die Hecktür von einem davon auf. Hinter dem Fahrersitz befand sich eine Bank, der Rest des hinteren Wagenteils war leer. Thor schob Alexander behutsamer als erwartet hinein, und Cleo warf Max daneben ins Auto. Ihr Kopf schlug dumpf und laut auf den Boden.
Die Minuten zogen sich endlos hin. Weder Cleo noch Thor redeten ein Wort, während sie Wache hielten. Etwa eine halbe Stunde später erwachte Max. Sie bewegte sich nicht und öffnete auch nicht die Augen, doch Alexander hörte, wie sich ihr Atmen veränderte. Außerdem spürte er plötzlich die entschlossene Anspannung ihres Körpers. Er wartete darauf, dass sie etwas sagte, ihn für seinen Verrat verdammte. Sie schwieg. Sie musste gar nichts sagen. Er wusste Bescheid. Verschwendung von Haut und Knochen.
Die Rückkehr zum Sitz von Selanges Zirkel war eine stille, angespannte Angelegenheit. Weder die Wintergreisin noch ihr Stab waren gefunden worden. Brynna war zugleich aufgebracht und nervös. Ein paar Minuten hatte sie damit verbracht, sich am Telefon herumzustreiten. Jetzt saß sie, vor Wut kochend, auf dem Beifahrersitz und schaute
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